Alvion - Vorzeichen (German Edition)
ich!“
„ Ein Soldat brachte vorhin eine Nachricht für Euch. Er schien ziemlich aufgewühlt zu sein.“
Aufgeregt nahm Tian den Brief entgegen, denn nur Alvion konnte ihn geschrieben haben, weil er der Einzige war, der wusste, dass Tian sich hier aufhielt. Eine dunkle Ahnung überfiel ihn, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hatte, dennoch wollte er warten, bis er in seinem Zimmer ungestört sein konnte.
Als er schließlich Alvions Siegel brach und den Brief entfaltete, zitterten seine Hände. Aufmerksam begann er zu lesen und während des Lesens schlich sich ein Gefühl der Kälte in seinen Körper.
Tian
Ich bedauere sehr, dass ich unsere Vereinbarung nicht einhalten kann, doch die Umstände machen es mir unmöglich nach Vylaan zu kommen. Eigentlich hatte ich am heutigen Tage aufbrechen wollen, doch vor wenigen Stunden musste ich erfahren, dass Meridias Armeen im Begriff sind, in Solien einzufallen. Du weißt selbst, dass dies verhindert werden muss, wenn nicht Elend, Leid und Tod über ganz Septrion hereinbrechen sollen. Da sich nicht verhindern ließ, dass sich die Kunde vom heraufziehenden Krieg in der ganzen Stadt verbreitete, erließ der Befehlshaber der Garnison den Aufruf an alle ehemaligen Soldaten, in den Schoß der Armee zurückzukehren.
Ich habe beschlossen, diesem Aufruf zu folgen! Während du diese Zeilen liest, stehe ich bereits wieder unter Waffen und in den Reihen der Garnison von Bilonia. Im schlimmsten Fall habe ich bereits mein Leben auf dem Schlachtfeld verloren und bin über den dunklen Fluss ins Land Chiora gefahren. Wie mir zu Ohren gekommen ist, geht man davon aus, dass auch bei Kelmar eine Landung stattfinden wird. Ich kenne dich, Tian Lux, und empfehle dir, nach dem Lesen dieser Zeilen, geradewegs nach Hause aufzubrechen, denn ich vermute, dass gerade die Kragier, angetrieben von ihrem jahrhundertealten Hass auf dein Volk, Argion unbedingt werden erobern wollen. Deine Heimat ist ebenso in Gefahr, wie Solien oder sogar Zal.
Lass dir noch sagen, dass du mir in den letzten Jahren der teuerste Freund geworden bist, den ich jemals hatte. Meine guten Wünsche werden dich auf deinem Weg nach Hause begleiten. Nur die Götter selbst wissen, wann oder ob wir uns wieder begegnen, daher ende ich der Vorsicht halber mit einem
Lebe wohl, glücklich und zufrieden.
Alvion
Tian starrte einige Minuten auf den Brief, las ihn noch einmal, ehe er ihn faltete und einsteckte. Dann sammelte er in hastiger Eile seine Sachen in dem Zimmer zusammen und verstaute sie in seinem Rucksack.
„ Sattelt mein Pferd und bringt es heraus, ich breche sofort auf!“, rief er einem Stallburschen zu, als er auf den Hof hinaus stürzte. Dann hastete er zum Eingang des Hauptgebäudes und erschreckte den Mann am Tisch zutiefst.
„ Was schulde ich Euch? Rechnet sofort zusammen, damit ich aufbrechen kann!“
Der Mann, den Tian gerade aus einem Schläfchen geweckt hatte, zögerte einen Moment, machte sich jedoch eiligst ans Werk, als er Tians gehetzten Gesichtsausdruck sah. Während der unsanft Geweckte ans Werk ging, setzte sich Tian in die Gaststube und ließ sich dort selbst Feder, Tinte und Papier bringen und begann mit immer noch zitternden Händen zu schreiben. Als er fertig war, tropfte er etwas Wachs von der Kerze vor sich auf den gefalteten Brief und versah ihn mit dem Siegel seiner Familie. Kurz hielt er den Brief in seinen Händen und betrachtete ihn nachdenklich, dann stand er ruckartig auf und begab sich wieder in den Eingangsbereich.
„ Seid Ihr fertig?“, fragte er den Mann am Tisch ungeduldig.
„ Ja, werter Tian Lux“, antwortete dieser immer noch überrascht.
Tian bezahlte ihm die gewünschte Summe, übergab ihm dann den Brief und beugte sich nahe zu dessen Gesicht herunter.
„ Verwahrt diesen Brief sorgfältig! Und händigt ihn nur aus, wenn jemand namens Alvion Trey danach fragt!“, flüsterte er mit beschwörender Stimme und steckte ihm einige Münzen zu.
Eine Stunde später durchquerte Tian das große Osttor Vylaans und trieb sein Pferd zu vollem Galopp an.
„ Viel Glück, Alvion!“, waren seine Gedanken, als ihm der Wind in die Haare fuhr und ihn sein Pferd eilends nach Osten trug. Bald lenkte er es auf die weiten Wiesen abseits der Straße und ritt in Richtung Nordosten weiter, denn querfeldein würde er bis zur Brücke nach Argion nur zweihundert Meilen anstelle der knapp fünfhundert auf der Straße zurücklegen müssen und sein Pferd ritt ohnehin lieber auf
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