Alvion - Vorzeichen (German Edition)
Seite wurde mir natürlich bald mit der Wucht eines heftigen Schlages ins Gesicht bewusst, dass Salina ihr Leben einem anderen Zweck gewidmet hatte und meine Werbung – sofern ich je den Mut dazu aufbrachte – abweisen würde. Auch dies erstaunte mich wiederum, da ich früher die wagemutigsten Dinge getan hatte, ohne groß darüber nachzudenken oder Furcht zu empfinden. Ich war allein durch dunkle Wälder gelaufen, hatte alleine auf weitem Feld genächtigt und oftmals ohne zu Zögern mehreren Gegnern die Stirn geboten, war in reißende Flüsse gesprungen und hatte selten Schwierigkeiten gehabt, ein Mädchen, das mir gefiel, anzusprechen und zu verführen. Doch mit Salina war es etwas anderes, was mir mehr als nur ein wenig befremdlich vorkam. Ich war bisher nur noch einmal dazu gekommen, mit ihr zu sprechen. Dabei waren meine Knie wie Butter und meine Zunge schien ein Fremdkörper in meinem Mund zu sein, etwa so als hätte ich schwer gezecht. Teilweise fühlte ich auch eine Wärme in mir selbst aufsteigen, wenn ich mich daran erinnerte, wie sie mich angelächelt hatte und meine Worte kamen mir jedes Mal wieder wie kindische Albernheiten vor, die ich zuletzt als Schuljunge von mir gegeben hatte. Ob sie etwas davon bemerkte, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, denn ihr Gesicht blieb stets freundlich aber undurchschaubar, während ich mir sicher war, dass ich sie offensichtlich angehimmelt haben musste, wie ein kleiner Welpe und mir jedes Detail ihres wunderschönen Gesichtes einprägte, während mich ihre Worte nur am Rande meines Bewusstseins erreichten. Was ich noch wusste, war ihr Versprechen, sich meiner Sache anzunehmen und sowohl mit Hael als auch mit Melin und Allon darüber zu sprechen, damit ich nicht länger unter dem Verdacht des Verrats stand. Schließlich hatte mein Eingreifen eine Tragödie verhindert, wobei der Tod eines Magiers schon schlimm genug war. Allerdings hatte ich sie noch gebeten, kein Aufheben um die Sache zu machen, denn weder fühlte ich mich wie ein Held, noch wollte ich wie einer behandelt werden.
Bisher war meine Situation unverändert, was aber vermutlich daran lag, dass es zu viele Dinge zu erledigen gab.
Die wenigen Gedanken, die sich nicht um Salina drehten, betrafen meine Zukunft, zum ersten Mal, seitdem ich wieder der Armee beigetreten war. Damals in Bilonia war mir gar nichts anderes in den Sinn gekommen, als zu kämpfen und seitdem war ich auch kaum in Ruhe zum Nachdenken gekommen, doch jetzt, nach diesem Sieg, würde für einige Zeit Ruhe in Ostsolien herrschen. Außerdem stand für mich außer Frage, dass man mir wieder mit Vertrauen begegnen musste, ansonsten, so beschloss ich, hatte ich, zumindest hier in Perlia, nichts mehr bei der Armee verloren.
Es war an eben diesem Tag, als ich auch Olk das erste Mal seit der Schlacht wieder zu Gesicht bekam, worüber ich mich ungemein freute. Eigentlich hätte ich ihn ja in unserem gemeinsamen Quartier sehen müssen, doch als er auch nach dem großen Fest nicht dort aufgetaucht war, war ich eigentlich ziemlich sicher, dass er letztlich doch noch zu den tausenden Unglücklichen gehörte, die ihr Leben gelassen hatten oder verwundet worden waren, nachdem ich ihn im Sturm auf dem Schlachtfeld aus den Augen verloren hatte. Doch Verwundete gab es wenige, denn wer in der Schlacht verwundet worden war, war zumeist auch gestorben. Umso überraschter war ich, als er am Abend auf einmal in der Tür zu meinem Quartier stand, in das ich selbst gerade erst zurückgekehrt war.
„ Olk!“, rief ich nach einem kurzen Augenblick des Staunens, rannte auf ihn zu und packte ihn an den Schultern. „Du lebst! Den Göttern sei Dank, ich hatte schon befürchtet, auch an deinem Grab stehen zu müssen.“
Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, doch es verweilte nur kurz, dann machte es einem Ausdruck großer Qual Platz.
„ Olk, was ist los?“, fragte ich ihn und betrachtete ihn forschend. Er konnte meinem Blick nicht standhalten und es dauerte einige Zeit, ehe ich ihn zum Sprechen brachte. Das Gespräch bestätigte nur das, was ich bereits vermutet hatte. Der großen Aufregung und Vorfreude auf die Schlacht war Entsetzen über das tatsächliche Erlebnis gefolgt, denn in keiner Schlacht gab es etwas Heldenhaftes oder Schönes. So wie Olk ging es vermutlich fast jedem frischen Soldaten, der den ersten großen Kampf hinter sich hatte und dessen Vorstellungen völlig in sich zusammengebrochen waren. Es war eine bittere Lektion und Olk
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