Alvion - Vorzeichen (German Edition)
ein gespenstisches Licht auf die Szenerie. Dies war scheinbar das Signal für die Skelettkrieger, loszuschlagen! Schwerter wurden gezogen und Pfeile abgeschossen, gleich darauf erklangen von überall her die Schreie des Entsetzens und des Schmerzes. Mein Vater wurde von den Füssen gerissen und fiel nach hinten. In seiner Brust sah ich drei Pfeile stecken! Ein letztes Mal, nur für einen Augenblick, den ich nie vergessen würde, traf sein Blick voller Bedauern den meinen, dann erstarrte er und seine Augen wurden trüb.
Das nächste, was ich wahrnahm, war, dass ich von den Füssen gerissen, über die Reling gestoßen wurde und einen Moment später die Wasseroberfläche durchschlug. Prustend kam ich gleich darauf nach oben und begann mit hastigen Bewegungen zu schwimmen. Von überall her erklangen immer noch entsetzte Schreie, vereinzelt vernahm ich auch das Klirren von Schwertern, das jedoch nach wenigen Augenblicken wieder verstummte. Endlich gelang es mir auch, einen Blick nach oben zu werfen. Ich konnte weder meine Mutter noch Lyria sehen, stattdessen standen Skelette nun auch auf der Brücke. Jeder Teil meines Körpers wollte nach ihnen rufen, doch damit hätte ich mich verraten und eine leise Stimme in mir, flüsterte mir zu, dass sie tot waren und auch ich sterben würde, wenn ich mich jetzt durch Rufe verriet. Also blieb ich ruhig und beschränkte mich auf wenige Bewegungen, um nicht unterzugehen und versuchte mich so nah wie möglich an dem massiven Schiffsrumpf im Dunkel zu halten. Inzwischen hatten die Skelette ihre entsetzliche Tat vollendet und auf allen Schiffen Feuer gelegt, das die Nacht hell erleuchtete. Dazwischen trieb ich im Wasser, während der Feuerschein grausige Schemen auf dessen dunkler Oberfläche tanzen ließ. Schreie hörte ich keine mehr, nur noch das laute Tosen der Feuer und sah, dass die Skelette die brennenden Schiffe wieder verließen.
Einige Stunden später war auch das letzte Schiff in den Fluten versunken und ich schwamm im Dunklen in fast absoluter Stille, nur aus dem Norden vernahm ich immer noch ein stetes, dumpfes Donnergrollen. Die Schiffe der meridianischen Flotte hatten bald den Schauplatz ihrer Untat verlassen und waren verschwunden. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, nach Überlebenden im Wasser zu suchen. Aber warum auch, hunderte Meilen von der nächsten Küste entfernt im offenen Meer zu schwimmen, bedeutete das sichere Todesurteil. Selbst mir war das damals klar, trotzdem gab ich nicht auf. Irgendwann hatte ich begonnen, wie von Sinnen zu schreien, nach meinen Eltern, nach meiner Schwester, nach irgendjemandem, doch niemand antwortete mir, sodass ich aufhörte, als meine Kehle schmerzte, weil ich zu viel Wasser geschluckt hatte. Wimmernd und schluchzend schwamm ich zwischen den einzelnen Trümmerstücken umher, die nach und nach an die Wasseroberfläche kamen, und zog mich schließlich auf ein Stück Treibholz, das bis vor einer Stunde noch Bestandteil eines Schiffsdecks gewesen sein musste. Luccis, der Gott des Glücks, war in diesem Augenblick bei mir, denn es war groß genug, mich zu tragen und gleich darauf war ich wohl schon eingeschlafen, denn als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, war es bereits heller Tag. Prüfend blickte ich mich um, doch was ich sah, raubte mir den letzten Mut. Ich war allein, mitten im Ozean, um mich herum die endlose Wasseroberfläche, nur in einer Richtung – so fand ich heraus, wo Norden war – sah ich weit entfernt am Horizont, immer noch eine gewaltige Wand aus Wasserdampf aufsteigen. Der Himmel über mir war klar und wolkenlos und die Sonne stand bereits so hoch, dass es kurz vor dem Mittag sein musste. Dann übermannten mich Trauer und Furcht und ich begann mehrere Minuten zu schreien und zu toben, bis ich schließlich wieder ruhig wurde. Ohne Hoffnung oder Freude, dass ich noch am Leben war, legte ich mich auf den Rücken, starrte in den Himmel und empfand nur noch den Wunsch zu sterben. Zwischen den Brettern meines Floßes wurde immer wieder Wasser nach oben gedrückt, sodass ich mich wechselweise auf den Rücken oder auf den Bauch legte, um wenigstens auf einer Seite wieder von der Sonne getrocknet zu werden. Auch Hunger und Durst meldeten sich zu Wort, doch ich hatte noch nicht einmal Wasser, obwohl ich mitten darin trieb.
Ich weiß nicht, wie lange ich mich in dieser Lage befand, hungrig und durstig, ständig nass. Irgendwann war ich nicht einmal mehr dazu fähig war, klar zu denken. Es müssen auf
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