Althalus
Kapuze hoch. »Habt die Güte und legt dem Gericht die Anklage vor, Yeudon.« »Das ist aber nicht die korrekte Verfahrensweise!«, protestierte Aleikon.
»Das hängt davon ab, wer den Vorsitz führt, Aleikon«, entgegnete Emdahl. »Bruder Bheid gehört meinem Orden an und untersteht daher meiner Gerichtsbarkeit. Die Verhandlung und der Urteilsspruch liegen in meiner Hand. Das Geric ht erwartet die Anklage, Exarch Yeudon.«
Auch Yeudon zog die Kapuze hoch. »Die Anklage lautet auf Mord, heiliger Emdahl, und der Angeklagte hat sich schuldig bekannt. «
»Angeklagter, was habt Ihr dazu zu sagen?«, fragte Emdahl streng. »Rasch, beeilt Euch, Bheid. Das Abendessen wartet.«
»Ich bin schuldig, mein Exarch«, antwortete Bheid mit gebrochener Stimme, »denn ich habe den Mann namens Yakhag vorsätzlich getötet.«
»Seid Ihr bereit, Euch dem Urteil dieses Gerichts zu unterwerfen?«
»In jeder Hinsicht, mein Exarch.«
»Der Angeklagte muss den Urteilsspruch kniend entgegennehmen«, ordnete Emdahl an. Zitternd sank Bheid auf die Knie. Emdahl legte geistesabwesend die Hand auf das Buch. »Der An
geklagte wird des Mordes für schuldig befunden«, erklärte er förmlich. »Hat der Angeklagte noch etwas zu sagen, bevor das Gericht das Urteil fällt?«
»Ich… äh…«, stammelte Bheid.
»Das habe ich auch nicht angenommen«, unterbrach Emdahl ihn. »Das Gericht verurteilt Euch für den Rest Eures Lebens zu Schwerstarbeit, und zwar werdet Ihr sie als Exarch der Graukutten leisten - und mögen die Götter Erbarmen mit Eurer jämmerlichen Seele haben.«
»Aber…« »Haltet den Mund, Bheid!«, schnaubte Emdahl. »Auf die Füße mit Euch - und macht Euch an die Arbeit!«
»Das war sehr gerissen, Emdahl«, lobte Althalus, als sie den anderen die Treppe hinunter zum Abendessen folgten.
»Freut mich, dass es Euch gefallen hat.« Emdahl grinste. »Aber es war nicht alles meine Idee. Sühne durch harte Arbeit -das ist Yeudon eingefallen. Ich wundere mich, dass Ihr nicht selbst daran gedacht habt.«
»Ich sehe die Welt nicht auf die gleiche Weise wie ihr Priester«, antwortete Althalus. »Ich bin Berufsverbrecher, darum errege ich mich auch nicht über die unterschiedlichen Sünden. Yakhag musste getötet werden, aber das konnte Bheid einfach nicht begreifen, so sehr ich mich auch bemühte. Ein bisschen Erfolg hatte ich erst, als ich ihn mit dem Kopf gegen die Wand schmetterte.«
»Eine interessante Spielart«, bemerkte Emdahl. »Bheid litt unter seinem Schuldgefühl. Wir brauchen ihn in einer bestimmten Position; deshalb musste ich diese Position als Strafe hinstellen. Er wollte unbedingt bestraft werden. Jetzt bekommen wir beide genau, was wir wollten.«
»So wie ich.«
»Das verstehe ich nicht ganz.«
»Bheids Schuldgefühl trennte ihn von Leitha, und das machte ihr so sehr zu schaffen, dass sie der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit nahe war.« »Ihr redet von der Hexe? Ich dachte, nichts könnte sie berühren. Sie scheint aus Stein zu sein, nicht wahr?«
»Das hat nur den Anschein, Emdahl. Tatsächlich ist sie sehr zerbrechlich und braucht Liebe. Sie hat mich als ihren Vater auserkoren. Ausgerechnet mich!«
»Da hat sie gar nicht so falsch gewählt«, bemerkte Emdahl. »Ihr habt zwar Eure Fehler, Althalus, aber es ist offensichtlich, dass Ihr
Eure kleine Familie und Eure Freunde liebt. Mit ein bisschen Ausbildung würdet Ihr einen guten Priester abgeben -aber das seid Ihr im Grunde genommen ja ohnehin. Ihr seid Exarch der Kirche Dweias, nicht wahr?«
»So förmlich sind wir nicht, Yeudon. Emmy ist viel lockerer als ihre Brüder. So lange wir sie lieben, ist sie vollkommen glücklich. Sie schnurrt sogar.«
»Schnurrt?«
»Das zu erklären würde zu lange dauern.«
»Es ist wahrscheinlich das Beste, was wir in dieser kurzen Zeit tun können, Bheid«, sagte Emdahl, als sie ein paar Tage später zum Tempel in Maghu zurückgekehrt waren. »Aleikon war nicht sehr glücklich darüber, aber wir einigten uns schließlich, dem Orden der Graukutten freie Hand zu lassen. Anfangs wird der Zustrom nicht sehr groß sein. Das Armutsgelübde schreckt die meisten Priester ab, deshalb werdet Ihr zunächst nicht sehr viele Freiwillige haben.«
»Es wird allerdings einige Unfreiwillige geben«, warf Yeudon trocken ein.
»Nein!«, wehrte Bheid heftig ab. »Meine Herren, ihr werdet meinen Orden nicht als Müllhalde für die bei euch Unerwünschten nutzen!«
»Einen Moment, Exarch Bheid«, entgegnete Aleikon. »Euer Orden ist
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