Althea - Das Erwachen
noch Fragen?“
Jetzt, wo ich darauf achtete, erkannte ich überrascht, wie manipulativ Hans seinen Offizieren gegenüber auftrat. So wie er die Frage gestellt hatte, würde keiner der Offiziere mehr wagen, weiter nachzuhaken, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, als jemand dazustehen, der das Offensichtliche nicht erkannt hatte.
Allerdings funktionierte der Trick nicht. Ein älterer Offizier meldete sich trotzdem zu Wort.
„Die Lage ist uns allen klar, ich frage mich dennoch, wie zum Teufel du uns hier rausbringen willst? Wir haben in dieser beschissenen Festung keine Chance gegen diese Art von Übermacht, das wird unser aller Grab werden.“
Hans antwortete lautstark und bestimmt.
„Christian, du bist verrückt, wenn du glaubst, dass wir da draußen irgendeine Chance haben.“
Er zeigte auf die Felder in Richtung des Heeres.
„Wohin sollten wir denn gehen, diese verdammte Armee ist viel zu groß, ein Flüchtlingszug wie der unsere würde niemals unentdeckt ihre Reihen durchbrechen, wir würden innerhalb kürzester Zeit weitere Kräfte auf uns ziehen, selbst wenn wir irgendwo durchbrechen könnten. Wir sind zu langsam und wir haben keine Fahrzeuge. Dafür haben wir Kinder, Alte und Kranke dabei, die als Erste die Opfer des Gewaltmarsches wären. Wie stellst du dir also eine Flucht vor? Ich glaube, dass wir nur eine einzige Chance haben.“
Dann wartete Hans einen Moment auf ihre Reaktionen. Dies waren gut ausgebildete Offiziere, keine einfachen Soldaten, und trotzdem waren sie jetzt sehr aufgewühlt.
Bis auf den silberhaarigen Christian, der nur noch nickte und überraschend entspannt nach seinem Ausbruch wirkte. Seine Augen blickten ein wenig traurig in die Ferne, als ob er trotz besseren Wissens auf eine andere Antwort gehofft hatte.
„Und ich habe mal gedacht, ich würde an Lungenkrebs sterben, weil ich zu viel rauche.“ lachte er schließlich leise in sich hinein.
Ich musste schon sehr genau hinhören, um die Bemerkung noch mitzubekommen. Die anderen Offiziere murmelten ebenfalls vor sich hin, und einige waren nur blass geworden, ohne jegliche weitere Reaktion. Allen war mittlerweile klar, dass wir hier in der Falle saßen.
„Ruhe, wenn ich nicht mal euch die Wahrheit sagen kann, wem denn sonst? Die Soldaten und Bürger sollen von der Hoffnungslosigkeit nichts mitbekommen. Ich habe noch eine letzte Hoffnung, und die werde ich euch jetzt mitteilen. Wir haben eine kleine Chance, dass die Armee einfach um uns herum fluten wird, ohne uns groß zu belästigen. Sie werden einige Angriffe machen, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass sie es auf uns abgesehen haben. Vielleicht können wir ihnen so viel Ärger bereiten, dass sie weiter ziehen und sich die Mühe mit uns nicht machen. Wir sind stark befestigt und nicht so leicht zu bezwingen, eine langfristige Belagerung kommt für einen Gegner dieser Größe nicht infrage.“
Christian lächelte traurig, als er das hörte, und auch ich fragte mich, was Hans da für einen Unsinn redete. Keine Armee dieser Größe kam ohne Nachschub aus, und sich durch ein feindliches Fort den Nachschub abschneiden zu lassen, das macht kein Heerführer, sogar ich als Laie konnte das erkennen.
Allerdings wirkte die Rede auf seine Offiziere, die verstummten und anscheinend mehr als willens waren, sich an diesen Strohhalm zu klammern.
„Wir brauchen also eine Taktik, wie wir die ersten Tage überstehen können, vielleicht haben wir dann eine Chance. Und es gibt noch eine weitere Hoffnung, die zugegebenermaßen nicht wirklich groß ist. Wir versuchen, Hilfe zu holen.“
Die Offiziere murmelten wieder vor sich hin, einer meinte „Und wer soll den Stunt abziehen? Eine Flucht durch die Linien ist Selbstmord.“
Als er das sagte, wurde mir klar, dass nicht Hans´ Ansprache die eigentliche Manipulation gewesen war, die Frage von Christian gehörte dazu. Allen sollte klar gemacht werden, dass eine Flucht unmöglich war. Es war Manipulation in der Manipulation.
Hans ignorierte ihn scheinbar und fuhr fort.
„Die Hauptkräfte scheinen vor den Ostwällen zu sein, weiß jemand, wie die anderen Himmelsrichtungen aussehen?“
Niemand antwortete.
„Dann sollten wir das jetzt mal herausfinden. Und wir sollten nachsehen, ob sie schweres Gerät dabei haben, und wenn ja, welches.“
Die so locker geführte Ansprache war ein Befehl, das war jedem hier im Raum klar; wie genau er durchzuführen war, blieb den Offizieren überlassen.
Christian sah Hans an, irgendein geheimer und unsichtbarer
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