Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Alvion - Vorzeichen (German Edition)

Titel: Alvion - Vorzeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Thiering
Vom Netzwerk:
zwischen den zitternden Beinen der Soldaten diese furchtbaren Geschosse und jeder Einzelne war mit roten Tropfen von deren Blut besprenkelt.
    „ Bei Ennos, was sind das nur für Ungeheuer? Warum greifen sie uns an?“, hörte ich Abax’ vor Fassungslosigkeit und Angst zitternde Stimme neben mir. Ich brachte kein Wort der Antwort hervor, sondern kniete mich nieder und hielt den Kopf eines Soldaten an seinen Haaren hoch, dessen Augen auf ewig in unvorstellbarem Schrecken geweitet waren. Während ich in diese Augen blickte, gelang es mir dennoch irgendwie, Panik und Furcht in mir zu unterdrücken und stattdessen zu fragen, was die Mertix dazu bewog, uns anzugreifen. Die Sagen, die von ihnen berichteten, enthielten alle denselben Kern: Die Mertix waren unglaublich geschickte, furchteinflößende aber auch scheue Tiere, die das freie Land oder Wälder mieden. Ihre eigentliche Heimat war im Gebirge, wo sie in Höhlen hausten. Sie waren eine Legende geblieben, weil es keine bekannten Beweise für ihre Existenz, sondern nur Geschichten über Zusammenstöße mit Menschen gab und sie, wie schon erwähnt, als äußerst scheu und eigentlich nicht angriffslustig galten. Derartiges Verhalten wurde üblicherweise mit anderen Monstern oder Fabelgestalten in Verbindung gebracht. Dies alles passte überhaupt nicht zu dem, was uns gerade widerfuhr. Die wenigen Wagemutigen, von denen diese Legenden stammten, hatten von Begegnungen berichtet, von kurzen Eindrücken, die sie über die Mertix gewonnen hatten, nämlich, dass diese sich sofort zurückzogen, wenn sie auf einen Menschen trafen. Nur aufgrund der unklaren Beschreibungen ihrer unheimlichen körperlichen Gestalt waren die Mertix schließlich zu einer Art Ungeheuer verklärt worden, nicht weil sie furchtbare Bluttaten vollbracht hatten. Also musste irgendetwas diese Wesen aufgeschreckt und angestachelt haben, vielleicht wir selbst, weil wir sie durch irgendeine Handlung gereizt hatten. Doch diese Gedankenspiele halfen mir oder uns jetzt auch nicht weiter, denn die aufsteigende Panik unter den Männern drohte jeden Augenblick in völliges Chaos und kopflose Flucht umzuschlagen. Dennoch registrierte ich, dass ihr Verhalten eigentlich nicht tierisch war, denn einen Gegner mit den Körperteilen seiner getöteten Kameraden zu bewerfen, war eine Teufelei, die Intelligenz voraussetzte. Wildes Stimmengewirr umgab mich und riss mich aus diesen Gedanken und permanent hörte das Wort ’Flucht’, außerdem begannen bereits einige, den schützenden Kreis zu verlassen, den wir gebildet hatten.
    „ Bleibt hier ihr Narren, im Wald seid ihr augenblicklich verloren! Schließt sofort die Lücken!“, brüllte ich laut und wütend. Wir mussten zusammen auf dieser Lichtung bleiben, damit uns wenigstens ein paar Sekunden blieben, um auf Angriffe aus dem Wald zu reagieren. Mit lauter Stimme eilte ich hin und her, brüllte auf Männer ein, schüttelte starr vor Furcht stehende aus ihrem Zustand, riss panisch umherlaufende an den Schultern herum und redete wild auf sie ein. Gleich darauf hatte Abax begriffen und ebenfalls begonnen, gegen das drohende Chaos und damit unser aller Ende anzukämpfen. Es wirkte, zumindest vorläufig. Damit gelang es uns, wieder etwas Ruhe zu schaffen und zu verhindern, dass Einzelne in die Wälder flüchteten. Mit der Fackel in der einen und dem Schwert in der anderen Hand drückte ich mich schließlich in die vorderste Reihe und versuchte, entschlossen und furchtlos auf den Waldrand zu blicken, wo sich unser Feind immer noch im Verborgenen hielt. Ich hatte mich selbst in eine derartige Erregung getrieben, dass mir nicht einmal mehr auffiel, dass ich immer wieder über umher liegende Körperteile stolperte, denn ich wusste, dass sich auch in mir ein dunkler Abgrund auftun würde, falls ich zuließ, dass mir das volle Ausmaß des Schreckens bewusst wurde.
    „ Alle Bogenschützen schießen sofort auf den Waldrand!“, befahl ich und fuhr dann fort irgendwelche anstachelnden oder aufrüttelnden Dinge zu rufen. Es war völlig egal was, ich versuchte nur mit meiner Stimme eine Art Leuchtturm in der bodenlosen Finsternis der Furcht unserer Männer zu sein.
    Die Bogenschützen gaben ihre ersten ungezielten Schüsse ab, die hinter der schwarzen Mauer des Waldrandes verschwanden. Ein zorniges Brüllen aus vielen Kehlen war die Antwort, doch ich glaubte noch etwas anderes herauszuhören: Schmerz!
    „ Hört ihr es? Hört hin!“, brüllte ich wieder. „Ihr habt getroffen! Ihr habt

Weitere Kostenlose Bücher