Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
Vom Netzwerk:
sagte ich. »Wortwörtlich. Als ich mich weigerte, drehte der Mann durch.«
    Der Leibwächter fluchte. Auf Italienisch und ziemlich lange. Sein Kollege mischte sich ein, Luigi gab Kontra. Zerwürfnis unter Landsleuten? Oder Verständigung über die Wahl der Folterinstrumente?
    Mit einer Handbewegung brachte Petazzi seine Angestellten zum Schweigen und bat um eine Erklärung. Nerius holte groß aus, aber schon nach drei Sätzen schnitt ihm Luigi barsch das Wort ab, um seine eigene Version zum Besten zu geben. Ohne Weichzeichner. Ich wartete gespannt auf Petazzis Reaktion.
    Zack, ratsch, bumm: Luigi redete auch wie ein Leibwächter. Ich verstand »Peter Müller« und »Beatrice« und »Koller«. Außerdem etwas, was ich mit »Die spinnen, die Preußen« übersetzt hätte. Nach dem finalen Ausrufezeichen des Gorillas herrschte Stille. Petazzi starrte den Hünen an, ob noch etwas käme. Als nichts kam, brach er in Lachen aus. Es war kein schönes Lachen und schon gar kein ehrliches. Beatrices Vater spielte den amüsierten Nationalhelden, dem ein germanischer Mischling ans Denkmal gepinkelt hatte. Er saß in einem Korbsessel neben dem Altar für seine Tochter, den rechten Ellbogen auf die Lehne gestützt, drei Finger am Kinn, und gönnte sich den Luxus eines kurzen, prustenden Lachens. Bei aller Liebe, meine deutschen Freunde! Fällt euch nichts Originelleres ein? Wenn ihr Streit wollt, dann bitte richtig. Etwas mehr Niveau, klar? Amici tedeschi!
    Fünf Leute warteten darauf, dass sein Lachen zu Ende war.
    Dann war es zu Ende. Petazzi nahm die Hand vom Kinn und sah uns ernst an. Zurück zum Thema, liebe Freunde. Wo waren wir stehen geblieben? Er sagte etwas Kurzes, Endgültiges. Luigi nickte und zeigte fragend auf mich. Petazzi schüttelte den Kopf.
    »Finden Sie heraus, wer dieser Müller ist«, sagte Renate Urban, »und bringen Sie ihn dazu, sich bei Signor Petazzi zu entschuldigen. Dann sollte die Angelegenheit vergessen sein.«
    Täuschte ich mich, oder warf ihr Luigi einen bitterbösen Blick zu? Ich täuschte mich nicht, aber der Kerl war bloß eine Sicherheitsweste in Übergröße und wurde weder fürs Denken noch fürs Bösesein bezahlt.
    »Gut«, nickte ich. »Wenn dieses Thema nun gegessen ist: Ich hätte da noch etwas mit Ihnen zu besprechen. Vielleicht gibt es eine Spur zu den Mördern.«
    »Schießen Sie los!«, ließ Petazzi ausrichten.
    Ich berichtete von meiner Begegnung mit dem Frettchen. Es gab jede Menge Nachfragen: für wie glaubwürdig ich den Informanten hielt. Ob er das Geld wert sei. Ob ich an die Existenz der Arischen Front glaubte. Nerius, von Petazzi wieder zum Übersetzer erkoren, redete sich den Mund fusselig.
    »Ja«, sagte ich, »inzwischen bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass es tatsächlich eine Gruppe dieses Namens gibt. Vielleicht ist es nur eine Horde von Hooligans, die nichts mit dem Anschlag zu tun hat. Das kann ich nicht beurteilen. Insofern bedeutet es ein Risiko, so viel Geld zu investieren. Ob es sich lohnt, müssen Sie entscheiden.«
    Natürlich fiel Petazzi die Entscheidung nicht schwer. 50 Mille, ein Klacks für ihn. Portokasse auf, Informationen rein! Obwohl, so ganz ohne gab er sie nicht aus der Hand. Ich sollte das Frettchen mit 10.000 anfüttern und ihm den Rest erst geben, wenn er wirklich etwas Brauchbares anzubieten hatte. Das würden schöne Verhandlungen werden! Ich sah den Kleinen schon mit zitternden Händen nach den Scheinen greifen. In Tränen würde er ausbrechen, wenn er die erhoffte Summe nicht bekam, in deutsche, rassenreine Tränen!
    Davon, die Polizei einzuschalten, war übrigens nicht ein einziges Mal die Rede. Petazzis Nicken beendete schließlich die Audienz. Der Kunsthistoriker geleitete mich ins Haus zurück.
    »Sehen Sie«, triumphierte er. »Eine prima Idee, unser Zeitungsartikel. Das müssen Sie zugeben.«
    »Genauso gut wie die Theorie vom Auftragsmord an Beatrice Petazzi. Wenn die Arische Front hinter dem Anschlag steckt, ist diese Theorie Asche.«
    Er lächelte. »Sie können nicht verlieren, Herr Koller. Das ist Ihr Problem.«
    Ja, vielleicht war es das. Wer kann schon in Würde verlieren? Ich jedenfalls hatte nach diesem kurzen Dialog den unbändigen Wunsch, dem eingebildeten Kinnbart eins auszuwischen, und ich wusste auch schon, wie. Ich musste nur seine Frau abpassen. Bis es so weit war, strolchte ich durch die Galerie, kippte mir Wein hinter die Binde, betrachtete die trauernden Steinskulpturen, suchte Covet. Ein Weilchen sah ich dem

Weitere Kostenlose Bücher