Althalus
Er wird nicht verseucht sein von den Dingen, derer wir uns schuldig gemacht haben. Die Brüder dieses Ordens werden sich der Armen und Entrechteten annehmen, und sie werden nicht in Palästen wohnen und nicht mit dem Adel verkehren.«
»Es könnte ein Anfang sein«, meinte Bheid. »Aber verzeiht meinen Zweifel, Exarch -wird dieser neue Orden Zeit genug haben, den Predigten Argans entgegenzuwirken? Argan hat eine Unzahl von Aufgewiegelten um sich geschart, die er noch vor Ende dieser Woche nach Maghu führen wird.«
»Nun, es wird begnadeter Predigten bedürfen, Bruder Bheid, aber ich bin überzeugt, dass Ihr es schafft.«
Bheids Gesicht wurde totenbleich. »Ich?«, krächzte er.
»Es war einer der wenigen Punkte, auf die wir uns schnell einigten, Exarch Bheid«, warf Yeudon ein. »Ihr seid die einzig logische Wahl, Euer Orden wird graue Kutten tragen und ein Armutsgelübde ablegen. Die Frage der Keuschheit kam während unserer Diskussion zur Sprache, aber dann dachten wir, dass wir vielleicht die Göttin Dweia beleidigen würden, wenn wir darauf beharrten.«
»Eine weise Entscheidung«, bemerkte Leitha. »Es steht überhaupt nicht zur Debatte!«, sagte Bheid fest. »Ich bin nicht einmal mehr Priester.« »Die Weihe ist unwiderruflich«, schnarrte Emdahl, »ebenso wie Euer Gelübde.« »Ich habe einen Mann ermordet, mein Exarch«, gestand Bheid düster.
»Ihr habt was?«
»Ich habe in Arya Andines Thronsaal einen Mann mit dem Schwert durchbohrt. Ich bin verdammt!«
Ein breites Lächeln legte sich auf Aleikons pausbackiges Gesicht. »Das ändert alles, nicht wahr, Emdahl? Ich glaube, ich werde Maghu doch nicht verlassen.«
»Es ist wirklich ein Problem, Emdahl«, warf Yeudon ernst ein. »Ein Mörder kann nicht Priester sein.«
»Habt Ihr vergessen, Yeudon, dass wir alle irgendwann einmal den einen oder anderen Meuchelauftrag erteilt haben?«, widersprach Emdahl.
»Aber wir haben nicht selbst zur Waffe gegriffen. Es mag eine Spitzfindigkeit sein, doch Mord mit eigener Hand ist und bleibt eine Todsünde. Ehe Bruder Bheid nicht Buße dafür getan hat, kann er nicht befördert werden.«
»Wen habt Ihr getötet, Bheid?«, fragte Emdahl.
»Er hieß Yakhag, Eminenz«, antwortete Andine an seiner statt. »Und ich finde, dass Bheid übertrieben hat. Yakhag war kein Mann im eigentlichen Sinne des Wortes. Er war mehr Dämon denn Mensch. Sogar Ghend hatte Angst vor ihm. Der unmittelbare An lass war, dass Yakhag einen jungen Burschen abgeschlachtet hatte, den Bruder Bheid in die Priesterschaft einführen wollte. Exarch Yeudon kann Euch mehr über diesen jungen Mann erzählen. Er war ein Schäfer namens Salkan.«
»Salkan ist tot?«, rief Yeudon bestürzt.
»Leider, Eminenz. Yakhag erhielt von Argan den Befehl, Bheid zu töten. Salkan entriss Eliar das Schwert und stellte sich schützend vor Bheid. Yakhag erschlug Salkan, worauf Bheid auf Yakhag losging und ihn tötete. Da dieser Vorfall sich in Treborea zutrug, ist unsere Rechtsprechung zuständig. Und unseren Gesetzen zufolge kann bei einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht von Mord die Rede sein.«
»Bruder Bheid untersteht dem Kirchengesetz!«, rief Aleikon rasch. »Und ehe er nicht gesühnt hat, kann er in keinem Orden ein Amt innehaben.« Er blickte Emdahl schadenfroh an. »Euer schlauer Plan hat sich in Luft aufgelöst.«
»Vielleicht auch nicht«, warf Yeudon ein. »Was versteht Ihr unter ›Sühne‹, Aleikon?«
»Beten, fasten, Abgeschiedenheit, harte Arbeit -welche Bestrafung sein Exarch für angemessen hält. Ihr könnt Euch da nicht herauswinden!«
»Nehmen wir uns doch einmal den Begriff ›harte Arbeit‹ vor«, riet Yeudon. »Ich glaube, die derzeitige Lage in Perquaine verlangt vom Exarchen der Graukutten härtere Arbeit, als sonst ein Mensch auf der Welt sie leisten muss. Bruder Bheid kann seine Todsünde nur durch die schwierigste Arbeit überhaupt büßen.«
»Arbeit als Buße«, bestätigte Emdahl. »Wundervoll, Yeudon.«
»Das ist bloße Spitzfindigkeit!«, schimpfte Aleikon.
»Gewiss«, gab Emdahl zu. »Aber eine sehr nützliche. Genaugenommen gehört Bruder Bheid immer noch zum Orden der Schwarzkutten, deshalb habe ich bei seiner Buße das letzte Wort, nicht wahr?«
»Nun, rechtlich gesehen, ja«, gab Aleikon widerwillig zu.
»Also gut. Erledigen wir erst einmal einige Formalitäten. Darf ich Euren Tisch benutzen, Göttin?«
»Selbstverständlich, Exarch Emdahl«, sagte Dweia.
Emdahl setzte sich an den Marmortisch und zog seine
Weitere Kostenlose Bücher