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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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flüsterte sie.
    Doch Luma wußte, daß ihre Arbeit gerade erst begonnen hatte. Sie hatte zu viele kranke Pilger gesehen, um sich von Kerus scheinbarer Genesung täuschen zu lassen. Es gab zwei Arten von Fieber: kurze Fieberzustände, bei denen die Körpertemperatur anstieg, den Höchststand erreichte und wieder sank, und lange Fieberkrankheiten, wobei das Fieber anstieg, den Höchststand erreichte, wieder sank und nach ein paar Stunden erneut anstieg. Keru litt an der letzteren Sorte von Fieber, es würde zurückkehren, und wenn ihr nicht gelang es wirksam zu bekämpfen, würde es stetig schlimmer werden.
    Keru war eingeschlummert, nachdem Keshna gegangen war. Als er wieder aufwachte, sah er Luma neben seinem Lager sitzen. Sie hielt seine Hand und schien zu dösen. Er bewegte sich leicht, und sie öffnete blinzelnd die Augen.
    »Du bist also wach«, sagte sie. »Wie fühlst du dich?«
    Er erklärte ihr, daß es ihm gutginge, und sie nickte und tätschelte seine Hand. »Gut, gut.« Sie hielt einen Moment inne und räusperte sich. Keru mochte zwar sehr krank sein, aber er konnte noch immer sehr gut in ihrem Gesicht lesen.
    »Nun komm schon«, sagte er. »Spuck's aus. Was ist los? Hat sich meine Wunde grün verfärbt? Wenn du mir sagen willst, daß du zwar das Bein eines Mannes amputieren kannst, aber nicht seine Brust, werde ich das schon irgendwie verkraften.«
    Luma blickte auf seine Brust, drückte lächelnd seine Hand und runzelte die Stirn. »Deine Wunde hat sich nicht grün gefärbt, der Göttin sei Dank; aber sie hat zu eitern begonnen und ein Fieber erzeugt, das ich nicht kurieren kann, wenn ich dich nicht nach Shara bringe.«
    »Nach Shara?« fragte er. »So schlimm ist es?«
    Sie nickte.
    »Wie krank bin ich?«
    »Sehr krank, fürchte ich. Viel zu krank, als daß ich die Krankheit bekämpfen könnte.« Sie erzählte ihm von langen und kurzen Fieberzuständen, erklärte ihm, daß sie nur wenige Kenntnisse und kaum Kräuter besaß, und schilderte ihm, was aller Wahrscheinlichkeit nach mit ihm passieren würde. Sie fuhr eine ganze Weile in dieser grimmigen, düsteren Tonart fort und schloß dann mit der hastigen Versicherung, daß alles in Batals Hand liege und daß er wahrscheinlich wieder gesund werden würde, daß seine größte Chance jedoch die Tempel von Shara seien.
    Keru schwieg lange Zeit. Schließlich meinte er: »Komisch, daß du davon sprichst, mich nach Shara zu bringen. Ich habe nämlich gerade davon geträumt.«
    Luma blickte verblüfft auf. »Das bedeutet natürlich gar nichts«, fügte er hastig hinzu. »Ich will nicht sagen, daß ich eine Vision hatte. Es war nur ein ganz gewöhnlicher Traum. Ich träume oft
    von Shara. Meistens träume ich von dem Tag, als wir alle auf die Felder liefen, um unsere Drachen steigen zu lassen, aber manchmal sehe ich in meinen Träumen auch, wie wir gemeinsam schwimmen oder den Pfad zu den Klippen hinaufrennen. Das war der Ort, wo die Heilquellen waren, nicht? Und dieser Tempel ... wie hieß er doch noch?«
    »Der Tempel der Kinderträume.«
    Keru lächelte. »Ach, ja, richtig. Jetzt erinnere ich mich wieder. Die Göttin Batal saß auf dem Tempeldach und wachte über die Stadt, und wenn Pilger kamen, um in der Quelle zu baden, segnete Sie sie und machte sie wieder gesund.« Er hielt inne, warf einen Blick auf das erlöschende Feuer und sah dann wieder zu Luma, die ihn eindringlich anblickte. »Glaubst du, wenn ich nach Shara zurückkehre und in der heiligen Quelle bade, wird Batal auch mich segnen? Ich meine, nach allem, was ich getan habe?«
    »Ich bin überzeugt, daß Sie das tun wird.«
    »Ein Mann grübelt viel, wenn er krank ist. Vielleicht zuviel. Du sagst: ›Ich muß dich nach Shara bringen, um dich zu retten‹, und ich denke: ›Warum sollte Batal mich heilen? Ich bin ein Nomadenhäuptling, ein Flußpirat ...‹«
    »Du bist all das, aber du bist auch mein Bruder. Du hast eine Mutter und einen Aita und noch eine Schwester in Shara, du hast Verwandte, die die letzten vierzehn Jahre unermüdlich nach einem Hinweis gesucht haben, daß du noch lebst. Du wirst doch mit nach Shara kommen, nicht wahr? Bitte, Keru! Es ist mir wirklich ernst damit. – Dieses Fieber darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. «
    Er dachte eine Weile über ihre Worte nach. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein, es hat ja doch keinen Zweck«, sagte er traurig. »Ich bleibe besser hier und sterbe im Kreise meiner Männer. Ich habe unverzeihliche Dinge getan.«
    »Was

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