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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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ein, um sie dunkel zu färben, und zogen sich stromaufwärts zurück. Das Floß ließen sie, wo es war. Sie schwammen so lautlos in der Strömung, daß sich das Wasser wie Luft zu teilen schien, und als sie wieder ans Ufer kamen und ihre Füße aus dem Schlamm zogen, erzeugten sie bei jedem Schritt leise schmatzende Geräusche. Schließlich, als sie sicher waren, daß die Nomadenwachen sie weder sehen noch hören konnten, machten sie kehrt und bahnten sich durch das Schilfdickicht einen Weg gen Süden. Nun da sie wußten, wo Mahclah lag, mußten sie nicht mehr dem Fluß folgen, besonders da sie sich flußaufwärts bewegten und es schwierig wurde, gegen die Strömung zu schwimmen. Diesmal führten die Rohrkolben keinen Tanz auf. Wieder trafen sie auf schlammgefüllte Bodensenken und Morastlöcher und kämpften mit Blutegeln und Moskitos; aber inzwischen waren sie so an diese Dinge gewöhnt, daß Luma kaum noch darauf achtete. Sie dachte über andere Dinge nach. Das Nomadenlager war eindeutig ein Lager von Flußpiraten, aber wessen Lager war es? War Keru der Häuptling? Gehörte das weiße Zelt Changar? Sie konnte keineswegs sicher sein, daß sie und Keshna nicht in einen Hinterhalt gelockt wurden. Die Nomaden waren gerissen genug, ein Netz quer über den Fluß zu spannen. Sie waren erbarmungslos, grausam und zu allem fähig.
    Was sollen wir als nächstes tun? fragte sie sich. Sollen wir ganz offen bei der Furt den Fluß durchqueren und uns auf Gnade und Ungnade ausliefern, ohne überhaupt zu wissen, ob er tatsächlich dort ist? Nein, eindeutig nicht. Sollen wir mit unseren Pferden ein Stück weiter stromaufwärts durch den Fluß schwimmen und als Krieger verkleidet von Norden her ins Lager reiten? Wenn dieses betrunkene Kriegerpack dahinterkommt, daß wir keine Männer sind, wird die Lage sehr schnell brenzlig. Vielleicht sollten wir die Pferde zurücklassen, den Fluß entlangschwimmen, uns im Schilf verstecken und warten, bis ein paar Frauen ans Ufer kommen, um Wurzeln auszugraben. Aber die Nomadenfrauen könnten laut schreien und uns verraten. Eines steht auf jeden Fall fest: Wir können uns unmöglich im Schutz der Dunkelheit an das Lager anschleichen, um die Krieger zu belauschen, nicht bei diesen scharfen Wachhunden.
    Lumas Verstand arbeitete auf Hochtouren, während sie die verschiedenen Möglichkeiten durchging und wieder verwarf. Als sie schließlich den Wald erreichten, waren sie zu müde, um noch zu den Pferden zurückzugehen. Keshna ließ sich auf einen Baumstamm sinken, zog ihre schlammigen Stiefel aus und starrte mit einer Intensität auf ihre nackten Füße, die völliger Erschöpfung entsprang.
    »Sind deine Zehen noch dran?« fragte Luma.
    Keshna brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Das weiß ich noch nicht; ich zähle noch.«
    Luma setzte sich neben sie, zog ihre eigenen Stiefel aus und massierte ihre schmerzenden Füße. »Wir sollten uns nicht beklagen. Mutter, Aita Stavan und Onkel Arang sind einmal fast zwei Jahre lang quer durch die Mutterländer gewandert.«
    »Verschon mich mit dieser alten Geschichte«, knurrte Keshna. »Ich weiß über jeden einzelnen Schritt Bescheid, den sie gemacht haben. Sie hatten es ja auch leicht: Sie brauchten sich nicht mit Schlamm zu beschmieren und auf dem Bauch durch einen stinkenden Sumpf zu kriechen, um einen Nomadenkrieger davon abzuhalten, ihnen einen Pfeil mitten durchs Herz zu jagen. Tante Marrah brauchte sich nicht den Kopf kahlzuscheren und sich als Mann zu verkleiden, um zu verhindern, daß sie vergewaltigt wurde. Damals gab es noch keine Vergewaltigungen und auch keinen Krieg. Man brauchte nichts weiter zu tun, als sich eine Pilgerhalskette umzuhängen, und schon wurde man überall, wohin man kam, mit einer warmen Mahlzeit und einem weichen Bett willkommen geheißen. Scheiße, Luma, wie kannst du unser Leben nur mit ihrem vergleichen? Wir sind in schlimme Zeiten hineingeboren worden.«
    »Sie hatten es nicht so leicht, wie du meinst. Changar hätte sie um ein Haar geopfert ...«
    Plötzlich packte Keshna einen Stiefel und schleuderte ihn wutentbrannt gegen den nächsten Baum. Der Stiefel prallte mit einem feuchten Aufschlag gegen den Stamm und plumpste wie eine ausgenommene Waldratte zu Boden. »Wach endlich auf! « fauchte sie. »Leb in der Gegenwart. Vielleicht hat das Paradies nie wirklich existiert, aber falls doch, dann ist es
vorbei!«
    Sie funkelten sich gegenseitig an, erschöpft, hungrig und drauf und dran, sich ernstlich in die Haare zu

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