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Altoetting

Altoetting

Titel: Altoetting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Manuels »Darüber kann man ja noch reden!« aufhalten lassen. Nein, reden wollte Plotek nicht, und schon gar nicht mit Manuel. Wenn schon, dann höchstens mit Arno. Der wurde dann auch gleich von Manuel mit dem Handy vom Spielleiter Niederbühler informiert. Noch bevor Plotek außer Sichtweite war, wusste Arno schon Bescheid. Er ließ Manuel erst gar nicht ausreden, sondern hat sofort die Beine untern Arm genommen und ist losgerannt, um zu retten, was kaum mehr zu retten war.

    Im Hotel roch es noch immer nach Sauerkraut und Plotek hatte noch immer Kopfschmerzen. Als er an der Rezeption des Hotels vorbei die Treppen zu seinem Zimmer hochsteigen wollte, hat er hinter sich ein »Halt!« gehört. Es war die Wirtin mit einem Brief in der Hand.
    »Herr Plotek, der ist für Sie!«, hat die Wirtin gesagt. »Ich hab Ihnen jetzt das Zimmer unterm Dach nach hinten raus gegeben, wegen dem Asphalt vorne. Bestimmt haben Sie’s heute Morgen gehört. Dafür möchte ich mich nochmals entschuldigen.«
    Plotek hätte jetzt sagen können, mir egal, weil Zimmer ist jetzt überflüssig, denn die Abreise steht bevor. Aber Plotek hat kein Wort über die Lippen gebracht, im Kopf waren noch immer die Unverschämtheit mit dem Judas-Text und die 25 Worte – jetzt alles völlig durcheinander. Verraten, Silberlinge, unschuldig Blut, übel getan, Rabbi, ich habe dreißig und »Was wollt ihr mir geben?«, ist Plotek, noch ganz in Gedanken an den Judas-Text, aus dem Mund gefallen.
    »Den Brief!«, hat die Wirtin gesagt und Ploteks dritte Person ignoriert.
    Bin ich’s, übel getan, dreißig Silberlinge, »Abgemacht!«, war Ploteks verbalisierter Gedanke zu hören. Und schon ist der Brief in der Hand der Wirtin hochgeschnellt und Plotek in die Augen gesprungen. Plotek wollte den Blick wegnehmen, seine Augen vom Brief reißen, sich wieder der Abreise zuwenden, aber – die Schrift auf dem Kuvert! Gekrakelt, alles klein und wie schon mal gesehen. Auf den ersten Blick war die Schrift ziemlich bekannt. Auf den zweiten noch bekannter, und plötzlich war der Gedanke an die Abreise schon weniger präsent. Der Gedanke war wie durchs Großhirn und den Thalamus gefallen, irgendwo zwischen den Hemisphären eingeklemmt.

    für plotek ( j.)

    stand auf dem Kuvert und darunter die Adresse vom Hotel. Anstelle des Gedankens an die Abreise hatte Plotek jetzt wieder Luft im Hirn und einen Blick wie ein Schwamm. Er steckte gedankenlos und wie automatisch den Finger ins Kuvert.
    Die Wirtin: »Ach so, Herr Plotek, das hätte ich jetzt bald vergessen, Besuch für Sie, in der Gaststube.«
    Plotek ist noch mehr zum Schwamm geworden und hat einen Zettel aus dem Kuvert gefischt. Es war ein kariertes Papier, wieder mit Krakelschrift und alles kleingeschrieben.

    es ist besser, dass du einäugig zum leben eingehest, als dass du zwei augen habest und werdest in das höllische feuer geworfen

    hat Plotek vom Blatt gelesen und überhaupt nicht mehr an Abreise gedacht. Der Gedanke war aus den Hemisphären ausgeschieden.
    »Geht es Ihnen nicht gut? Brauchen Sie vielleicht einen Arzt oder. . . ?«
    Vergiss es – Plotek hat keinen Arzt gebraucht, sondern einzig den Durchblick: Was hat das auf dem Zettel zu bedeuten? Vielleicht ein Scherz? Werdest in das höllische Feuer geworfen – eine Warnung? Oder. . . ich habe übel getan, einäugig zum Leben, dreißig Silberlinge. Alles ist in ihm jetzt wieder drunter und drüber gegangen wie bei einer Achterbahn im Hirn. Plotek hat sich mal wieder beim Denken ertappt, die Gedanken weggewischt, sich von der Wirtin ab- und zur Treppe hingewendet. Er war schon zwei Stufen hinaufgestiegen, als er wieder ein »Halt!« von hinten hörte. Es war wieder die Wirtin.
    Wieder »Was wollt ihr mir geben?«, vom in Gedanken verstrickten Plotek.
    »Ihr Besuch! In der Gaststube, Herr Plotek!«
    Herr Plotek, hat Plotek gedacht, nicht Judas, keine Silberlinge, kein Verrat im Kopf, sondern Besuch.
    »Danke!«, hat Plotek gesagt, ist an der Wirtin vorbeigegangen und gleich zum Gast in die Gaststube.

    »Es ist nicht so, wie du glaubst«, hat Arno gesagt, ist vom Sitz aufgesprungen und Plotek entgegengestürmt.
    Und noch bevor Plotek ein Wort sagen konnte, prasselte eine wasserfallartige Wortkaskade ohne Punkt und Komma auf ihn nieder:
    »Ich weiß, dass du jetzt verärgert bist, ja der Eindruck kann entstehen, dass . . . aber es ist nicht so, ich hab gesagt und dazu stehe ich. . . große Rolle für dich, ja, wenn du willst, auch Hauptrolle . . . der Judas ist

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