Althalus
Die andere Hälfte wird die Pflöcke einschlagen und andere Hindernisse vor dem Graben errichten. Sergeant Khalor ist überzeugt, dass sie bereit sind, wenn es so weit ist.«
Da stürmte Andine durch die Tür. »Eliar!«, rief sie. »Ich muss sofort nach Osthos!« »Beruhige dich, Andine«, mahnte Althalus. »Worum geht es denn?«
»Leitha hat herausgefunden, dass Ghend den Krieg in Treborea so schnell wie möglich neu aufleben lassen will. Der Schwachkopf in Kanthon sammelt bereits seine Streitkräfte. Ich muss nach Osthos und meinen Schatzmeister warnen. Dieses Herumlaufen und durch Türen springen ist ja recht unterhaltsam, aber ich habe Pflichten in Osthos. Bitte, Althalus, bringt mich heim.«
»Tu lieber, was sie sagt, Althalus«, murmelte Dweias Stimme in seinem Kopf. »Die Lage ist wahrscheinlich nicht so ernst, wie sie glaubt, aber es ist besser, wenn du sie besänftigst.«
»Was hat Ghend denn vor?«
»Ich glaube, er möchte, dass wir uns aufteilen. Er ist dir immer noch voraus, Althie, aber nicht sehr viel. Dieser Angriff auf Osthos könnte eine List sein, uns aus unseren Stellungen zu locken. Ghend weiß von Leithas Gabe; deshalb wäre es durchaus möglich, dass er sie in Keiwon mit falschen Informationen füttern will.«
»Er mag ja von Leitha wissen«, entgegnete Althalus, »aber ich glaube nicht, dass er über Gher Bescheid weiß. Die Idee des Kleinen, sämtliche Stämme Arums ins Haus zu holen, um sie kurzfristig irgendwohin auf der Welt zu befördern, hat die Lage verändert.«
»Übertreib nicht mit deiner Selbstsicherheit, Althie. Dieser neue Krieg in Treborea ist möglicherweise nur eine Finte, aber mit Sicherheit wissen können wir es nicht. Bring Andine heim, damit sie Schatzmeister Dhakan warnen kann, und schaff sie dann sofort nach Keiwon zurück. Ich möchte auf keinen Fall, dass das Mädchen da draußen unbeaufsichtigt herumläuft.«
24
Es war früh am nächsten Morgen, als Eliar Althalus und Andine durch die Tür in Schatzmeister Dhakans Studiergemach hoch oben im Palast von Osthos führte.
Der silberhaarige Schatzmeister blickte verärgert von seinem Schreibpult auf. »Wer hat euch erlaubt…« Er hielt inne und schüttelte ungläubig den Kopf. »Eliar! Was in aller Welt tust du denn hier?«
»Ich gehorche nur Befehlen, Euer Liebden«, antwortete Eliar.
»Und Althalus? Seid Ihr es wirklich?«
»Soviel ich weiß, Schatzmeister Dhakan. Ihr seht gut aus.«
»Ich lebe noch, wenn Ihr das meint. Ich dachte, Ihr wolltet Eliar in die Salzminen von Ansu verkaufen.«
»Ich habe beschlossen, ihn lieber zu behalten. Er ist ein recht brauchbarer Bursche - hin und wieder.«
»Erkennt Ihr mich denn nicht mehr, Dhakan?«, fragte die noch als Page verkleidete Andine verschmitzt.
»Meine Arya!«, rief er und erhob sich. »Wo seid Ihr bloß gewesen? Auf der Suche nach Euch habe ich fast ein Jahr lang das Unterste zuoberst gekehrt!«
Andine eilte zu ihm und schlang die Arme um seinen Hals. »Lieber, lieber Dhakan!«, rief sie gerührt. »Ihr habt mir so sehr gefehlt!«
»Ich verstehe das alles nicht, Athalus. Was habt Ihr mit meiner Arya gemacht? «
»Nun, ich habe sie sozusagen ausgeliehen.«
»Das treffendere Wort dürfte wohl ›entführt‹ sein, Althalus!«
»Es war nicht seine Schuld, lieber Dhakan«, versicherte ihm Andine. »Er handelte im Auftrag der Einen und Einzigen, der wir jetzt beide dienen.«
»Ihr habt Euch verändert, Arya Andine.«
»Ihr meint, ich bin ein wenig erwachsen geworden?« Sie lachte. »Wie in aller Welt habt Ihr mich zuvor ausstehen können? Ich war unmöglich.«
»Nun, ein wenig, vielleicht.«
»Ein wenig? Ich war ein verzogenes Balg! Wärt Ihr bereit, meine Entschuldigung anzunehmen für alle meine Unarten, mit denen ich Euch nach meiner Thronbesteigung quälte? Eure Geduld war schier übermenschlich. Ihr hättet mich übers Knie legen und tüchtig versohlen müssen!«
»Andine!«
»Sollten wir nicht zusehen, dass wir weiterkommen?«, meinte Eliar ein wenig ungeduldig. »Wir haben noch eine Menge zu tun.«
»Er hat Recht, Andine«, pflichtete Althalus ihm bei.
»Ja. Aber er ist so aufreizend, wenn er Recht hat.«
»Ich nehme an, Eure Gefühle für den jungen Mann haben sich geändert, meine Arya«, sagte Dhakan.
»Nun, ja, gewissermaßen. Meistens will ich ihn gar nicht mehr umbringen. Jetzt füttere ich ihn stattdessen. Im Grunde war es gar nicht seine Schuld, dass er meinen Vater getötet hat. Ich weiß jetzt, wer dafür verantwortlich
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