Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
Vom Netzwerk:
zehn Jahre gewohnt, direkt am Strand des Derwent River.
    Ich dachte an mein kleines, aber feines Boot »ALLES KLAR«. Katamaran, zehn Meter lang, zwei starke Dieselmotoren. Meine Freude als Kapitän auf der »Flying Bridge«, bei den Hochseeaufnahmen für unsere Fernsehserie für die ARD, TERRA AUSTRALIS, wurde durch meine Herzkrankheit beendet. Die Ärzte verwiesen auf die Unverträglichkeit von Diesel-Magnetzündungen und Herzschrittmachern.
    »Eines Tages kippst du am Steuer deines Dampfers um und weißt nicht warum!«
     
    Wir lachten, als wir das erste Mal sahen, wie braungebrannte Männer am berühmten Manly Beach von Sydney mit Spritzpistolen die Reihen der Sonnenanbeter abliefen und ihnen für einen Dollar eine Ladung Sonnenöl auf die Leiber sprühten. Hab ich mir die Lichtschäden in Australien geholt?

    »Nein!«, sagte die Kosmetikerin, »die sitzen tiefer und sind älter. Haben Sie eine Sonnenbank?«
    »Nein, ich bin ein naturdunkler Hauttyp. In diesen Lichtsärgen kriege ich Platzangst, das hab ich mir im Bergwerk eingehandelt, aber da war’s ziemlich dunkel!«
    Irgendwann erzählte ich ihr von dem blöden Blendenwettstreit mit Lex Barker.
    »Oh je«, sagte sie nur und fing an, zu schmirgeln, zu salben und zu ölen. Der Erfolg war offenbar sichtbar, nach der dritten Behandlung fragte mich tatsächlich jemand, ob ich mich hätte operieren lassen?!
    Und dennoch landete ich auf dem Stuhl eines Münchner HNO-Professors. Der richtete ein beachtliches Vergrößerungsinstrument auf meine Nase, runzelte die Stirn und meinte: »Da haben Sie sich wirklich die dümmste Stelle am Körper ausgesucht. An der Nase gibt es kein Material, mit dem ich die Löcher stopfen kann.«
    Was für Löcher?
    »Wann hätten Sie denn Zeit für eine Operation?«
    Bei so etwas empfiehlt sich der Sprung ins kalte Wasser.
    »So bald wie möglich?«
    »Wollen Sie dabei schlafen?«

    »So tief wie möglich!«
    »Dann werde ich das mal arrangieren.«
    Zwei Wochen später spritzte mich der zugezogene Anästhesist angenehm aus dem Bewusstsein. Ich merkte nichts davon, dass die kundige Professorenhand einen respektablen, gutartigen Tumor aus der Nase schnitt.
    Nach der Operation sah ich ein paar Tage aus, als hätte ich einen Zwölf-Runden-Kampf gegen Mike Tyson verloren. Der Professor meinte zuversichtlich: »Das gibt sich. Ein paar Wochen vielleicht, dann sieht man nichts mehr, oder nur wenig!«
    Ich hoffe auf seine Erfahrung und vertraue seinem Wort. Denn auch im hohen Alter bewahrt man sich ein Quantum »Resteitelkeit«. Also verordnete ich mir Stubenarrest auf unbestimmte Zeit. Die Regierung wacht mit Argusaugen auf jede falsche Handbewegung Richtung Nase - darüber hinaus tut sie so, als störe sie die ganze Angelegenheit vom ästhetischen Standpunkt überhaupt nicht. Danke!
    Ich brauche ja nur in den Spiegel zu schauen. Ein alter Mann, unrasiert, dicknasig, blutunterlaufen, nur oberflächlich gereinigt, so was ist wahrlich kein reizvoller Anblick. Da stehst du dann und denkst: Dummheit verjährt nicht. Im Alter zahlen wir die Rechnung für unsere Jugendsünden.

    Der Professor schien erleichtert, als er den Verband abnahm.
    »Das sieht gut aus! Das war ein ziemliches Loch, aber in einem Jahr sehen Sie nichts mehr davon, oder kaum was!«
    »Keine Angst Professor, hoffentlich liegt mein Talent nicht nur in der Nase! Meine Zeit als jugendlicher Liebhaber ist schon lange vorbei!«
    »Hoffentlich nicht die des Liebhabers?«
    Das sollte eine wohlgesetzte Pointe sein, traf aber den Nagel auf den Kopf. Das Alter zeigt die Grenzen auf, die uns biologisch gesetzt sind. Der Ablauf des Lebens ist eine unaufhaltsame biologische und auch genetische Ungerechtigkeit. Jüngst wurden die von mir am meisten respektierten Politiker, Richard von Weizsäcker und Helmut Schmidt, zu ihren 90. Geburtstagen geehrt. Bundeskanzler Helmut Schmidt, befragt, was ihn vom ebenfalls jetzt Neunzigjährigen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker unterscheide, antwortete: »Er ist besser zu Fuß als ich. Er hat Glück gehabt, er hat die besseren Gene erwischt!«
     
    Die Jahre fordern ihren Tribut. Bei jedem! Die Frage ist vielmehr, wie geht man damit um? Versteckt man die immer deutlicher werdenden Unzulänglichkeiten, empfindet man Schwerhörigkeit, Gleichgewichtsstörungen,
Gliederschmerzen, nachlassendes Reaktionsvermögen, Schlaflosigkeit, Entscheidungsunsicherheit, Sehschwierigkeiten und was es sonst an Alterserscheinungen gibt, oder akzeptiert man das alles

Weitere Kostenlose Bücher