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Altstadtrebellen

Altstadtrebellen

Titel: Altstadtrebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Giebel
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und eine Frau. Also die zwei ein Paar und ich. Ich mag das nicht. Ich hab das dick, dieses Zusammengebappe. Beim Frühstück schon zu zweit auf einem Stuhl, da reicht’s mir schon. Als gordischer Knoten, unlösbar. Ich habe immer versucht, mit den unsinnigsten Anfragen zu stören: »Brauchen wir nicht einen Feuerlöscher?«
     
    »Habt ihr gewusst, dass der Wasserverbrauch in Amsterdam höher ist als in ganz Island?«
     
    Damit hatten die beiden einen gemeinsamen Feind, nämlich mich, und das verbindet wieder. Also wieder ein Fehler.
     
    Sie hat dann geerbt, die beiden haben sich ein Haus gekauft, ein Kind zugelegt, nicht zwei, denn sie wollte ihre Eigenständigkeit behalten, oder nicht verlieren, eins von beiden. Und wie das dann so geht, hat sie sich dann doch von ihm getrennt.
     
    Und jetzt lebt der Elmar doch so gesund! Der hat früher schon gesund gelebt, aber eben so normal gesund. War aber auch schon schlimm. In dieser Wohngemeinschaft mit diesen Geräten im Gang. Denn wenn man um fünf Uhr morgens heimkommt, nach einem kleinen Umtrunk mit Freunden, hat man nur mehr so den Tunnelblick für seine Zimmertür und schaut nicht, ob da noch irgendwo ein Laufband rumsteht oder 20-Kilo-Hanteln am Boden rumliegen. Außerdem hat man um diese Tageszeit in einem gewissen Zustand nur ein zu vernachlässigendes Schmerzempfinden. Aber am nächsten Tag! Überall diese blauen Flecken. Jedes Mal in der Früh hab ich mir gedacht, da hat’s dich heut Nacht wieder gscheid gschmissen.
     
    Also, damals schon gesund. Aber sie hat sich ja von ihm getrennt. Sie hat das Haus, das Kind, das Geld, der Elmar wäre also ein klassischer Fall von sozialer Verelendung. In München sowieso. Hartz IV, Isarbrücke, zack. Aber er hat sich finanziell über Wasser halten können mit der Moderation von Sportveranstaltungen, Nachmittagsbingo und natürlich Benefiz, da hat er am meisten verdient. Das Finanzielle war nicht sein Problem, aber die Psyche.
     
    Das ist bei manchen Menschen so nach einer Trennung, da ändert sich im Kopf oft einiges. Das geht meistens seitlich bei den Schläfenlappen los, dann kommen die Stirnlappen dazu, irgendwann überlappt sich dann alles. Bei ihm war’s so, er hat sich durch diese Trennung noch mehr in sich hineingesteigert, die Gesundheitswahndosis erhöht, einen Apparat hat er sich kommen lassen, aus Amerika. Wahrscheinlich von so einer Fernsehdauerwerbesendung. So einen Gesamtkörpereinsatztrainer. Er hat’s mir erklärt. Ich weiß nicht genau, wie die Maschine heißt. Irgendwas mit »Spiritual-Body-Concept-Illusions«.
     
    Auf jeden Fall hat er es mir erklärt. Er sitzt irgendwie so halbseitig quer drin. Die Arme über Kreuz. Die eine Hand nach vorne schiebend, die andere zur Seite pressend. Den linken Fuß im Pedal elliptisch mit Widerstand. Das rechte Knie zylindrisch nach außen dehnend. Den Kopf schräg mit einem Bügel mit Widerstand nach vorne beugend. Im Oberschenkel-Bauch Bereich alles mit Schwachstromelektroden, die den Körper vibrationsartig zucken lassen.
     
    Für den Genitalbereich war, glaube ich, nichts dabei. Oder er hat’s mir vorenthalten, ich weiß es nicht.
     
    Jetzt hat der Elmar, dieser Wahnsinnige, diese Maschine in zwei Tagen erledigt. Ich möchte nicht wissen, wie der darin rumgewerkelt hat.
     
    Irgendein Teil hat’s ihm rausgeschnalzt. Also der Maschine. Ihm sicher auch, aber das muss in der frühesten Kindheit passiert sein.
     
    Nach zwölf Jahren ruft mich der Elmar also an, ob ich eventuell Lust hätte, mit ihm das defekte Teil zu besorgen, weil ich mich doch handwerklich so gut auskenne.
     
    Also sage ich zu ihm: »Gut, Elmar, du kommst jetzt nach München, und wir gehen in die Stadtmitte. Da gibt’s a Menge Läden, a Menge Geschäfte, da werden wir schon was finden.«
     
    Jetzt hat mir der Elmar richtig leidgetan. Wie der schon dahergekommen ist. Der hat so einen Gang gehabt, so leicht schräg, nach vorne gebeugt. Mühsam hat er sich hergeschleppt. Der hat doch solche Schmerzen gehabt. Von dieser Maschine. Irgendwie ist es auch logisch. Wenn man zwei Tage lang Bewegungen macht, die man sein Leben lang nicht mehr braucht, da denkt sich der Körper auch irgendwann sein Teil!
     

Rund um den Markt
     

Fleischpflanzerl mit Kartoffelsalat
     
    So standen wir dann in der Münchner Innenstadt, direkt am Viktualienmarkt, wir drei, er, dieses Teil und ich.
     
    Ich sagte zu ihm: »Pass auf, Elmar, wir fangen da drüben an beim Sport Scheck, da gibt es eine Menge ähnlicher

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