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Altstadtrebellen

Altstadtrebellen

Titel: Altstadtrebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Giebel
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Raum.
     
    »Nicht, ja, … dann äh, wenn ich schon mal stehe, nicht wahr, dann gehe ich auf den Lokus, oder wie man so sagt, für kleine Jungs…«, langsam verlässt er den Raum. »Hm, oder wo selbst der Kaiser zu Fuß hinmuss, oder was gibt es noch, das Wasser abschlagen, oder…«
     
    Aber da war er nicht mehr zu verstehen.
     
    Vom Stehtisch meldet sich Bronske: »Lucie, bring mir noch ein Packl Roth-Händle!«
     
    Die große Lucie musste dann irgendwann ihr kleines Lokal schließen, die Brauerei war der Meinung, man müsste erst mal renovieren, und danach hätte Lucie ein Vielfaches an Pacht zahlen müssen. Dort, wo sie war, befindet sich jetzt der Szenemexikaner »Los Patchos« oder so. Lucie hat recht bald danach ein neues kleines Lokal eröffnet, etwas außerhalb der Stadt in einem neu erschlossenen Industriegebiet. Und ihre Stammgäste zogen mit.
     

Ausflug in die Hauptstadt
     

Abjerutscht in de Schattenseite vonne Jesellschaft
     
    Als ich das letzte Mal in Berlin war, da hatte der Verpackungskünstler Christo den Reichstag noch nicht verhüllt, in der Oranienburger Straße gab es noch keine schummrigen Speiserestaurants mit Kerzenlicht, und man bezahlte noch mit D-Mark. Als Münchner fiel mir vor allem das U-Bahn-Fahren schwer, weil alles so anders war. Allein die Schnorrer sind viel besser organisiert: Die stehen oben an der U-Bahntreppe, und zwar an jeder, da gibt es kein Entrinnen. Bevor ich das Hotelzimmer verließ, steckte ich immer drei Markstücke in die Tasche und dachte mir, die ersten drei kriegen jeder eine Mark, dann kann ich zum Vierten ohne schlechtes Gewissen sagen, ich hab heute schon.
     
    Da ich jeden Tag dieselbe Strecke hatte, erkannte mich mein Stammschnorrer schon von Weitem, und als ich gerade mein Markstück zücken will, meinte er: »Solln wa mal’n Tach ausfallen lassen?«
     
    Das U-Bahn-Fahren selber ist im Vergleich zu München ein echtes Erlebnis. In München fährt man halt einfach Bahn. Aber in Berlin, da sieht man Menschen, die für die Kurzstrecke zwischen zwei Stationen ihr Strickzeug auspacken, zwei rechts, drei links, eins fallen lassen, einpacken und wieder aussteigen. Vor lauter Zuschauen bekam ich schon nervöses Augenflattern. Bei der nächsten Station stiegen zwei junge Männer ein, blitzschnell lief der eine mit aufgehaltenem Hut durch, der andere hatte die Gitarre im Anschlag: »There is a House in New Orleans…« Hab ich mir gedacht, das ist ja großartig, Livemusik in der U-Bahn, hab sofort drei Mark raus, in den Hut geschmissen, seltsamerweise war ich der Einzige in diesem Wagon, der bezahlt hat, schon war die nächste Station da, und die beiden stiegen mitten im Lied aus. Toll dachte ich mir, zahlst du drei Mark, aber der singt nicht mal das Lied zu Ende. Ich kann doch nicht von Wagon zu Wagon laufen, nur um zu kontrollieren, ob er es überhaupt zu Ende singt. Als Nächstes stieg ein Obdachlosenheftverkäufer ein. In München stehen die eher so da wie die Zeugen Jehovas, manche rufen im Vorbeigehen: »Biss«. Biss ist die Abkürzung für »Bürger in sozialen Schwierigkeiten«. In Berlin heißt das Heft Motz, was das heißt, weiß ich nicht, vielleicht »Männer ohne tolle Zugehfrau«, auf jeden Fall sind die da wesentlich aktiver.
     
    Der kam also in die U-Bahn und fing an zu erzählen: »Ja, hallo, mein Name ist Paule, ick wünsche Ihnen erst mal einen wunderschönen Tag, ick bin durch unglückliche Umstände abjerutscht in de Schattenseite vonne Jesellschaft, ick hab früher mal in der Wäscherei jearbeitet, hatte so’n Hund dabei, Morlock, so’n Mischlingspinscher, is jetzt ooch schon jestorben, möge der Herr seiner armen Hundeseele gnädich sein, auf jeden Fall hat der Morlock irgendwann mal reingekackt in so’n Wäschekorb, und dadurch bin ick abjerutscht in de Schattenseite vonne Jesellschaft, bin aber uffm besten Wech zur Rekonvaleszenz oder wie das heißt und würde mich freuen, wenn Sie mir so’n Motz -Heft abkaufen würden für zwofuffzich, wenn nicht, isses och o.k., ansonsten wünsch ick Ihnen einen wunderschönen Tach!«
     
    Ich war wieder begeistert! Erzählt der da eine tolle Geschichte in der U-Bahn, ich sofort drei Mark raus, wieder als Einziger, der stieg aus, kam der Nächste rein: »Ja, erst mal einen wunderschönen Tag, ick bin abjerutscht in die Schattenseite vonne Jesellschaft, war früher Drogendealer, Waffenhändler, hab auch ab und zu’n paar Asylanten illegal reinjeschleußt, aber ick hab mir jeändert und würde

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