Althalus
noch keine Woche alt. Ihr untersteht immer noch uns dreien!«
»Dann lassen wir das Ganze!« Bheids Ges icht wurde hart. »Wenn ihr durch mich nur das einfache Volk beschwichtigen wollt, um die gegenwärtigen Unruhen zu beenden, will ich nichts damit zu tun haben. So etwas würde lediglich den gleichen Fehlern Tür und Tor öffnen, durch die Argan überhaupt erst Zutritt fand. Seht ihr das nicht ein?«
»Damit hat er Recht«, gab Emdahl widerwillig zu. Dann verzog er das Gesicht. »Sieht ganz so aus, als hätte ich mir einen der Guten durch die Lappen gehen lassen. Wäre ich aufmerksamer gewesen, hätte ich Bruder Bheid ausbilden können, damit er später meine Nachfolge antritt.«
»Nicht, wenn zuerst ich auf ihn aufmerksam geworden wäre«, wandte Yeudon ein.
»Emmy will mit Euch reden, Althalus«, sagte Eliar leise, als alle Exarch Aleikons prunkvolles Arbeitsgemach verließen.
»Ach? Habe ich mich bei ihr wieder in die Nesseln gesetzt?«
»Das hat sie nicht gesagt, und ich glaube es auch nicht. Wie war's, wenn wir die Tür zu Eurem Zimmer benutzen? Ich werde davor Wache halten.«
Sie gingen durch den Tempelkorridor zu den Gemächern, die Exarch Aleikon ihnen zur Verfügung gestellt hatte, und Eliar öffnete die Tür zu Althalus' Zimmer. Gleich dahinter befand sich die vertraute Treppe.
Dweia streckte Althalus die Arme entgegen und schmiegte sich an ihn. »Hast du Schwierigkeiten, Emmy?«, fragte er.
»Nein, es geht alles recht gut. Bheid macht sich sogar besser, als ich erwartet hatte. Aber ich möchte dir etwas erklären. Es ist wichtig, dass du weißt, was tatsächlich vor sich geht.«
»Ich dachte, das sei offensichtlich, Em.« »Nicht völlig, Schatz. Die Worte auf der Dolchklinge sind etwas komplexer, als es den Anschein hat. Was hat dein Wort dir befohlen? « »›Suche!‹ Bedeutete das nicht, dass ich umherwandern und die anderen finden sollte? « »Es geht sogar noch ein bisschen weiter, Liebster. Du solltest auch mich finden!« »Das hatte ich doch bereits.« »Nicht wirklich. Du hattest Emmy gefunden, die Katze, aber mich noch nicht, als du den Dolch zum ersten Mal gesehen hast.«
»Hm. Vermutlich nicht. Wie sieht es weiter aus?«
»Dazu kommen wir erst noch, Althalus. Als Eliar das Wort ›Führe!‹ las, dachte er, es bedeute, dass er eine Armee führen solle. Aber so war es ganz und gar nicht. Andine las ›Gehorche!‹, und dadurch besiegte sie Gelta.«
»Gut, bis hierher kann ich dir folgen. Leithas Wort war ›Lausche!‹, nur tut sie es nicht mit den Ohren. Wir haben ihre besondere Fähigkeit schon viele Male genutzt.«
»Es wird komplizierter, wenn sie Koman begegnet.«
»Das dachte ich mir bereits. Sie weiß, was sie dann tun muss, und es gefällt ihr kein bisschen. Sie hat sich an meiner Brust ausgeweint, nachdem sie angefangen hatte, mich ›Pappi‹ zu nennen. Was genau soll sie mit Koman tun? «
»Ihn belauschen, Althalus. Und wenn sie lauscht, wird Koman nicht mehr hören können. Es ist ein sehr subtiles Vorgehen.«
»Aber schlimm für Leitha?«
»Sehr, sehr schlimm. Deshalb braucht sie so dringend deine Zuneigung. Schelte sie nicht, wenn sie dich ›Pappi‹ nennt. Es ist ein Hilferuf. Beruhige sie, so gut du kannst.«
»In dieser Traumvision, die du uns geschickt hast, hat sie ein hauchdünnes Gewand zerfetzt. Was sollte dieses Gewand darstellen?«
»Das war Koman, Schatz.«
»Sie wird ihn in Fetzen reißen? Ist das nicht grausig?«
»Viel mehr als grausig, Schatz«, entgegnete Dweia traurig, »aber es muss geschehen. Als Nächstes kommen wir zu Bheid. ›Erleuchte!‹ ist vielleicht das komplizierteste der Dolchwörter. Bheid wird letztendlich Argan und seine Rotkutten als das aufdecken, was sie wirklich sind: die Priesterschaft Daevas.«
»Das ist mir in der Traumvision aber nicht aufgefallen.«
»Dann hast du nicht aufgepasst. Was habe ich getan?«
»Du hast den Staub vom Altar in deine Hand gebürstet, dann hast du ihn in die Luft geworfen, und ein Windstoß vom Fenster blies ihn fort.« Althalus runzelte die Stirn. »Auf seltsame Weise war Bheid dieses Fenster. Das hat mich durcheinander gebracht.«
»Bheids Aufgabe ist es zu ›erleuchten‹, deshalb das Fenster. Fenster lassen Licht herein, aber auch Luft. Der Traum verwandelte Argan in Staub, ich warf ihn in die Luft, und die Brise, die durchs Fenster Bheid kam, blies den Staub Argan hinweg. Betrachte diese Traumvision als Metapher.« Sie hielt nachdenklich inne. »Das ist wirklich ein sehr nützliches
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