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Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
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können, denn die südliche Flotte Soliens verteilte sich entlang der gesamten Süd- und Westküste des Kontinents und ihre Hauptaufgabe war eigentlich, Raubzüge der Piraten abzuwehren. Daher war es viel zu spät gewesen, sie vor Bilonia zu sammeln und die Ostküste zu verteidigen. Kelmars Flotte war zwar schlagkräftig, doch sicherlich viel zu klein, um die Küsten so weit unten im Süden zu verteidigen. Es hatte so kommen müssen und nichts hätte anders gemacht werden können. Es lag einzig an uns, Meridias Armee aufzuhalten und irgendwann wieder ins Meer zu drängen, bevor sie weiter nach Solien vordringen konnte. Wenn es uns also gelang, die feindliche Armee hier zu stoppen, würde irgendwann Verstärkung aus dem Westen kommen und gemeinsam mit uns die Eindringlinge ins Meer treiben.
    Der morgige Tag konnte schon die Entscheidung bringen, ob Ostsolien fiel oder frei blieb.
    Mein Blick schweifte wieder nach Norden, auf die Bergrücken der nicht weit entfernten Solischen Berge und die vorgelagerten, dichten Wälder, als ich bemerkte, dass jemand neben mich getreten war.
    „ Man erwartet Euch zur Besprechung der Lage, Sire!“, teilte mir ein Bote Venrons mit. Ich nickte ihm zu und folgte ihm dann den Hügel hinab in unser Feldlager.
     
    Das Zelt des Feldherrn stand in der Mitte des Lagers, ringförmig umgeben von den kleinen Lagern der einzelnen Abteilungen und den Zelten der Offiziere. Bei der Besprechung würden die sechzehn befehlshabenden Offiziere der Fußabteilungen, mich eingeschlossen, und die vier Offiziere der Kavallerie anwesend sein. Ein Blick ins Innere des Zeltes zeigte mir, dass ich zu den Letzten gehörte, die man noch erwartete.
    Die vor dem Zelt postierte Wache nickte mir freundlich zu und gab dadurch zu verstehen, dass ich eintreten durfte. Ich betrachtete mir das Gesicht des Soldaten und erkannte darin dieselben Zweifel, die ich am heutigen Tage schon in vielen Gesichtern gelesen hatte. Die Wenigsten glaubten, dass wir am morgigen Tage als Sieger noch hier stehen würden. Einerseits war es ein gutes Zeichen, dass die Soldaten schlau genug waren, den Ernst unserer Lage zu erkennen, doch andererseits würde uns das schon Morgen enorme Schwierigkeiten bereiten, denn welchen Sinn hatte es, Soldaten in einen Kampf zu führen, den diese ohnehin schon verloren glaubten.
    „ Seid gegrüßt, Alvion!“, empfing mich Venron und riss mich aus meinen Gedanken. „Geduldet Euch noch einen Moment, bis wir alle versammelt sind, und werft derweil schon einen Blick auf die Karte.“
    Ich nickte gehorsam und blickte dabei kurz in seine Augen. Auch sein Gesicht strahlte keine Zuversicht aus, jedoch erkannte ich, dass ihm der Ernst der Lage und die Wichtigkeit des morgigen Tages bewusst waren, denn gleichzeitig strahlte er auch eine fast zornige Entschlossenheit aus. Das jedoch erwies sich als Täuschung, denn Venron war zwar ein guter Soldat, ein guter Anführer war er nicht, das würde mir der Verlauf der folgenden Besprechung deutlich vor Augen führen. Er gab mir den Weg frei und setzte das Gespräch fort, das er zu meiner Begrüßung unterbrochen hatte. In der Mitte des Zeltes hatte man einen Tisch aufgestellt und eine große Karte der Gegend ausgebreitet. Es war eine Abschrift des Originals aus dem großen Archiv in Vylaan. In diesem Archiv gab es eine vollständige Sammlung an Karten aller bekannten Länder aus allen Zeiten. König Melior hatte diese Sammlung vor zwanzig Jahren ins Leben gerufen, um genaue Kenntnis von seinem Reich, unseren Verbündeten und unseren Feinden zu haben. Es gab sogar einen eigenen Fachbereich an der Akademie der Wissenschaften, der sich nur mit dem Erstellen und Nachbessern von Landkarten beschäftigte.
    Jene Karte also, auf die ich nun blickte, zeigte den südöstlichen Teil Ostsoliens, am unteren Ende als einzige wirklich große Stadt Bilonia und die leicht hügeligen Länder, die schließlich in die Solischen Berge übergingen. Sie war erstaunlich detailgetreu, einzelne Weiler und alle bekannten Wege, selbst kleine Trampelpfade waren eingezeichnet. Kleine, kunstvoll geschnitzte Holzfiguren markierten unsere Truppen, sechzehn einfache Figuren und vier zu Pferd. Noch standen sie allesamt auf dem Teil der Karte, der die lang gezogene Anhöhe darstellte, auf der Venron die kleine Streitmacht aufzustellen gedachte. Es war die Senke, die die einzige Möglichkeit für unsere Feinde darstellte, weiter nach Solien hinein zu gelangen, denn sie bildete einen Sattel und fiel weit

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