Alvion - Vorzeichen (German Edition)
sich.
„ Los kommt!“, rief mein Vater und wendete sich in Richtung Hafen. „Bleibt dicht hinter mir!“
Die meisten Leute blieben vor ihren Häusern stehen und begannen sich mit besorgten Gesichtern zu unterhalten. Einige folgten auch unserem Beispiel und liefen in Richtung Hafen. Schnell hatten wir den Marktplatz erreicht, wo sich bereits eine größere Menge versammelt hatte. Ich hörte das Murmeln von vielen Gesprächen, das im Ganzen eine beträchtliche Lautstärke erreichte, und schnappte erst einmal nach Luft, als mein Vater am Rande des Platzes stehen blieb. Die Leute redeten wirr durcheinander und wirkten ratlos und verängstigt. Meine Mutter war nahe an meinen Vater herangegangen und beide unterhielten sich flüsternd, offenbar um mich und Lyria, die meine Hand umklammert hielt, nicht noch mehr zu ängstigen. Dennoch konnte ich die Worte verstehen, die mein Vater zu meiner Mutter sagte:
„… glaub mir, ich spüre es! Sie werden sich nicht wieder beruhigen!“
Meine Mutter blickte meinen Vater fragend an und erhoffte sich wohl eine Erklärung für seine düstere Ahnung. Zuerst senkte er nur den Kopf, dann blickte er nach Norden, wo immer noch die gewaltigen Rauchsäulen in den Himmel stiegen und sich über der Insel zu einer riesigen, drohenden schwarzen Wolke vereinigten. Während sein Blick starr auf die Feuerberge gerichtet blieb, konnte ich ihn sagen hören:
„… habe Ähnliches schon einmal erlebt, damals in Naraanien, südlich von Xaor in der Wüste.“
Dies schien eine erschreckende Wirkung auf meine Mutter zu haben und ich überlegte, was ich über Xaor wusste. Eine Hafenstadt Naraaniens am kragischen Golf und am Rande der Hadeswüste, wo die legendären, acht Meilen hohen Hadesberge lagen, die in weitem Umkreis gemieden wurden, weil sie nahezu unablässig Feuer spuckten und die Erde erbeben ließen. Bis heute rätsele ich darüber, was meinen Vater wohl in diese lebensfeindlichen Gebiete verschlagen hatte, doch eine zufriedenstellende Antwort werde ich wohl niemals erhalten.
„ Kommt, wir laufen zum Hafen!“, rief mein Vater schließlich und meine Mutter nahm Lyria und mich an den Händen und in ihre Mitte, während er uns einen Weg durch die Menge auf dem Platz bahnte. Noch waren nicht allzu viele Leute auf den Marktplatz gelaufen, sodass es uns einigermaßen zügig gelang, die Menge zu durchqueren und die Hauptstraße zu erreichen. Aus dem Viertel, das wir jetzt durchquerten und aus dem Hafen strömten die Leute hinauf auf den Marktplatz, um zu hören, was die Mitglieder des Rats zu den Ereignissen zu sagen hatten. Kaum einer lief, wie wir, die gepflasterte Straße den Hügel in Richtung Hafen hinab, sodass es nicht lange dauerte, bis wir dort ankamen. Dort schnappten wir keuchend nach Luft und hörten, dass das Unheil verkündende Grollen von neuem begonnen hatte, lauter als zuvor und auch der Boden bebte wieder leicht. Der Anblick der Bucht von Genia lenkte mich jedoch sofort davon ab. Mächtige Klippen, die sich rechts und links an die Stadt anschlossen und unmittelbar danach steil anstiegen und die ruhig dazwischen liegende Bucht.
„ Wir müssen zu unserem Boot!“, rief mein Vater und wollte auf die Stege hinauslaufen, wo eine Vielzahl an großen Segelschiffen, Kriegs- wie Handelsschiffe, und viele kleine Fischerboote lagen. Die Leidenschaft für das Meer hatte ihn nie ganz losgelassen und vor Jahren schon hatte er ein kleines Segelboot erstanden, mit dem wir hin und wieder alle zusammen in den Fjord hinausfuhren, weil das offene Meer zu weit entfernt war. Meine Mutter hielt ihn am Arm zurück und sagte etwas, was ich wegen des lauten Grollens jedoch nicht verstehen konnte. Meinen Vater konnte ich dann halbwegs verstehen, als er rief:
„… können wieder zurück, wenn es vorbei ist!“
Gerade als er loslaufen wollte, wurden wir alle von einem heftigen Beben von den Füssen gerissen. Der Boden wackelte, als sei es keine feste Erde, sondern Wasser, denn überall schlug er Wellen, die sich nach dem Meer hin ausbreiteten. Es war so heftig, dass ich nicht aufstehen konnte, nicht einmal meinem Vater wollte es gelingen sich zu erheben, so stark wackelte alles, selbst die Häuser, die doch aus festem Stein gebaut waren, tanzten wie Gras im Wind. Von einigen bröckelten größere Stücke ab und stürzten zu Boden, andere fielen einfach in sich zusammen, als wären sie aus Stroh erbaut worden. Auch von den Klippen, die die Bucht säumten, stürzten große Felsbrocken herab ins
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