Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge
halten, uns bemühen zu verstehen, was junge Menschen heutzutage belastet und bedrückt, mit ihnen reden, über alles, wozu sie mit uns zu reden bereit sind.
Meine Regierung hat immer dafür gesorgt, dass unser Kontakt zur Jugend nicht abreißt. Vor allem unsere Arbeit in Australien führte uns aus der gewohnten Umgebung Gleichaltriger heraus, mit einem kühnen Sprung hinein in die Mentalität einer jüngeren Welt, in das Arbeitstempo von Menschen, die alle zwanzig Jahre jünger waren als wir. Das hat uns ganz schön auf Trab gebracht. Bindeglied war oft unser Sohn Thomas. Er hat uns geholfen, Probleme unserer jungen Mitarbeiter zu verstehen, mit ihnen darüber zu reden und so weit möglich mit ihnen zusammen zu klären.
Andererseits hat er für uns um Verständnis bei den Jungen geworben, wenn wir Alten uns mit unseren Schwierigkeiten plagten. Das führte zu Geduld miteinander und Verständnis füreinander. Und es führte dazu, dass der ganze Haufen am Abend, nach den anstrengenden Dreharbeiten im australischen Outback etwa, nicht in verschiedene Richtungen auseinander lief, sondern zusammenhockte, um ein BBQ herum, und bei Lamm, Kaninchen, Steak oder Würstchen über dem Holzkohlenfeuer, bei mehreren Sixpacks Bier Sorgen, Freuden, Erlebnisse, und Erfahrungen des Tages austauschten. Dabei haben wir Alten von den Jungen mindestens ebenso viel gelernt wie umgekehrt.
Vor einem halben Jahrhundert, ich war ein flotter »Mittdreißiger«, hatte ich das Glück, mit einem der Großen aus Hollywood vor der Kamera zu stehen. Es war so eine Art »Spaghetti-Western«. Wenn ich mich recht erinnere, hieß der Schinken »10.000 Dollar auf den Kopf von Jonny Ringo«.
Jonny Ringo war Lex Barker, nach Johnny Weissmüller schönster und erfolgreichster »Tarzan«, den Hollywood auf dem Sektor männlicher Nackedeis auf die Leinwand brachte.
Mann, hatte der einen Körper. Neben ihm kam ich
mir vor wie ein unterbelichteter Wicht. Lex Barker wusste gut mit dem Pfund zu wuchern, das ihm die Natur mitgegeben hatte, war aber ständig bemüht, sein Erscheinungsbild noch zu verbessern.
Wann immer und wo immer er konnte, entblößte er seinen markanten Oberkörper und setzte sich in die pralle Sonne. Nicht genug damit, er hielt sich eine Art Fächer vor die Nase. Dieser Fächer war auf der Innenseite mit Silberfolie beklebt, entwickelte eine enorme Hitze und erhöhte den Bräunungseffekt.
Als Schauspieler hatte ich weniger Angst vor dem Superstar, da dachte ich, kann ich mithalten. Letzten Endes kochen wir alle mit Wasser. Aber mit dem Aussehen? Ich brauchte doch nur in den Spiegel zu schauen. Lex war an die zwei Meter groß, ich brachte mal grade einhundertsiebenundsiebzig Zentimeter an die Messlatte. Wie konnte ich Blassgesicht neben einer solchen Portion von Mann bestehen?
Irgendwann saß ich halt neben ihm, da unten im Süden Spaniens, im Park hinter dem Hotel, am Schwimmbad oder in den Drehpausen am Motiv und hielt mir auch so eine Silberfolie vor die Nase.
Mit solchen blödsinnigen und gefährlichen »Gesichtsbrutzlern« bräunten wir - unsere Texte memorierend - vor uns hin und hatten bald einen Teint
Marke Lederstrumpf. Es fehlte keineswegs an Warnungen, vor allem von meiner Regierung: »Du verbrennst dir noch das Hirn...!«
Natürlich hatte sie recht, aber was macht man gegen Eitelkeit und Minderwertigkeitskomplexe? Heute, im Alter, zahle ich die Rechnung für diesen jugendlichen Unsinn.
»Das sind ernste Lichtschäden auf Ihrer Nase«, sagte die Hautärztin, »da müssen wir was tun!«
»Was?«
»Keine Sonne mehr!«
»Und sonst?«
»Die Haut schützen, Sie sollten eine Kosmetikerin zurate ziehen!«
Meine Hautärztin sieht sehr jung aus. Ob sie wohl die nötige Erfahrung hat?
»Wenn Sie mir nicht glauben, wir haben eine Kosmetikerin im Haus?«
Was macht man in so einem Fall? Man grinst höflich und sagt: »Von Männerkosmetik halte ich nicht viel! Aber wenn Sie meinen...«
Die Kosmetikerin war ebenfalls sehr attraktiv.
Was macht man in so einem Fall? Man grinst abermals höflich und meint: »Wir können’s ja mal versuchen. Gleich?«
»Nein, in drei Wochen! Ich habe Termine bis Ende nächstes Jahr!«
Ich hatte also drei Wochen Zeit, über die Lichtschäden in meinem Gesicht, besonders die auf der Nase, nachzudenken. Ich dachte an die Dreharbeiten im australischen Outback, in glühender Sonne, bis zu 40 °C im Schatten, an das viel diskutierte Ozonloch über der Antarktis. Immerhin haben wir dort
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