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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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spuckte, würgte und hustete. Sie wurde so hart gegen einen Baumstamm geschleudert, daß sie beinahe das Bewußtsein verlor. Dann blieb das Pferd gnädigerweise stehen. Als nächstes beugte sich ein Nomadenkrieger über sie und schnitt die Fesseln um ihre Handgelenke durch.
    »Ich habe den elenden Hurensohn getötet«, sagte der Krieger. Er zog Luma auf die Füße, vergewisserte sich, daß sie nicht ernstlich verletzt war, und befahl ihr, den abgebrochenen Zahn auszuspucken, den sie noch im Mund hatte, bevor sie daran erstickte.
    Als Luma ihren Zahn ausgespuckt hatte, schwang sich der Krieger wieder auf den Rücken seines Pferdes und half ihr, hinter ihm aufzusitzen. Auf dem Weg zurück ins Lager erklärte er ihr, was passiert war, nachdem sie abgeworfen worden war, aber er war ein Mann, der nicht viele Worte machte, und das meiste davon waren Flüche. Luma war so benommen, daß sie schon fast im Lager angekommen waren, bis sie begriff, daß sein Name Hrandshan war, daß Keru noch lebte und daß es sich bei dem speziellen Hurensohn, den er getötet hatte, um Changar handelte.
     

22. KAPITEL
    Das erste, was Luma und Hrandshan sahen, als sie ins Lager zurückkehrten, waren Wehans, Gloshans, Tlanhans, Rimnaks und Changars Köpfe, die auf Speere aufgespießt vor Kerus Zelt standen. Es war ein heißer Tag, und ein paar Fliegen schwirrten bereits um sie herum, angelockt von dem Geruch von frischem Blut; doch Kerus Krieger störten sich offenbar nicht daran. Die meisten von ihnen saßen mit überkreuzten Beinen auf dem Boden und verzehrten die Reste des Hochzeitsmahls, während sie darauf warteten, etwas Neues über Keru zu erfahren, der in sein Zelt getragen worden war, damit Chamnak und Urmnak sich um ihn kümmern konnten. In Anbetracht des Gemetzels, das kurz zuvor stattgefunden hatte, waren sie in bemerkenswert fröhlicher Stimmung.
    »Dem Häuptling geht es gut«, riefen sie Hrandshan entgegen.
    »Keru ist zäh. Um ihn ins Jenseits zu befördern, braucht es etwas mehr als einen Dolchstich von einem feigen Verräter.« Ein Krieger, der kleine blaue Schädel auf seinem Kinn tätowiert hatte, warf Hrandshan einen Kersekschlauch zu. Hrandshan fing ihn auf, zog den Stöpsel heraus und genehmigte sich einen kräftigen Schluck. Dann bot er Luma den Schlauch an, die ihn mit einem dankenden Nicken annahm und daraus trank. Wie gewöhnlich schmeckte der Kersek wie eine Kreuzung aus feuchter, stockfleckiger Wolle und verdorbenem Käse, aber sie würgte ihn herunter. Die Tatsache, daß Keru lebte, war schließlich ein Grund zum Feiern.
    »Seine Braut ist natürlich tot«, bemerkte ein anderer Krieger. »Ein Jammer, wirklich. Es hätte mich gefreut zu sehen, wie der Häuptling die Urenkeltochter des alten Zuhan heiratet, aber jetzt wird Keru sich eine andere Braut suchen müssen. Die Frauen haben Keshna im Hochzeitszelt aufgebahrt, und der Häuptling trauert um sie, aber«, er zeigte mit dem Daumen auf die aufgespießten Köpfe, »zumindest haben wir die Bastarde geschnappt, die ihren Tod auf dem Gewissen haben.«
    Luma reichte Hrandshan den Schlauch zurück. Das war's also. Von Keshna war nichts mehr übriggeblieben außer ihrer seelenlosen Hülle, aufgebahrt auf dem Hochzeitsbett, das sie niemals mit ihrem Bräutigam hatte teilen können. Wäre Luma nicht eben noch durch ein Gestrüpp geschleift worden, bis sie halb besinnungslos war, wäre sie vor Kummer über diese Nachricht zusammengebrochen, aber sie fühlte sich so elend, so erschöpft und zerschunden, daß sie wie betäubt war. Sie schloß die Augen und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Sie spürte ein enges Gefühl in der Brust, als hätte jemand ihr Herz auf einen brennenden Stock aufgespießt. Später, dachte sie benommen, wenn ich allein bin, werde ich um Keshna trauern. Sie wußte, sie würde Jahre dafür brauchen.
    Hrandshan zügelte seine Stute ein paar Schritte vor Kerus Zelt, faßte Luma um die Taille und half ihr beim Absitzen. Sie machte zögernd ein paar Schritte. Sie war so zittrig und übel zugerichtet, daß sie jedesmal gepeinigt zusammenzuckte, wenn sie die Knie beugte. Trotzdem konnte sie gehen, deshalb bedankte sie sich bei Hrandshan, daß er sie aufgelesen und zurückgebracht hatte, und bewegte sich im Schneckentempo durch aufgewühlten Staub, zerbrochenes Geschirr und verschossene Pfeile auf Kerus Zelt zu. Zwei bewaffnete Krieger standen vor dem Eingang Wache. Als sie das Zelt betrat, salutierten sie vor ihr, indem sie die Hände vor die Brust

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