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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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machen? Wie ich Frau Postdirektor Bimm kenne, wäre sie nicht ohne weiteres einverstanden …«
    Und er hüstelte ein wenig spöttisch.
    »Ich habe vor«, sagte der junge Arzt, »ihn morgen früh zu Frau Stillfritz zu schaffen. Die hat Betten genug frei.«
    »Aber die Kosten!« gab der Geheimrat zu bedenken. »Wer soll denn das alles bezahlen?«
    »Das wird sich schon finden«, sagte der junge Arzt kurz. »Ich glaube«, lächelte der andere, »Sie werden schließlich die Kosten nur in der eigenen Tasche finden, lieber Kollege.«
    Kimmknirsch zuckte mit der Schulter.
    »Nun ja«, sagte der Geheimrat eilig. »Das ist vielleicht für Sie nicht entscheidend. Aber das andere, die Hauptsache: was wird Schulz sagen? Unser lieber Großer Amtsgerichtsrat Schulz? Ich habe Ihnen Verschwiegenheit zugesichert, lieber Kollege, aber glauben Sie doch nur nicht, daß unserm Kriwitz die Stillfritzsche Einquartierung auch nur einen Tag verborgen bleibt.«
    »Ich mache natürlich morgen früh sofort Meldung«, sagte der junge Arzt entschlossen. »Aber was auch geschehen ist, jedenfalls ist es eine bodenlose Gemeinheit, Fangeisen gegen Kinder zu stellen.«
    »Gewiß, gewiß!« nickte der alte Landarzt. »Sie haben ja so recht. Immerhin sollen da ja richtige Diebstähle und Überfälle vorgekommen sein –?«
    »Ich habe dies Mädchen nur einen Augenblick gesehen«, sagte Doktor Kimmknirsch, »aber schon danach halte ich all dies Gerede nur für Gerede.«
    »Richtig, vollkommen recht haben Sie!« rief der alte Geheimrat. »Gerede! Bloßes Geschwätz! Aber dieser alte Herr, der so seltsam aufgetaucht und so spurlos wieder verschwunden ist … Ich würde sehen, daß ich dies Mädchen« – geflüstert mit einem Blick zur Seitentür – »mög lichst rasch wieder los würde.«
    »Ich werde«, sagte der junge Arzt entschlossener, als er war (denn in diesem Augenblick stand ihm sehr deutlich das Bild des jungen Mädchens vor Augen, mit den zur Brust erhobenen Händen, dem blassen Gesicht und den angstvollen Augen), »… ich werde natürlich morgen früh auch mit ihr reden. Entweder geht sie freiwillig zu ihren Pflegeeltern zurück oder mit mir zu Herrn Schulz.«
    »Ausgezeichnet!« rief Geheimrat Faulmann begeistert. »Vollkommen richtig! Dann tragen Sie nicht die geringste Verantwortung! Sehr vorsichtig, sehr besonnen, sehr richtig!– Und nun entschuldigen Sie mich, lieber Kollege, meine Frau wird schon an einen gar zu ausgedehnten Abendschoppen denken. Jedenfalls: tausend Dank und gute Nacht. Bitte, bemühen Sie sich nicht selbst. Ich weiß hier Bescheid. Also auf Wiedersehen, danke, ja …«
    Der junge Arzt war wieder allein in seinem Zimmer. Ein verdrossener Ausdruck lag auf seinem Gesicht, als sei er nicht zufrieden mit sich …
    Er rückte einen Stuhl neben den Patienten, prüfte mechanisch den Puls, griff ein Buch aus dem Regal und setzte sich für eine Nacht- und Krankenwache zurecht.
    Aber er schlug das Buch nicht auf, er lauschte, aber er lauschte nicht nach dem Patienten … Der verdrossene Ausdruck verstärkte sich noch …
    Schließlich stand er auf, öffnete leise die Tür zum Schlafzimmer und trat ein. Horchend stand er im Dunkeln, sacht und regelmäßig gingen die Atemzüge des Mädchens. Er machte ein paar Schritte und schaltete die kleine Nachttischlampe ein.
    Da lag sie, fest schlafend, unter der Decke zusammengekrochen wie ein Kind. Sie sah sehr blaß, sehr klein und jämmerlich aus … »Dann tragen Sie nicht die geringste Verantwortung«, klang es in seinem Ohr. Es mochte hundertmal als Lob gedacht sein – es war kein Lob!
    Er bückte sich tiefer über das Gesicht der Schläferin, als wollte er genauer die Spuren der Missetaten entdecken, die ihr nachgesagt wurden.
    Aber der Schlaf hatte ihr die hellen, schönen Augen geschlossen, diese untrüglichen Spiegel der Seele, und was er sah, war nur ein blasses, unterernährtes, wahrscheinlich blutarmes Kind.
    »Man müßte es mit Lebertran versuchen«, dachte er flüchtig.

15. KAPITEL
    Worin Professor Kittguß sein Patenkind suchen geht, und was ihm dabei widerfährt
    Es war schon Tag im alten Waldstall, als Professor Kittguß aus tiefem Schlaf erwachte. Wie noch im Traum sah er um sich und zu den grauen Fenstern hoch, hinter denen die Helle des sonnigen Morgens leuchtete. Halblaut rief er: »Rosemarie!« Nochmals: »Rosemarie!« Dann: »Philipp!« Schließlich: »Du! – Hund!« (Er konnte sich nicht entschließen, Tiere bei Namen zu rufen, und sei es ein so unbedenklicher

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