Althars Wolkenhort
Wald stehende Rauchfahne ungebetene Gäste anlocken konnten.
Das Feuer würde noch stundenlang wüten. Solange waren die Gefährten zur Untätigkeit verurteilt. Vielleicht würden sie sich erst nach Anbruch des Tages wieder an den Turm heranwagen können. Zeit genug für andere, hierher zu gelangen. Mythors dunkle Ahnungen täuschten ihn nicht.
*
Drundyr hatte weder sich noch Nyala geschont. Diesmal brauchte er keine Umwege zu machen. Er orientierte sich nach dem Stand der Sonne und nach Anbruch der Dunkelheit an den vertrauten Sternbildern, die ihm den direkten Weg nach Norden wiesen, nach Lockwergen.
Nur wenige Male hatte er Nyala einige Minuten Rast gegönnt. Er selbst brauchte keine. Der Dämon in ihm versorgte ihn mit immer neuen Kräften.
Als der Caer-Priester dann den hellen Schein und die Rauchfahne dort sah, wo er den Wolkenhort wusste, hatte er es noch eiliger. So kurz vor seinem Triumph durfte der Wolkenhort nicht zerstört werden. Er allein wollte ihn erobern.
Durch Dickicht und Dunkelheit kamen Drundyr und Nyala langsamer voran, als ihm lieb war. Es war fast schon Mitternacht. Auf den Nadeln der Tannen und Fichten bildete sich erster Reif. Der Boden wurde rutschig. Drundyr schätzte, dass er und Nyala nicht einmal die halbe Strecke nach Lockwergen zurückgelegt hatten.
Plötzlich hörte er in der Ferne Hufgetrappel. Der Boden war hier zum Teil steinig. Nur diesem Umstand hatte der Caer es zu verdanken, dass er rechtzeitig gewarnt wurde.
Voraus war eine kleine Lichtung. Drundyr zog Nyala mit sich hinter ein Gebüsch.
»Reiter«, flüsterte sie. »Wer kann das sein, Drundyr?«
»Wir werden es bald wissen«, zischte der Priester. »Beweg dich nicht! Keinen Laut mehr!«
Er versuchte, am gegenüberliegenden Rand der Lichtung etwas zu erkennen. Der Hufschlag wurde lauter, und es waren mehrere Reiter, die sich durch die Nacht näherten.
Wer hatte um diese Zeit hier etwas zu suchen? fragte sich Drundyr. Waren es Caer-Krieger, die von Drudin beauftragt worden waren, seiner Spur zu folgen und ihn einzufangen?
Wer sonst als Caer sollten sich hier herumtreiben? Und selbst wenn sie von Drudin geschickt worden waren -Drudin war weit. Falls die Krieger keinen anderen Priester bei sich hatten, würde es ihm ein leichtes sein, sie unter seinen Befehl zu zwingen.
Wilde Hoffnung flackerte in ihm auf. Vielleicht war es eine glückliche Fügung, dass er hier auf Krieger traf. Wenn ja, war er schneller zurück beim Wolkenhort, als er gehofft hatte, und er ersparte sich den langen, beschwerlichen Weg nach Lockwergen. Dann sah er sie.
Hintereinander reitend kamen sie auf die Lichtung, als habe der finstere Wald sie ausgespien. Drundyr kniff die Augen zusammen. Mindestens zwei Dutzend Elitekrieger der Caer. Und nun erkannte er ihren Anführer.
Drundyr triumphierte innerlich. Nicht ein Priester ritt an der Spitze des Trupps, sondern ein Mann, der besser als jeder andere in der Lage sein sollte, Althars Wolkenhort für Drundyr zu erobern.
»Komm«, flüsterte er Nyala zu. »Es sind unsere Männer. Sie werden auf meinen Befehl hören.«
Er trat hinter dem Gebüsch hervor auf die Lichtung. Der Anführer des Trupps stieß einen dumpfen Laut aus und zügelte sein Pferd.
»Halt ein, Ritter!« rief der Priester mit erhobenen Händen. »Vor dir steht Drundyr. Es ist mir eine große Freude, dich hier zu sehen. Zusammen werden wir Drudin ein Geschenk machen, wie er noch keines erhielt, Ritter Coerl O'Marn!«
Sein Name war weit über die Grenzen des Herzogtums Caer hinaus bekannt und gefürchtet. Schon zu Lebzeiten war er Legende, und das nicht erst seit der Eroberung der Stadt Nyrngor. Es hieß von ihm, er sei einer der letzten Nachfahren der legendären Alptraumritter, die einst mordend und brandschatzend durch die Lande zogen.
Ritter Coerl O'Marn, der gefürchtetste Kämpfer und Stratege Caers. Groß, finster und wuchtig saß er im Sattel seines prachtvollen Hengstes Chelm, das Visier des Helmes mit den Adlerfedern hochgeklappt. In seiner schweren Rüstung wirkte er auf den ersten Blick unförmig und unbeweglich. Unter dem braunen Leinenhemd waren die Ränder eines schweren Kettenhemds zu erkennen. In der Linken hielt er einen riesigen verbeulten schwarzen Rundschild, in der Rechten eine gewaltige Streitaxt. Weitere Waffen hingen am verzierten Sattel des Braunen: ein Schwert und ein Morgenstern. Der hinter ihm reitende Caer trug seine Lanze.
O'Marns Männer waren ebenfalls gut bewaffnet und trugen Kettenhemden und
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