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Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
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Insel hinter einem gewaltigen Vorhang aus Wasserdampf verborgen war, nur zwischendrin erkannten wir jetzt auch dünnere Rauchschwaden, doch der Großteil des Rauches hatte sich gleich einem Teppich, der sich über Hunderte von Meilen erstrecken musste, vor den Himmel gelegt. Dann riss für einen Moment der Vorhang auf und wir erhaschten einen Blick von der Küste und erstarrten: Nur noch halb so hoch wie früher ragten die gewaltigen Klippen empor, überall durchsetzt von gewaltigen Strömen aus flüssigem Gestein.
    „ Sie versinkt!“, waren die einzigen Worte meiner Mutter, während ihr Tränen die Wangen herab liefen. Sie kam ein Stück näher heran und legte wieder ihre Arme um mich und Lyria. Lange Augenblicke vergingen, während denen sie uns fest an sich drückte und wir völlig starr auf die Insel blickten. Dann drehte sie sich um und verbarg ihren Kopf an der Schulter meines Vaters, der ebenso wie wir, wie versteinert auf die Lücke in jenem Vorhang blickte, ehe sie sich wieder schloss. Auch sein Gesicht war von den letzten Stunden entsetzlich verbrannt, in denen er, wie selbstverständlich, den Männern geholfen hatte, das Schiff blind durch den dichten Nebel aus Dampf und Rauch zu steuern.
    „ Ohne deine Vorahnung wären wir jetzt alle tot und auf einem anderen Schiff unterwegs! Ich darf gar nicht daran denken, wie viele jetzt bereits ihr Leben verloren haben! Unsere Heimat, alles ausgelöscht“, schluchzte meine Mutter und vergrub ihren Kopf wieder an seiner Schulter. Behutsam nahm mein Vater ihr Gesicht zwischen seine Hände und blickte ihr in die Augen.
    „ Aber wir leben und unsere Kinder leben! Und es werden nicht alle tot sein!“, flüsterte er eindringlich und küsste sie auf die Stirn. Wir schienen tatsächlich unfassbares Glück gehabt zu haben. Eine Weile standen wir noch an der Reling und betrachteten die riesige, weiße Wand, die meilenweit in den Himmel ragte. Begleitet wurde dies von lautem, ununterbrochenem Donnergrollen, das jedoch leiser wurde, je weiter wir aufs offene Meer gelangten.
     
    Einige Zeit später, wir mussten jetzt etwa zwanzig Meilen von der sinkenden Insel entfernt sein, rief der Seemann im Ausguck herab:
    „ Schiffe! Es kommen weitere Schiffe von der Insel!“
    Der Kapitän übergab das Ruder an einen seiner Männer und stellte sich neben uns an die Reling. Angespannt starrte er, ebenso wie wir, zurück auf die Nebelwand und wenige Augenblicke später sahen wir tatsächlich, einige wenige Segel, die sich davor abzeichneten.
    „ Holt die Segel ein!“, rief er seiner Mannschaft über die Schulter zu. „Wir werden warten und uns zusammenschließen, dann kommen wir mit größerer Wahrscheinlichkeit sicher nach Solien!“, erklärte er. Erst bei diesen Worten wurde mir wirklich bewusst, dass wir wohl nie wieder nach Hause zurückkehren konnten und ich hatte Mühe meine Tränen zurückzuhalten. Ich richtete meinen Blick himmelwärts, damit es keinem der anderen auffiel, und betrachtete die dunklen Wolken, die langsam in alle Richtungen zerflossen, wobei immer größere Teile des verdeckten Himmels wieder sichtbar wurden. Doch über Alyra selbst brodelte und tobte es immer noch, dauernd zuckten Blitze inmitten der schweren Aschewolken und zwischendrin loderte immer wieder Feuer auf. Über unserem Schiff dagegen durchzogen nur einige längliche, dunkle Schatten den Himmel, dazwischen konnte ich schon die ersten Sterne der aufziehenden Nacht erkennen. Etwas Dämmerlicht kam noch aus dem Westen, wo die Sonne mittlerweile untergegangen war.
     
    Etwa eine Stunde später waren die Boote und Schiffe aus Alyra heran, es waren entsetzlich wenige, nicht einmal zwanzig Stück habe ich gezählt. Alle hatten, genau wie wir, Fackeln oder Laternen an Deck angezündet, um besser sehen zu können und zusammenzubleiben. Die kleinen Lichter warfen flackernde Schatten auf zerrissene Segel und leidgeprüfte, fassungslose Gesichter, die zum Teil von schlimmen Brandwunden gezeichnet waren. Da rief auf einmal wieder der Mann im Ausguck:
    „ Kapitän, Schiffe nähern sich aus allen Richtungen! Ich glaube es ist die Flotte, die wir gestern gesehen haben.“
    Für einen Moment glaubte ich, dass mir das Blut in den Adern gefror und Kapitän Rial nährte unsere Befürchtungen, als er Unheil verkündend aussprach:
    „ Es sieht so aus, als würden wir nach Meridia fahren!“
    Er musste im leuchtenden Schein der Fackeln gesehen haben, dass wir alle zutiefst erschrocken waren, denn er fügte gleich

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