Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Altstadtrebellen

Altstadtrebellen

Titel: Altstadtrebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Giebel
Vom Netzwerk:
Die Serie gibt es nicht wirklich?«
     
    »Ja, freilich, die gibt’s wirklich, die schau ich mir schon seit Jahren an!«
     
    »Seit Jahren schaust du dir Reich und Schön an, da müsste sie aber inzwischen ›Immer noch reich, aber ziemlich alt und hässlich‹ heißen, oder?«
     
    »Ha, das ist wieder dein Humor, Simmermann, hahaha, alt und hässlich, hahaha.«
     
    Darauf folgen drei Minuten unfreiwilligen Schweigens. Walter blickt durch den Raum: »Sehr schön hat sie es wieder eingerichtet, die Lucie, da mit dem Bronske, mit dem Stehtisch, einwandfrei!«
     
    Er wendet seinen Blick Richtung Küche: »Lucie, sehr schön hast du es wieder gemacht, gefällt mir sehr gut, kein überflüssiger Schnickschnack. Bloß schade, dass so selten Fremdgäste reinkommen, das täte mir gefallen, wenn die öfters kämen und sehen täten, wie gut wir uns immer unterhalten!«
     
    »Wieso, wir haben doch jetzt gar nichts geredet!«, gibt Simmermann zu bedenken.
     
    »Ja, ist ja auch keiner da!«
     
    Meine Anwesenheit wird nicht bewertet, da ich tief versunken in einem Manuskript einer Conférence zu einem 85. Geburtstag herumkritzele.
     
    »Eheeehh, habt ihr schon mal einen Film gesehen von Aki Kaurismäki, da reden die oft zehn Minuten lang nichts!«
     
    »Ist halt ein Stummfilm, oder?!«
     
    »Naa, Walter, ich weiß schon, was er meint, des is, äh, wart, ich hab mir’s aufgeschrieben!« Simmermann holt wieder ein paar zerfranste Papierfetzen aus seiner Hosentasche: »Ich kann mir nichts mehr merken, da haben wir’s … Filmkunst, das meinst du doch, Chosy, da schauen sich die Leute im Kino so einen Film an und sagen dann: ›Das hat mir mal gefallen, ein Film, in dem sie zehn Minuten nichts geredet haben!‹«
     
    »Ja ja, drüber reden können sie«, meint Walter, »aber selber schweigen können sie nicht!«
     
    Trotzig erwidert Simmermann: »Ich könnte das schon!«
     
    »Entschuldigen Sie, wenn ich mich da einmische …«, meldet sich Fred von hinten, »ja, hehe, ich bin auch wieder da, ja, wollte nur mal sagen, weil ich das gerade so gehört habe, das gefällt mir, wie Sie sich unterhalten, Sie unterhalten sich über das Schweigen, das ist, wenn Sie mich fragen, fast schon Expressionismus, da denke ich an Dadaismus und Kurt Schwitters, übrigens ein Hannoveraner, nicht wahr, den kennen Sie jetzt nicht, aber das gefällt mir, die Runde des Schweigens, das hat so was, so was…«
     
    Da unterbricht Simmermann etwas lauter: »Weißt was. Mach halt einfach mit und halt dein Maul!«
     
    »Eheehh, habt ihr schon mal gemerkt, dass ich oft eine halbe Stunde überhaupt nichts rede?«
     
    »Nein«, meint Walter, »wie sollen wir das merken, wenn wir uns unterhalten, das hört man ja nicht!«
     
    »Ich könnte das schon«, wiederholt Simmermann.
     
    »Ja, dann fang halt einmal an«, sagt Walter.
     
    »Ja, hab ich doch schon längst.«
     
    »Ja, wann denn?«
     
    »Na vorhin.«
     
    »So? Wir haben doch noch gar nichts ausgemacht.«
     
    »Jetzt lass mich doch mal ausschweigen.«
     
    »Hehe, ist schon gut, ich wollte ja bloß wissen, wie lang…«
     
    »So, jetzt reicht’s mir, jetzt mag ich nicht mehr schweigen, jetzt ist es mir Wurscht, kannst wieder reden, also, was is, sag was!«
     
    »Ja, jetzt fällt mir auch nichts ein!«
     
    »So, jetzt fällt dir nichts ein?«
     
    »Wenn du mich so drängelst, dann, dann…« Walter wendet sich gekränkt von der Tischrunde ab.
     

Ungewaschene Glöckner
     
    Es folgt wieder eine Weile des unfreiwilligen Schweigens.
     
    Walter setzt mit einem leichten Stöhnlaut neu an: »Öh, was ist denn jetzt mit deinem Bruder, hat er mal wieder einen Brief geschrieben?«
     
    »Brief geschrieben, Brief geschrieben«, regt sich Simmermann auf. Wie er so reagiert, hat Walter offensichtlich einen wunden Punkt berührt. »Ich hab ihn noch mal angerufen, der weiß, dass wir umgezogen sind, der könnte doch einmal hier vorbeischauen! Langsam pressiert’s, mir geht das Geld aus!«
     
    »Aha, siehst du, dann täte dir das auch gefallen, wenn du reich und schön wärst?«
     
    Simmermann blickt ihn entsetzt an: »Was soll jetzt das heißen? Du, reich wär ich schon längst, wenn ich mein Geld nicht ausgegeben hätte, und von dem anderen reden wir nicht. Wenn ich so eine depperte Lätschen hätte wie du, täte ich mir auch Gedanken machen!«
     
    »Schönheit kommt von innen, Simmermann, außerdem kann man sich’s nicht raussuchen!«
     
    »Schönheit kommt von innen, ja, ich wasch mich

Weitere Kostenlose Bücher