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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Keshna an, und Keshna erwiderte ihren Blick. Aus Angst, ihre Stimmen könnten über das Wasser getragen werden, wagten sie nicht zu sprechen.
    Was glaubst du, wie viele Krieger in dem Lager sind?
fragte Keshna in Gebärdensprache.
    Zwanzig,
signalisierte Luma.
Vielleicht mehr.
Das war äußerst ungünstig. Sie lagen in grimmigem Schweigen da und nahmen die Einzelheiten in sich auf.
    Siehst du das weiße Zelt?
fragte Keshna in Zeichensprache.
    Luma hatte das weiße Zelt sehr wohl gesehen, es hob sich so deutlich von den anderen Zelten ab wie ein Schwan in einem Schwarm brauner Bussarde. Es war groß, mit mindestens sechs Stangen. Die Seiten waren mit farbenfrohen Sonnensymbolen bemalt, was ein Hinweis hätte sein können, daß es das Zelt eines Häuptlings war, außer daß sich zwischen den Sonnenzeichen auch noch braune Fledermäuse tummelten – ein Symbol, das Lumas Erfahrung nach kein Nomadenhäuptling jemals benutzt hatte – und einige andere seltsame Formen, die sie zuerst nicht so ganz unterbringen konnte. Die Formen waren schwarz und unregelmäßig, ähnlich wie eine Wolke von Fliegen oder ... Sie blinzelte, starrte angestrengt auf die merkwürdigen Symbole und versuchte aus dem, was sie sah, schlau zu werden.
    Spinnen! Natürlich, es waren Spinnen!
    Unwillkürlich mußte sie an Bagnaks Gesicht denken.
Die Schamanen oben im Norden tätowieren neuerdings Spinnen auf die Gesichter der Frauen, die sie zu opfern beabsichtigen,
hatte Bagnak erzählt. Luma drehte sich zu Keshna um und machte ihr hektisch Zeichen.
    Changars Zelt!
    Ja.
Keshna legte Daumen und Zeigefinger zusammen und zeigte mit einer ruckartigen Bewegung auf ihren Schritt, eine obszöne Geste, die keiner Übersetzung bedurfte.
Changars Zelt. Vielleicht.
    Siehst du Keru irgendwo?
    Woher soll ich das wissen?
Keshna spreizte alle zehn Finger, dann hob sie erneut ihre rechte Hand, streckte vier weitere Finger aus und drückte einen Kuß auf ihre Fingerspitzen.
Es ist vierzehn Jahre her, seit ich den lieben Jungen das letzte Mal gesehen habe.
    Ich würde ihn sofort wiedererkennen,
signalisierte Luma störrisch. Doch Obwohl sie die Krieger der Reihe nach aufmerksam musterte, konnte sie keinen entdecken, der auch nur im entferntesten so aussah, wie Keru ihrer Vorstellung nach aussehen mußte.
     
    Den ganzen Nachmittag lagen sie hinter dem Schutzschirm aus Schilfgras, aber sie sahen nur eine weitere interessante Sache. Als die Schatten länger wurden, kam ein kleiner Einbaum den Fluß hinunter. Sobald sie das Boot erblickten, weckten die Krieger, die zusammen getrunken hatten, hastig ihre schlafenden Kameraden mit Fußtritten. In aller Eile packten die Männer ihre Speere und Bögen und stellten sich am Ufer auf, bereit, die Händler zu attackieren, die – soweit Luma es sehen konnte – unbewaffnet waren. Sie waren nur zu zweit, – beides Männer –, und sie mußten früher schon einmal versucht haben, an Mahclah vorbeizufahren, denn als sie schon fast in Schußweite der Nomadenpfeile waren, hörten sie auf zu rudern und schwenkten die Arme über dem Kopf, um anzuzeigen, daß sie in friedlicher Absicht kamen. Dann paddelten sie Richtung Ufer, wo ein halbes Dutzend Krieger ihr Boot einholten, es an Land zogen und schnellen Prozeß mit der Fracht machten, die hauptsächlich aus Säcken zu bestehen schien, vermutlich mit Getreide oder Mehl gefüllt. Luma schätzte, daß die Nomaden ungefähr ein Drittel davon nahmen, bevor sie das Netz herabließen, den Einbaum wieder in die Strömung hinausschoben und die Händler ihres Weges ziehen ließen.
    Danach kam kein weiteres Boot mehr den Fluß herunter, es wurden keine Zeremonien abgehalten und die einzigen Krieger, die in das Lager ritten, waren drei Jäger, die, aufgereiht auf Stöcken mehrere Vogelpaare trugen. Die Jäger befahlen ihren Frauen, die Vögel zu rupfen und zu grillen, und verzehrten sie dann auf der Stelle, ohne ihre Mahlzeit mit anderen zu teilen. Anschließend gesellten sie sich zu den übrigen Kriegern, von denen die meisten inzwischen ein Nickerchen hielten, wobei sie ihre Hunde als Kopfkissen benutzten.
    Marrah hatte ihr Changar in allen Einzelheiten beschrieben, und Luma hoffte noch immer, sie würde ihn zu sehen bekommen. Aber es kam kein alter Mann aus dem weißen Zelt der an beiden Beinen verkrüppelt war und sich auf zwei Jungen stützte; und am Ende des Tages wußte Luma auch nicht mehr als zu Beginn.
    Als die Sonne unterging, heben sie und Keshna sich Gesicht und Schädel mit Schlamm

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