Althalus
weniger geheimnisvoll tun, Leitha?«, bat Andine ihre Freundin.
»Emdahl sieht in den gegenwärtigen Unruhen in Perquaine eine große Chance«, erklärte Leitha. »Der Orden der Braunkutten ist durch und durch käuflich, und Emdahl hat sich einen, wie er glaubt, genialen Plan ausgedacht. Er will den Braunkutten ihren Hauptsitz der Macht direkt unter den Füßen wegziehen. Ohne die Unterstützung der Aristokratie von Perquaine dürften sie zu einem Bettelorden absinken.«
Andine kicherte. »Eine großartige Idee. Wie will Emdahl das anstellen?«
»Er bastelt noch an den Einzelheiten, aber im Großen und Ganzen will er Argans Predigten benutzen, um Aleikon so zu verängstigen, dass er seinem Rat folgt, mit dem gesamten Orden aus Perquaine zu fliehen. Emdahl wird natürlich immer wieder die Wörtchen ›vorläufig‹ und ›einstweilen‹ einflechten, damit Aleikon nicht durchschaut, dass es keine Rückkehr nach Maghu für ihn geben wird, wenn dies alles überstanden ist.«
»Mein Exarch ist sehr schlau«, warf Bheid stolz ein. »Wenn die Lage sich hier in Perquaine wieder beruhigt hat, wird Aleikon feststellen müssen, dass er überlistet wurde und nun die Schwarzkutten das Sagen haben, was die Religion bestrifft.«
Leitha lächelte verschmitzt. »Nicht ganz. Emdahl arbeitet noch an bestimmten Einzelheiten. Du darfst nicht vergessen, dass ein Streit zwischen den Schwarz-und Braunkutten zu einem Krieg führen würde, gegen den der Bauernaufstand ein Kinderspiel wäre.«
»Du verbirgst etwas vor mir, Leitha«, beschuldigte Bheid sie. Sie blickte ihn mit großen Unschuldsaugen an. »Würde ich so etwas tun? Ausgerechnet ich? « Bheid warf die Hände hoch. »Frauen!«, murmelte er.
Die Sitzung im Turm am Ende des Westkorridors dauerte mehrere Tage. Eliar, der den drei Exarchen die Mahlzeiten brachte, berichtete, dass es bei den Disputen sehr lebhaft zuging.
Am Nachmittag eines schneereichen Tages kehrten die hohen Kirchenherren zu Dweias Turmgemach zurück. Aleikon wirkte mürrisch, während Emdahl und Yeudon auf zurückhaltende Weise zufrieden zu sein schienen.
»Wir sind zu einer Entscheidung gelangt«, verkündete Emdahl. »Die Krise in Perquaine ist eine unmittelbare Folge unserer Politik. Hauptsächlich ist Aleikon dafür verantwortlich, aber auch uns trifft Schuld. Wir alle haben uns auf die Mächtigen konzentriert und das einfache Volk vernachlässigt. Wir dachten, die Mächtigen könnten den Bürgern befehlen, unsere Lehrsätze zu akzeptieren, aber das war ein Trugschluss, wie nicht anders zu erwarten. Die Mächtigen können den Untergebenen befehlen, was sie tun müssen, aber nicht, was sie denken oder glauben sollen. Der rotkuttige Argan schlachtet unseren folgenschweren Irrtum aus und benutzt ihn dazu, den Tempel von Maghu an sich zu reißen -und es wird ihm gelingen, wenn wir nicht sofort etwas unternehmen.«
»Sofort könnte nicht mehr rechtzeitig genug sein, Eminenz«, sagte Andine spitz. »Der Adel von Perquaine ist berüchtigt dafür, wie schlecht er die Armen behandelt, und die Braunkutten sind nicht besser. Ich mag zwar ein törichtes Mädchen sein, aber sogar ich weiß, dass das Wohl eines jeden Landes weit mehr von den Bauern und Arbeitern abhängt als von der Aristokratie. Die drei Orden haben das einfache Volk so oft im Stich gelassen, dass es euch nie mehr trauen wird.«
»Genau wie ich sagte«, entgegnete Emdahl und blickte Yeudon und Aleikon an. »Seht ihr, meine lieben Freunde, sogar dieses niedliche Kind hat erkannt, was wir falsch gemacht haben.«
»Schon gut, Emdahl«, erwiderte Aleikon ätzend. »Ihr braucht es uns nicht unter die Nase zu reiben. Kommt zur Sache, damit wir weitermachen können.«
»Welch großartige Idee, Aleikon.« Emdahl nickte. »Wir benötigen jemanden, der diesen Hetzreden Argans entgegenwirkt. Aber es darf kein Angehöriger der bekannten Orden sein, denn kein Bürger, der seine fünf Sinne beisammen hat, würde den Schwarz-oder Braunkutten je wieder auch nur ein Wort glauben.«
»Stimmt«, bestätigte Althalus. »Was wollt ihr Herren also tun?«
»Wir brauchen ein neues Manifest, das ist alles.« Emdahl zuckte die Schultern. »Ein Manifest, in dem keiner der erwähnten Fehler und Irrtümer enthalten sein darf. Und wir brauchen vor allem eine Stimme, um die neue Lehre unters Volk zu bringen.«
»Was genau ist diese Überraschung, die du dir ausgedacht hast, Emdahl?«, fragte Dweia.
»Wir haben einen neuen Orden gegründet, mit anderen Kutten als unseren.
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