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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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vorhatte, sich kriechend vorwärts zu bewegen. Heute, dachte Luma, werden wir versuchen, uns unsichtbar zu machen. Heute sind wir keine Kriegerinnen, sondern Sumpfspioninnen.
    Keshna zog ihren Dolch heraus und prüfte mit dem Daumen die Schärfe der Knochenklinge. »Wir werden wahrscheinlich den halben Tag lang wie Schlangen auf dem Bauch herumflitzen.«
    »Möge Batal, die Schlangen liebt, uns beschützen.«
    Keshna schlug nach irgend etwas und hielt eine Hand hoch, die befleckt war mit ihrem eigenen Blut. »Bete lieber zu Choatk statt zu Batal«, schlug sie mit einem zynischen Lächeln vor.
    »Warum zu Choatk?«
    »Der alte Choatk ist nicht nur der Herr der Spinnen und des Höllenreiches, sondern auch der Gott der Fliegen, Bremsen und Moskitos.«
     
    Sie brauchten fast den gesamten Vormittag, um zum Fluß zu gelangen. Zum Glück war das Schilf höher, als es auf den ersten Blick ausgesehen hatte, so daß sie nicht den ganzen Weg über auf den Bäuchen kriechen mußten. Sie folgten einfach den Tierfährten, die sie finden konnten, und schleppten sich durch den Morast, indem sie wachsam nach tückischen Sumpflöchern Ausschau hielten und sich gegenseitig aus dem Schlamm zogen, wenn sie steckenblieben. Die meiste Zeit sahen sie kaum eine Armeslänge weit durch die hohe grüne Wand, dennoch ließ sich nicht leugnen, daß das Schilf wunderschön war. Das Schilfrohr schwankte in der leichtesten Brise, und die Kolben schimmerten im Sonnenlicht und tanzten hin und her. Als Luma einen Blick auf Keshna warf, sah sie, wie ihr Körper mit dem Hintergrund verschmolz und sich in Linien von Schatten und Licht auflöste. Sie wußte, daß ihr eigener Körper das gleiche tat, daß das Schilf helle und dunkle Streifen auf ihre Haut malte, die sich unablässig bewegten.
    Und dennoch, so schön der Tanz des Schilfrohres auch war – als sie sich auf eine kleine, trockene Stelle aus Wurzeln und Schlamm kauerten, war Luma das Delta herzlich leid. Ihr war schrecklich heiß, sie war müde und schmutzig, und als sie ihre zahlreichen Mückenstiche kratzte und nach den Bremsen und Moskitos schlug, die in Scharen um ihren Kopf schwirrten, ertappte sie sich bei dem Wunsch, Keru und seine Krieger hätten sich einen trockeneren, weniger übelriechenden und weniger von Insekten geplagten Ort gesucht, um ihre Zelte zu errichten.
    »Hübsch hier, nicht?« sagte Keshna irritierend gut gelaunt. Ihr Körper war derart mit Schlamm bedeckt, daß sie eher einem Moorwesen glich als einem Menschen. Sie beugte sich vor und pflückte geschickt etwas Weiches von Lumas Hals. »Blutegel«, erklärte sie. Luma warf einen angewiderten Blick auf den Blutegel, dann blickte sie an sich herunter und sah, daß auch auf ihren Händen welche saßen. Sie biß die Zähne zusammen, zog sie ab, rollte ihre Leinenbeinlinge herunter und fand weitere Blutegel, die an ihren Schienbeinen saßen.
    Bis sie sich zum Hauptarm des Flusses vorgearbeitet hatten, waren beide reif für ein ausgiebiges Bad. Aus der Ferne hatte der Fluß grün ausgesehen, doch aus der Nähe betrachtet war das Wasser bräunlich. Hier und da drehte sich ein Blatt träge im Kreis, während weiter draußen in der Mitte des Stroms ab und zu ein entwurzelter Baum auf seinem Weg zum Meer vorbeitrieb. Als Luma prüfend eine Hand ins Wasser tauchte, stellte sie fest, daß es an der Oberfläche lauwarm war und darunter kühler.
    Sie und Keshna zogen ihre Stiefel aus, behielten ihre Dolche jedoch bei sich, als sie ins Wasser glitten. Das Schwimmen hob ihre Stimmung beträchtlich, und als sie wieder ans Ufer wateten, beschlossen sie, auf dem Wasserweg nach Mahclah zu gelangen, statt sich den ganzen Weg flußabwärts durch den Morast und die Scharen von Moskitos hindurchzukämpfen.
    Mit dem sicheren Gespür für das, was sie zu tun hatten, das ihre Freundschaft immer schon gekennzeichnet hatte, zogen sie ihre Dolche und begannen in schweigendem Einvernehmen, Schilfhalme abzuschneiden und sie zu einem groben Gewirr zusammenzuflechten. Bald hatten sie eine Art Floß fabriziert – kein Floß, um den Fluß damit zu befahren, sondern eines, um unsichtbar darunter zu schwimmen. Keshna schob die Riedgrasmatte ins Wasser, duckte sich darunter und schwamm ein kleines Stück vom Ufer weg.
    »Kannst du mich sehen?« rief sie Luma in rauhem Flüsterton zu.
    »Von hier aus nicht«, erwiderte Luma ebenso leise. »Du siehst wie ein Büschel Schilfrohr aus, das den Fluß hinuntertreibt. Kannst du unter dem Floß atmen?«
    »Ja, aber

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