Alvion - Vorzeichen (German Edition)
jeden Fall Tage gewesen sein. Einmal glaubte ich Stimmen zu hören und hatte das Gefühl, von jemandem gepackt zu werden, doch ich war zu geschwächt, um Traum und Wirklichkeit voneinander trennen zu können.
Aber es war kein Traum gewesen, denn als ich das nächste Mal wieder die Augen aufschlug, befand ich mich auf einem weichen Lager an Bord eines Schiffes, wie ich am Knarzen des Holzes und am leisen Rauschen der Wellen erkannte, die gegen die Schiffswände schlugen. Es war ziemlich dunkel, nur eine Kerze am anderen Ende des Raumes spendete etwas Licht. Ich hörte das Schnarchen mehrerer Männer, und ein Stück weit neben mir eine leise Unterhaltung. Offenbar befand ich mich an Bord eines Schiffes in einem Mannschaftsquartier, das ein entsetzlicher Gestank durchdrang. Obwohl ich mich ziemlich schwach fühlte, wollte ich mich aber irgendwie bemerkbar machen, was mir zunächst noch nicht gelang. Allerdings konnte ich einem Teil der auf Corva geführten Unterhaltung zwischen den zwei Unbekannten lauschen, was mir aber zusätzlich zu meiner Schwäche auch noch große Angst machte. Es waren alatyranische Piraten, die mich aus dem Meer gerettet hatten, deren Weg nach Dalia auf Alatyra führte, wo sie mich an einen Sklavenhändler, mit dem sie oft Geschäfte machten, verkaufen wollten. Weiter erfuhr ich, dass Alyra anscheinend vollständig im Meer versunken war und dass sie außer mir niemanden aus dem Wasser gefischt hatten. Kurz besprachen sie die Möglichkeit, dass dies anderen gelungen sein mochten, denn sie waren offenbar in einem Verband von Schiffen unterwegs gewesen. Allerdings schien sie kalt zu lassen, denn sie sprachen kein Wort des Bedauerns über die vielen tausend Lyraner, die gestorben waren. Genauso egal war es ihnen, dass ich eigentlich noch ein Kind war, das fürchterliche Ereignisse durchlebt hatte. Alles, worauf es ihnen ankam, war, dass sie einen guten Preis mit mir erzielen konnten. Ich merkte, wie mich die Erschöpfung wieder zu überwältigen drohte, und kämpfte dagegen an, doch nur Augenblicke später war ich wieder eingeschlafen.
Als ich das nächste Mal erwachte, muss es bereits Tag gewesen sein, denn ein schwaches Licht, das durch Ritzen in der Decke fiel, erhellte den Raum. Ich fühlte mich etwas besser, hatte aber riesigen Hunger und Durst und konnte den Kopf gerade so weit heben, dass es mir möglich war, mich im Raum umzublicken, etwas Besonderes aber war nicht zu erkennen. Außer mir hielt sich niemand hier auf, anscheinend gingen die Seeleute ihrem Tagwerk nach. Es waren wohl etwa dreißig Lagerstätten, die sich darin befanden, meine lag anscheinend direkt an der Außenwand des Schiffes, denn gegenüber von mir war eine geschlossene Tür. Neben meinem Lager, einer mit Stroh gefüllten Matratze, standen ein Krug mit Wasser und eine Schale, in der ein halbes Brot lag. Gierig machte ich mich darüber her und verschlang es in kürzester Zeit und trank zwischendrin gewaltige Schlucke Wasser. Sobald ich mich einigermaßen gesättigt fühlte, wurde ich wieder müde und konnte auch dieses Mal nicht lange dagegen ankämpfen.
Ich erwachte von Stimmen neben meinem Bett.
„ Hol sofort Urion her, der Junge war wach!“, vernahm ich eine Stimme neben mir und hielt es für klüger mich weiter schlafend zu stellen. Einige Augenblicke später hörte ich Schritte, die sich näherten, dann erklang eine tiefe Stimme neben mir und eine Hand legte sich auf meine Stirn.
„ Hm, Fieber hat er keines mehr, aber er ist anscheinend immer noch sehr schwach!“
„ Sollen wir ihn wecken, Urion?“
„ Nein, lasst ihn schlafen, er kann sich ab morgen nützlich machen!“
Beide Männer lachten und entfernten sich von meinem Lager, während ich ängstlich erstarrt liegen blieb und über ihre Worte nachdachte. Nachdem die beiden Männer den Raum verlassen hatten, wurde es wieder still und ich lauschte einige Zeit in den völlig finsteren Raum hinein. Einzig das leise, klatschende Geräusch, mit dem die Wellen gegen das Schiff schlugen, war zu hören und zwischendurch das Schnarchen eines schlafenden Mannes. Nichts deutete darauf hin, dass noch jemand wach war. Mir war klar, dass ich irgendwie fliehen musste, selbst wenn es mir nicht gelungen wäre, in diesem Moment gab es nichts, was mir lohnenswert genug erschien, mein Leben nicht aufs Spiel zu setzen. Sogar den Tod hätte ich der Sklaverei vorgezogen, denn ich wusste zwar nichts über Sklaverei, doch die Bedeutung des Worts kannte ich
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