Althalus
Ablenkungsangriffe unternehmen. Sie sollen den Großteil der Verteidiger aus ihren Stellungen locken -und sie zwingen, ihre
Reserven einzusetzen. Wenn man dann den Hauptvorstoß beginnt, haben die Verteidiger an der Stelle keine Truppen mehr, die sich einem entgegenstellen könnten.«
»Aha«, murmelte Albron nachdenklich. »Wenn ich dich recht verstehe, wäre die beste Strategie, diese ersten Attacken gar nicht zu beachten und an Ort und Stelle zu bleiben, bis der wirkliche Angriff beginnt.«
»Stimmt. Aber wie will man wissen, welcher der wirkliche An griff ist? Ich habe einmal in einem Krieg drunten in Perquaine gekämpft. Mein Gegner war einer dieser Burschen, die unendlich lange warten können. Ich habe ihn überlistet, indem ich meinen Hauptvorstoß in der Morgendämmerung unternahn und die Ablenkungsmanöver erst begannen, nachdem ich bereits so gut wie über ihm war. Weil mein Gegner überzeugt war, dass es sich bei meinem ersten Angriff nur um eine Ablenkung handelte, zog er einen Großteil der Männer aus dem Hauptkampf zurück, um sich gegen die Scheinangriffe zu verteidigen.«
»Es ist fast wie ein Spiel, nicht wahr?«
»Es ist das beste Spiel, das es gibt, mein Häuptling.« Khalor grinste plötzlich. »Das Wort ›Strategie‹ heißt soviel wie, den Feind zu überlisten und sämtliche Schliche des Gegners zu erkennen.« Khalor tippte sich an die Stirn. »Kriege werden hier gewonnen, mein Häuptling, nicht da draußen in den Gräben. Im Augenblick würde ich einen Monatssold geben, wenn ich wüsste, wo Pekhal seinen Hauptvorstoß unternimmt.«
»Wirklich?«, fragte Althalus. »Du würdest mir das nicht schriftlich geben, oder, Sergeant?«
»Nicht, wenn ich mit Euch rede, o nein!«
»Spielverderber!«
»Ich glaube, ich weiß, was Ihr vorhabt, Althalus«, warf Eliar ein. »Euch ist doch klar, dass Bheid an die Decke geht, wenn Ihr auch nur den Vorschlag macht, nicht wahr?«
»Oh, er wird schon wieder herunterkommen. Ich werde Leitha in keine echte Gefahr bringen. Wir schaffen sie morgen Abend hierher zu den Gräben und lassen sie ein wenig in Pekhals Kopf herumstöbern. Sie wird wieder in Keiwon sein, ehe der Kampf beginnt.«
»Sollten wir sie nicht lieber schon heute Nachmittag herbringen?«, meinte Häuptling Albron. »Das würde uns mehr Zeit geben, Vorbereitungen zu treffen.«
»Wir brauchen keine Zeit, mein Häuptling«, erinnerte ihn Eliar. »Dafür sind ja die Türen da.«
»Pekhal hat höchstwahrscheinlich Zugang zu eigenen Türen«, fügte Althalus hinzu. »Deshalb wollen wir Leitha nicht früher als zehn bis zwölf Stunden vor Kampfbeginn hier haben. Ghend weiß über ihre Fähigkeiten Bescheid und könnte versuchen, ihr falsche Informationen zuzuspielen. Wenn er Pekhal und Gelta anwiese, hier zuzuschlagen, und Leitha bekäme es mit, würden wir unsere Hauptstreitkräfte hier einsetzen. Erteilte Ghend dann jedoch gegen Mitternacht neue Befehle und der Angriff findet anderswo statt, würden wir uns nicht in der richtigen Stellung befinden. Selbst mit-hilfe der Türen könnte das äußerst knapp werden.«
»Bedeutet das nicht, dass Leitha Pekhal finden muss?«, fragte Khalor. »Einfache Soldaten haben für gewöhnlich keine Ahnung, wo genau sie sind. Könnte Pekhal sie hereinlegen? Ich meine, wenn er ständig ›da drüben‹ denkt, statt ›genau hier‹ - würde sie das täuschen?«
»Dafür ist Pekhal nicht klug genug«, antwortete Althalus. »Eine Lüge auszusprechen ist eines, doch eine zu denken übersteigt seine Fähigkeiten. Gelta könnte vielleicht ein wenig überzeugender sein, aber nicht viel. Pekhal und Gelta sind Primitive, Sergeant, also erwartet nichts Außergewöhnliches von ihnen. Wenn es um Strategie geht, gilt für sie immer noch der Grundsatz ›Brand-schatzen-Kämpfen-Töten‹, also werden sie nichts allzu Kompliziertes unternehmen. Morgen, wenn Leitha hier ist, werden wir mehr erfahren.«
»Aus dem Süden kommen Leute herauf«, meldete Eliar. »Ich glaube, es ist Salkan mit seinen Schäfern.«
»Sie haben nicht lange gebraucht«, lobte Häuptling Albron.
»Sie haben auch nicht viel zu schleppen, mein Häuptling«, gab Khalor zu bedenken. Er beschirmte die Augen mit einer Hand und starrte auf die sich nähernden Hirten. »Einfach unmöglich!«, schnaubte er abfällig.
»Was?« Albron blickte ihn fragend an. »Sie können nicht einmal richtig marschieren. Sie laufen umher wie eine Hühnerschar, einmal da und einmal dorthin.« »Sie sammeln Steine, Sergeant«,
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