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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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erwürgte sie mit seinen eigenen Händen, weil sie seinem Bruder untreu geworden war. Kannst du dir vorstellen, daß ein sharanischer Mann jemals eine solche Geschichte erfinden würde? Nomadenmänner sind nicht wie unsere Männer: Sie wollen nur Frauen, die sie nicht haben können. Keru lebt seit vierzehn Jahren unter den Nomaden. Wenn es um Frauen geht, ist er mehr Nomade als Sharaner. Er glaubt vielleicht, daß er dich liebt, aber seine sagenannte Liebe ist so dauerhaft wie ein Schneeball auf einem heißen Backblech.«
    »Das«, erwiderte Keshna, »ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe. Ich habe eine Seite, die du nicht kennst, Luma, und auch niemals kennen wirst. Laß dich von mir beruhigen: Wenn ich meine Kleider ablege, kann ich einen Mann süchtiger machen als jeder schwarze Trank, den je ein sabbernder alter Nomadenschamane zusammengebraut hat. Keru wird nicht das Interesse an mir verlieren. Kein Mann hat jemals das Interesse an mir verloren. Ich habe eine besondere Gabe.«
    Luma dachte daran, daß Kandar aufgehört hatte, Keshna zu lieben, aber Keshna ließ ihr keine Zeit, sie darauf hinzuweisen.
    »Und ich habe dir noch etwas zu sagen«, fuhr sie fort. »Etwas, das dich wahrscheinlich ebenfalls überraschen wird. Ich genieße es, mit Keru zu schlafen. Früher hat mir Sex nie Spaß gemacht, aber mit Keru Lust zu teilen ist wirklich schön.« Sie zuckte mit den Achseln. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum. Vielleicht, weil wir uns so ähnlich sind, daß es ist, als würde ich mit meinem eigenen Spiegelbild Liebe machen. Die Wege der Göttin sind eben unerforschlich, das hast du mir ja schon mehrfach gesagt.«
    »Gibt es denn keinen Weg, dir diesen verrückten Plan auszureden?«
    »Nein, aber wenn du weiterhin deinen Atem damit verschwenden willst, mir zu sagen, was für einen Fehler ich gemacht habe, als ich deinen Bruder ins Paradies entführte ... nur zu. Ich habe die ganze Nacht Zeit.«
    Wenn Keshna nachsichtig wurde, war das ein schlechtes Zeichen. Luma lehnte sich zurück, preßte die Lippen zusammen und starrte gedankenverloren in die Feuergrube. Wenn ein Feuer brannte, hielt man es in Schach, und wenn eine Freundin zielstrebig auf eine Katastrophe zusteuerte, dann ... tja, was tat man dann? Keshna war kein Kind mehr. Luma konnte sie nur ausschelten und anflehen, die Finger von ihrem gefährlichen Vorhaben zu lassen, und sie wieder und wieder warnen, und dann ... Dann mußte sie sie ihren eigenen Weg gehen lassen und ... Wenn ich auch nur einen Funken Verstand hätte, dachte Luma, würde ich heute nacht aus dem Lager verschwinden. Es dürfte nicht so schwierig sein, von hier zu fliehen. Die Wachen achten kaum noch auf mich. Aber Keshna im Stich lassen? Nein. Das ist unmöglich.
    Luma starrte über Keshna hinweg, die mit überkreuzten Beinen dasaß und vergnügt Salz auf ihr Entenei streute, und dachte, daß sie in einem Traum lebte, der böse enden würde. Keshna war voll und ganz darauf konzentriert, diesem gefährlichen Pfad zu folgen, wie ein Schlafwandler, der auf eine Klippe zusteuert; aber da es offensichtlich unmöglich war, sie zur Umkehr zu bewegen, blieb ihr nur noch eine einzige Möglichkeit – sie mußte Keshna dazu bringen, so langsam wie möglich zu gehen. Luma räusperte sich und legte Keshna eine Hand auf den Arm.
    »Vielleicht bin ich doch etwas zu voreilig gewesen. Dieser Plan, den du dir da ausgedacht hast, ist sehr klug.« Keshnas Miene hellte sich auf. »Aber er ist, wie gesagt, auch sehr gefährlich. Vielleicht wird er klappen. Vielleicht wird Keru dich bis in alle Ewigkeit anbeten und dir wie Kläffer auf Schritt und Tritt folgen und an deinen Fersen lecken. Ich behaupte nicht, die Grenzen deiner Macht zu kennen, wenn es um Sex geht, und wenn Keru beherrscht werden muß, dann ist es besser, du beherrschst ihn, als daß Changar ihn beherrscht. Also mach ruhig weiter: versuch es. Ich werde dir helfen, wann immer ich kann.«
    »Schöne Worte«, meinte Keshna, »und ich danke dir dafür. Wenn ich wirklich Hilfe brauche, werde ich es dir sagen; aber ich kenne dich zu gut, um zu glauben, daß du so leicht nachgibst.«
    »Alles, worum ich dich bitte, ist, daß du vorsichtig bist und dich nicht unnötig in Gefahr begibst.«
    Keshna holte sich den Korb mit Enteneiern zurück. Sie wählte ein weiteres Ei aus, klopfte es an ihrem Knie auf und begann, die Schale abzupellen. »Du verstehst nicht, worum es wirklich geht, aber das ist nicht deine Schuld. Du bist zu sehr

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