Alvion - Vorzeichen (German Edition)
zeigte mir, dass es noch ziemlich früh am Tag war und ich ärgerte mich, dass der Befehlshaber nicht bis Mittag hatte warten können. Da ich nach dem Abschluss der Bestattungen vor der Stadt erst einmal nichts zu tun hatte und die Neueinteilung der vielen tausend Soldaten immer noch in vollem Gang war, hatte ich irrtümlich angenommen, heute länger schlafen zu können. Doch es half nichts, Befehl war Befehl und nun musste ich damit leben. Ein entsetzlicher Schmerz fuhr in meinen schweren Kopf, als ich mich etwas zu ruckartig aufsetzte, woraufhin ich sofort den Kopf in meinen Händen vergrub.
„ Ich danke dir, Soldat. Gib mir einige Minuten, dann stehe ich zu deiner Verfügung“, brummte ich mürrisch, während die Worte unnatürlich laut in meinem Kopf widerhallten. Er nickte mir zu und ging wieder nach draußen, um zu warten.
Ich benötigte nicht lange, um mich mit behutsamen Bewegungen anzukleiden und einigermaßen frisch zu machen, was immer wieder von einem unwirschen Knurren von Olk begleitet wurde.
Nachdem mich der Soldat durch die morgendlichen Straßen Perlias in ein mir nur zu gut bekanntes Bauwerk – den Sitz des königlichen Gesandten – begleitet und schließlich in einem Raum im ersten Stockwerk des Gebäudes angemeldet hatte, hatte er sich mit einem knappen Nicken von mir verabschiedet. Ich dagegen hatte den Raum betreten und mich einer kleinen Gruppe bekannter Gestalten gegenübergesehen. Unter einem der Tür gegenüberliegenden Fenster stand ein normaler Arbeitstisch, an dem im Moment Hael, der Abgesandte des Königs über einige Papiere gebeugt saß. Melin, der Befehlshaber der Armee und Allon, der Befehlshaber der städtischen Garnison hatten links von mir eine an der Wand befestigte Karte angesehen, und sich bei meinem Eintreten zu mir herumgedreht.
Auf der anderen Seite des Raumes standen drei in Kutten gehüllte Gestalten, die jedoch im Augenblick ihre Kapuzen nicht ins Gesicht gezogen hatten. Eine junge, mir unbekannte Frau mit rötlich gelockten Haaren blickte mich forschend an, neben ihr stand ein Mann, etwa zehn Jahre älter als ich, wie ich schätzte und redete leise mit einer Frau, deren Anblick ich in den letzten Tagen immer wieder herbeigesehnt hatte: Salina! Selbst auf einige Schritt Entfernung hin, konnte ich ihr Gesicht in jeder Einzelheit erkennen. In jenem Moment musste sie kurz über die zugeflüsterten Worte lächeln und dann, nur für einen winzigen Augenblick, blickte sie mich an. Im selben Moment fühlte ich mich, als wäre ein Blitz vom Himmel herab in mich gefahren und mein Herz pochte wie wild. Doch der kurze Moment verging und im gleichen Augenblick wurde ich von der anderen Seite angesprochen.
„ Alvion Trey!“, erklang die Stimme Melins, der im selben Augenblick näher an mich herantrat.
„ Sire?“, antwortete ich und straffte unwillkürlich meinen Körper, so wie es bei der Ansprache durch einen höheren Offizier bei der Armee üblich war. Melin musterte mich einen Augenblick, bevor er weiter sprach und ich glaubte ein spöttisches Funkeln in seinen Augen zu erkennen. Man musste mir offensichtlich ansehen, dass ich nicht in allerbester Verfassung war, woran mich auch ein stechender Schmerz in meinen Schläfen in diesem Moment erinnerte.
„ Ich denke, wir schulden Euch eine Entschuldigung für unser Misstrauen Euch gegenüber und unseren Dank für das, was Ihr vor wenigen Tagen getan habt!“
Mit diesen Worten traten Melin und Allon auf mich zu und reichten mir nacheinander die Hand, während Hael mit grimmiger Miene hinter seinem Tisch blieb. Gerade jener, der mich in den Verhören immer wieder auf boshafte Art und Weise attackiert und des Verrats bezichtigt hatte. Ich verzichtete darauf mich darüber zu ärgern, denn ich hatte schon damals nicht lange gebraucht, um zu erkennen, dass Hael ein durch und durch überheblicher, feiger Mann war, wenn auch unbestritten hoch intelligent. Ehe ich etwas erwidern konnte, sprach Melin bereits weiter.
„ Die ehrenwerte Salina von Zelio hat uns berichtet, was während der Schlacht geschehen ist und dass Ihr mit Eurem schnellen Handeln ihr Leben gerettet habt und vielleicht sogar den Sieg für uns, denn wer weiß was geschehen wäre, wenn der Verräter vollsten Erfolg gehabt hätte?“
„ Zu dumm, dass er nicht auch den ersten Mord verhindern konnte!“, erklang Haels’ Stimme in boshaftem Ton.
Die Blicke der drei Magier, die sich bei diesen Worten auf ihn gerichtet hatte, drückten höchste Missbilligung
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