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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Diebstahl bleibt Diebstahl.«
    »Stimmt«, brummte der massige Schatten aus dem Dunkel. »Das wäscht dir keiner ab, Päule.«
    Schlieker drohte weiter, als habe er nichts gehört: »Die Leute werden schön reden, Willem, wenn es aufkommt, daß der Gau jetzt Kinder stiehlt und der Sohn deren Wäsche …«
    »Bist fehlgegangen«, sagte Gau und saß wie ein Klotz im Dunkeln. »Mußt zu Tamms gehen.«
    »Und wenn wir uns jetzt nicht gütlich einigen, Willem, fahre ich zum Gendarmen und bestelle Haussuchung …«
    »Fahr zu«, sagte der Klotz.
    Es ging noch schwerer, als Päule gedacht hatte, aber er ließ nicht nach: »Dann weißt du es vielleicht noch nicht, Willem, aber ich weiß es. Ich habe deinen Otsche beim Stehlen in meiner Stube ertappt, und jetzt sitzt er bei mir fest.«
    »Versteht sich«, sagte der Bauer und rührte sich nicht.
    »Aber wenn du mir die Marie Thürke wieder rausgibst und vielleicht dreihundert Mark für die Kuh damals, dann sollst du den Otsche zurückhaben, und ich und Mali, wir reden kein Wort von der Sache.«
    »Das lügst du«, sagte der Bauer.
    »So wahr ich hier stehe, Willem!« schwor Schlieker. »Wir halten den Mund, es ist doch auch unser Vorteil.«
    »He!« brüllte Gau, daß Schlieker zusammen und ihm die Rede zurück in den Schlund fuhr. »He! Frau!«
    Die Tür ging auf.
    »Ja, Vater?« fragte die Bäuerin.
    »Der Junge soll reinkommen, sofort!«
    »Ja, Vater.«
    Die Tür klappte wieder zu.
    »Da können wir lange warten, bis der kommt«, höhnte Schlieker. »Den hab ich sicher sitzen.«
    »Nimm deinen Dreck von meinem Tisch«, befahl der Bauer, »daß du gleich zusammen mit deinem Dreck aus meinem Haus fliegst! – Nimm!« schrie er, als der andere zauderte.
    Der nahm das Paket in die Hand. »Du gibst groß an, Willem«, murrte er – da ging die Tür.
    »Ja, Vater?« fragte Otsche und unterdrückte das Keuchen der Brust.
    »Da soll doch …«, fing Päule Schlieker an und kam nicht weiter … Der Tisch flog mit Krachen um, der Bauer, der riesenstarke Mann, war wie ein Blitz über dem Feind.Schlieker hatte auch Kräfte, gute Mannskräfte, aber was war das hier! Wie ein Orkan von Schlägen brach es über ihn herein, Tritte gegen die Beine, Stöße vor den Leib, Hiebe ins Gesicht, er schwankte, er gurgelte, aus seiner Nase lief das Blut … Der Bauer packte ihn … Immer noch wollte Schlieker reden, protestieren, erklären … Aber wie eine Puppe wurde er aus dem Zimmer in die Küche geschleppt, und mit letzter, fürchterlicher Gewalt flog er auf die Straße, daß er halb betäubt dort liegenblieb …
    Der Bauer ging in die Stube zurück.
    »Stell den Tisch auf, Otsche«, befahl er. »Und mach Licht.«
    Otsche tat es stumm, und der Vater setzte sich wieder auf die Holzbank. Er zog den Sohn an sich heran, daß er ihn zwischen den Knien hatte und sah ihn düster an. Der Sohn erwiderte den Blick des Vaters ohne Blinzeln.
    Eine Weile waren sie still, aus der Küche kam das aufgeregte Tuscheln der Frauen: Nach einer langen Zeit seufzte der Vater tief auf, er legte dem Sohn die schweren Hände auf die Schultern und fragte: »Du warst eben nicht im Holzschuppen –?«
    »Nein, Vater.«
    »Wer hat dich rausgelassen?«
    Der Sohn sah den Vater an.
    »Nun –? He –? Wer hat dich rausgelassen –? Wird es?!«
    Wieder nur der Blick als Antwort.
    Die Augen des Bauern wurden noch finsterer, er faßte die Oberarme des Jungen und preßte sie mit solcher Gewalt, daß dem Jungen ein Schrei entfuhr.
    »Nun! Wer hat dich rausgelassen –?« fragte der Vater erbarmungslos.
    Otsche sah sehr bleich aus, aber er sagte kein Wort.
    »Ich drücke dir die Arme entzwei«, sagte der Bauer drohend.
    Der Junge senkte schnell die Lider, seine weiß gewordenen Lippen zitterten, aber er sprach kein Wort.
    Der Bauer überlegte, er lockerte den Druck auf den Armen und fragte: »Du warst in Schliekers Haus?«
    »Ja«, flüsterte der Sohn.
    »Du hast da stehlen wollen?«
    Otsche besann sich. Die erbarmungslosen, großen Hände griffen schon fester zu, der Sohn fragte schnell: »Gehören Rosemaries Sachen ihr oder Schliekers?«
    »Was für Sachen –?«
    »Kleider, Wäsche, Schuhe …«
    »Der Marie.«
    »Dann habe ich nicht stehlen wollen.«
    Der Bauer fragte sehr langsam: »Die Marie hat dir gesagt, du sollst sie holen?«
    Otsche überlegte einen Augenblick, dann sagte er: »Ja!«
    Wieder grübelte Wilhelm Gau: »Wo ist die Marie?« fragte er dann.
    Der Sohn dachte nach: »Jetzt?«
    »Ja, jetzt.«
    »Ich weiß es nicht,

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