Althars Wolkenhort
bedurft. Mythor riss Kalathee mit sich und rannte bis zu den Felsen am Rand der Bergkuppe, wo keine Bäume standen. Tausende von Hornissen schwirrten durch die Luft und stießen auf die Freunde herab. Und es gab nichts, was ihnen als Schutz vor den tödlichen Stichen dienen konnte.
»Wir müssen zurück!« schrie Mythor. »Hier haben wir keine Chance! Sie fürchten das Feuer! Wir müssen zu den Tannen!«
»Damit wir verbrennen?« rief Sadagar.
Nottr fuchtelte mit dem Krummschwert in der Luft herum. »Lieber will ich schmoren als. Aaah!« Wie von Dämonen gejagt machte der Lorvaner einen Satz und rannte davon, als er den ersten Stich in den Arm bekam. Mythor warf sich Kalathee kurz entschlossen über die Schulter und lief hinter ihm her. Fluchend folgte Sadagar.
Eine dichte Wolke von außer Rand und Band geratenen Insekten umgab sie. Mythor spürte einen stechenden Schmerz im linken Bein, gleich darauf in der Schulter. Ein oder zwei Hornissenstiche waren nicht direkt lebensgefährlich, aber wenn es mehr wurden.
Auch der Steinmann schrie auf. Wie durch ein Wunder blieb die zarte Kalathee verschont. Mythor und Sadagar erreichten Nottr gleichzeitig. Der Lorvaner stand schwer atmend zwischen zwei brennenden Tannen, so nahe wie möglich an den Flammen, und hustete.
Mythor setzte Kalathee ab. Der Hornissenschwarm blieb zurück, nachdem die ersten Tiere Bekanntschaft mit dem Feuer gemacht hatten.
»Hier sind wir für den Augenblick sicher«, rief Mythor. »Sie werden sich austoben und sich dann verziehen.«
»Ja«, keuchte Sadagar und begann wie Nottr zu husten. »Wenn wir bis dahin nicht erstickt sind!«
Heißer Rauch stieg in die Nasen der Gefährten und trieb ihnen die Tränen in die Augen. Mythor schlug einen herabstürzenden brennenden Ast mit dem Schwert zur Seite. Dann legte er ihn sich mit der Spitze Altons auf die Stiefelspitze und schleuderte ihn mit dem Fuß in den Schwarm der Hornissen. Er konnte kaum etwas sehen, und seine Lungen schienen zu brennen. Kalathee sank neben ihm zu Boden. Die Tannennadeln fingen Feuer. Nottr trampelte wie ein Tanzbär auf ihnen herum, um die Flämmchen auszutreten. Es war zwecklos.
Immer mehr brennende Äste kamen herab. Die Freunde umgab ein Flammenmeer, und die einzige freie Stelle war von tanzenden Hornissen erfüllt.
»Wir müssen. aushalten!« keuchte Mythor. Hitze und Rauch drohten ihm die Sinne zu rauben. Er fühlte sich an Gwasamees Ende in der Gruft hinter den Wasserfällen erinnert, als er, ebenfalls mit giftigem Rauch in den Lungen, gegen die Säbelzahntiger kämpfen musste, um ins Freie zu gelangen.
»Ich halte das nicht mehr aus!« schrie Sadagar. An Mythor vorbei rannte er auf die Lichtung.
Mythor wollte ihn packen. Schon sah er ihn in einer dichten Wolke von Insekten niedersinken, aber da geschah das Wunder: Die Hornissen flogen sirrend davon. Die im Licht des Feuers schimmernden Körper verschwanden über dem Wald. Innerhalb von ein paar Atemzügen war der Spuk vorbei.
Sadagar sank zu Boden und lachte wie ein Irrer.
Kalathee war bewusstlos, aber weder ihr Haar noch ihr Kleid hatten Feuer gefangen. Es war, als habe eine unbekannte Macht ihre schützende Hand über sie gehalten. Als einzige war sie nicht gestochen worden. Nottrs Rückenfell war angesengt, und drei rasch anschwellende Beulen zeugten von drei Stichen, die er erhalten hatte. Sadagar hatte einen Stich abbekommen, Mythor zwei. Doch noch spürten die Männer nichts von dem Insektengift. Wenn sie wankten, dann wegen des eingeatmeten Rauchs.
Nun lagen sie alle vier bei den Felsen und starrten hustend und schwer atmend in die Flammen. Um den Turm herum wütete das Feuer mit unverminderter Heftigkeit.
Mythor kümmerte sich um Kalathee, die sich bereits wieder zu rühren begann. Nur ihr Gesicht und ihre Hände waren leicht rußgeschwärzt.
Ihre Augen öffneten sich und richteten sich auf Mythor. »Ist es. vorbei?« kam es kaum hörbar über ihre Lippen.
»Wenn du die Hornissen meinst, ja«, sagte Mythor, ohne den Blick vom Wolkenhort zu nehmen. Die dunkle Wolke glühte düsterrot im Lichtschein des Feuers. Holz knackte. Bäume stürzten um.
Kein Getier kam mehr aus dem brennenden Dickicht hervor. Der Rauch bewies, dass noch immer genug Feuchtigkeit in den Schlinggewächsen war. Noch war nicht alles heruntergebrannt.
Hier bei den Felsen war es nun angenehm warm. Mythor wischte sich die klebrigen Tränen aus dem Gesicht. Und er dachte daran, dass die Flammen und die weithin sichtbar über dem
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