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Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
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Balken gefesselt. Man wollte einem eventuellen Fluchtversuch, so dumm er in einem Moloch wie Dalia auch sein mochte, von Anfang an einen Riegel vorschieben. So saß ich an meinem mittlerweile gewohnten Platz, an dem ich die zurückliegenden Nächte sitzend und gefesselt hatte verbringen müssen, als das Schiff der Piraten schließlich zur Ruhe kam. Alles, was ich hören konnte, war das Getrappel von vielen Füßen an Deck und die lautstarke Fröhlichkeit der Mannschaft, die freudig von Bord ging, um sich ins Nachtleben der Stadt zu stürzen. Eigentlich wollte ich nun versuchen, irgendwie meine Fesseln zu lösen, um zu fliehen, in der Hoffnung, dass zumindest nur eine sehr nachlässige oder noch besser, gar keine Wache auf dem Schiff verblieben war. Doch die Schindereien der letzten Tage bis hin zur Erschöpfung, forderten ihren Tribut, und ich schlief mitten unter meinen Bemühungen ein. Ich erwachte davon, dass mir jemand gegen das Bein trat und gleich darauf stieg ein übler Gestank nach Fusel in meine Nase. Eine Öllampe wurde mir direkt vor die Augen gehalten, sodass ich sie geblendet schließen musste, dann packte mich eine Hand grob am Haarschopf und riss meinen Kopf nach hinten.
    „ Hier, das ist er!“, erkannte ich die lallende Stimme des Kapitäns. „Sind wir quitt?“ Der Unbekannte, den er angesprochen hatte, erwiderte etwas, das ich nicht verstand, doch es klang wenig schmeichelhaft. Ich glaubte das Wort ’Abschaum’ zu hören, doch sicher war ich mir nicht. Als kurz darauf meine Fesseln gelöst wurden, war mir jedoch klar, dass ich gerade den Besitzer gewechselt hatte.
    Widerstandslos – dazu war ich viel zu müde – ließ ich mich auf ein anderes Schiff bringen, wo ich zu meiner Überraschung nicht gefesselt oder in Ketten gelegt wurde, sondern sogar ein einigermaßen bequemes Lager zugewiesen wurde. Mein neuer Besitzer, dessen Gesicht ich bisher nicht hatte sehen können, blieb noch einen Augenblick neben mir stehen.
    „ Versuch nicht wegzulaufen, Junge, die Stadt hier ist ein gefährliches Pflaster, wo es von Halunken nur so wimmelt. Wir werden uns morgen darüber unterhalten, was mit dir geschehen soll, aber mach dir keine Sorgen mehr, ein Sklave wirst du nicht sein!“
    Er hätte mich gar nicht ermahnen müssen, nicht wegzulaufen, denn ich fühlte mich so schwach und müde, dass ich noch nicht einmal hätte aufstehen können, doch bevor ich einschlief, bemerkte ich noch, wie das bohrende Gefühl der Angst zumindest etwas nachließ.
     
    Ein Seemann weckte mich am nächsten Tag und führte mich in die Kabine des Kapitäns. Das Schiff befand sich bereits auf hoher See, wie ich durch das sanfte Schaukeln und das leise Rauschen feststellen konnte. Der Kapitän namens Lancea, ein Mann mittleren Alters mit dichtem, schwarzem Bart und wettergegerbtem Gesicht, wartete bereits auf mich. Von ihm erfuhr ich, dass ich von einem Mann aus dem Wasser gezogen war, den selbst die meisten anderen Piraten Alatyras verachteten. Am vergangenen Abend war ich der letzte Einsatz in einem Würfelspiel gewesen, das Lancea zu meinem großen Glück gewonnen hatte.
    „ Ich weiß genau, dass du mich verstehst, Junge, deine Augen verraten dich. Wie ist dein Name?“, fragte er mich dann und blickte mich das erste Mal direkt an, nachdem er zuvor eher zu sich selbst gesprochen hatte.
    „ Alvion Trey“, erwiderte ich, nachdem ich beschlossen hatte, dass es ohnehin keinen Sinn mehr machte, mich dumm zu stellen.
    „ Sieh an! Das ist ein lyranischer Name, nicht wahr? Wie bist du denn in die Hände dieses Abschaums geraten?“
    Also begann ich ihm von den Ereignissen der letzten Tage zu erzählen, von den Erdbeben bis zu jenem Moment, wo ich mich auf dem Schiff wieder gefunden hatte. In meinem ganzen Leben war er bisher der Einzige, dem ich die wahre Geschichte erzählte. Lancea wirkte ehrlich bestürzt und starrte mich ungläubig an, dann fasste er sich wieder und schien einen Entschluss zu fassen.
    „ Ich bedauere dein Schicksal, Alvion Trey, und das deiner Heimat ebenso. Es erscheint mir unglaublich, dass Alyra versunken sein soll, aber ich glaube deinen Worten. Ich werde dich nach Solien bringen, denn für ein Kind deines Alters hast du mehr als genug Schrecken erlebt und dieser Ort hier ist nicht zum Aufwachsen geeignet, jedenfalls nicht für dich. Mehr kann ich nicht für dich tun.“
    Ich schwieg zu diesen Worten, weil ich nichts darauf zu erwidern wusste und keine Ahnung hatte, wie mein Leben nun weitergehen

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