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Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
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dem Süden heran und direkt aufeinander zu. Es ging blitzschnell, dann trafen jene Wolkenmassen aufeinander und sofort zuckten gewaltige Blitze zur Erde hinab. Jetzt konnte Tian auch im Osten eine wogende schwarze Masse erkennen, die sich der Stadt langsam näherte. Minuten später kam sie noch einmal zum Stillstand. Dies war der Augenblick, wo sich beide Armeen Aug' in Aug' gegenüberlagen. Die feindliche Reiterei hatte noch einmal angehalten, um auf die Fußtruppen zu warten. Düstere Stille legte sich mit einem Male wieder über das Land, als das Donnern der Hufe verklungen war. Tian meinte, Verwesungsgestank wahrzunehmen und fragte sich ob dies eine Vorahnung oder bloße Einbildung war. Dann schien sich im Osten etwas zu bewegen und im gleichen Moment erklang der hohe Ton von dutzenden Kriegshörnern der Argion. Tian drehte sich im Sattel, stieß seinem Pferd in die Flanken und ließ es losgaloppieren.
     
    Sie schienen nur so dahinzufliegen und das einzige Geräusch, das er noch wahrnahm, war das Donnern tausender, galoppierender Hufe in seinem Rücken. Der Wind trieb ihm die Tränen in die Augen doch er bemerkte es nicht einmal, so ungeheuerlich war die Anspannung wegen der bevorstehenden Schlacht. Einen kurzen Moment lang fühlte er sich klein und nichtig angesichts der Urgewalten, die gleich aufeinandertreffen würden, dann umspülte wilde Entschlossenheit sein Denken und drängte alles andere beiseite. Hinter ihm begannen die Reiter damit, die Staffelung aufzulösen, um auf möglichst breiter Front und keilförmig in die feindliche Flanke zu stürmen, während auf der gegenüberliegenden Seite genau das Gleiche passieren würde. Langsam schälten sich vor ihm Einzelheiten heraus und er bemerkte, dass der Aufprall der feindlichen Streitmacht auf die wartenden Argion unmittelbar bevorstand. Fast nebensächlich erschien ihm, dass dort, wo die großen Armeen aufeinandertreffen würden, ein völlig unmöglicher Gewittersturm über den Köpfen der Soldaten tobte. Der Wind trieb den Regen in jedem neuen Augenblick in eine andere Richtung und die zuckenden Blitze ergänzten das chaotische Bild, doch Tian war viel zu angespannt und alles in ihm drängte danach, sich krachend zu entladen. Ein gewaltiger Schlag, fast ein Donnern erklang vor ihm, als tausende anstürmende Reiter des Feindes auf die wartenden Reihen der Argion trafen, gleich danach setzte der Lärm einer noch nie dagewesenen Schlacht ein, die sogar die Hufe der hinter ihm stürmenden Reiter unhörbar machte. Deutlich sah er vor sich schon tausende laufende Beine von Kragiern, Menschen und Tepilen oder springende Skonen, die die Front noch nicht erreicht hatten und seinen anstürmenden Reitern gleich im Weg sein würden. Doch der feindliche Ansturm war zunächst abgeprallt und ins Stocken geraten, weil Tausende von Fußsoldaten nicht mehr vorwärts konnten.
     
    Es waren vielleicht noch hundert Schritt! Er spürte den Regen auf seiner Haut, dann waren es achtzig, sechzig, vierzig, da stieß er einen lauten, wütenden und entschlossenen Schrei aus in den sogleich zehntausend Kehlen einfielen. Selbst auf die Entfernung glaubte Tian das Entsetzen in den Gesichtern zu erkennen, die ihnen jetzt entgegenblickten.
    Dann waren sie heran und sofort mitten drin, die anstürmende Reiterei glitt in die Meridianer, wie Stahl in Butter. Tian bemerkte die gegnerischen Kämpfer nicht einmal, die sein Pferd im Ansturm niederritt, sondern hieb einfach mit dem Schwert auf jede Bewegung, die er rechts oder links wahrnahm. Um ihn herum war nur noch unfassbar lautes Geschrei, das Tosen des Sturmes, das Klirren von Stahl auf Stahl, umherfliegende Gliedmaßen, stürzende Schemen und Blut, immer wieder Blut. Sein Gehirn hatte sich abgeschaltet und Tian fühlte sich wie ein unbeteiligter Beobachter, der unsichtbar und körperlos mitten im grausigen Geschehen war. Er hieb instinktiv wie ein Besessener um sich und trieb sein Pferd fortwährend weiter an, während in den Reihen des Feindes absolute Panik herrschte.
    Irgendwann kehrte er aus diesem merkwürdig entrückten Zustand zurück und hatte das Gefühl, dass der Lärm sogleich um ein Vielfaches anschwoll. Er verlor jegliches Zeitgefühl, trieb sein Pferd einfach weiter, bis kein Durchkommen mehr war und der Angriffsschwung erlahmte. Zehntausende Kämpfer des vorderen feindlichen Drittels wurden zusammengedrängt und jeder Möglichkeit zur Gegenwehr beraubt. Sie erstickten, wurden zu Tode getrampelt oder einfach niedergemetzelt.

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