Alzheimer und Demenzen
versuche, seine Defizite zu übergehen oder ihm zu versichern, dass Fehler doch jedem Menschen passieren können. Wenn ich Sätze sage wie: »Nein, das ist nicht wahr, was du sagst« oder »Das erzählst du wieder ganz falsch!« oder »Das kannst du nicht mehr, also lass es doch einfach!«, wird sich der Kranke wahrscheinlich sehr gekränkt fühlen.
Keine Kränkungen!
Nun könnte man einwenden, dass jedem Menschen immer wieder Kränkungen im Leben widerfahren und auch ein Demenzkranker mit solchen Erfahrungen leben muss. Doch während ein Gesunder Kränkungen geistig verarbeiten kann, kann das ein Demenzkranker nicht mehr. Ein gesunder Mensch denkt vielleicht: »Oh, je! Wahrscheinlich geht es ihr heute nicht so gut, deshalb reagiert sie so verletzend!« oder »Ja, gut! Da ist mir vielleicht ein Missgeschick passiert! Aber nur weil mal eine Kleinigkeit schief gegangen ist, braucht sie sich doch nicht gleich so aufzuregen!«. Mithilfe dieser Überlegungen schafft er es, die kritischen Bemerkungen des anderen nicht so nahe an sich herankommen zu lassen und sich selbst vor seinen eigenen Augen zumindest teilweise zu »rehabilitieren« bzw. sich selbst zu trösten. Ein demenzkranker Mensch ist zu derartigen Selbstberuhigungen bzw. -tröstungen nicht mehr in der Lage!
Demenzparadoxon. In der Fachliteratur wird diese Situation Demenzkranker als Demenzparadoxon bezeichnet. Einerseits machen sie aufgrund zunehmender Beeinträchtigungen häufig kränkende, verletzende Erfahrungen, können andererseits aufgrund ihres geistigen Abbaus immer weniger gut diese Kränkungen für sich selbst so interpretieren, dass sie sie als erträglich empfinden können. Aus dieser Unerträglichkeit erklärt sich auch die Heftigkeit von aggressiven Reaktionen, die manche Demenzkranke zeigen.
TIPP
Geduld zeigen
Viel sinnvoller ist es in diesem Falle, Geduld zu zeigen und zu warten, ob dem Kranken das gesuchte Wort noch einfällt. Erst, wenn einige Momente erfolglosen Suchens vergangen sind, kann ich vorsichtige Hilfestellungen geben, indem ich ein Wort vorschlage und frage, ob er dieses Wort gemeint habe. Viele von uns haben es bestimmt auch schon erlebt, dass uns ein bestimmter Name auf der Zunge lag und ungeduldige Gesprächspartner uns den Abruf durch ihre falschen Vorschläge immer schwerer machten.
Nicht vorschnell helfen!
Wortfindungsstörungen behindern nicht selten die Kommunikationsfähigkeit des Demenzkranken. Als Angehörige möchte ich ihm in Situationen, in der er um die gesuchten Worte ringt, helfen und spreche ihm das Wort vor, von dem ich glaube, dass er es sagen will, oder vollende seinen angefangenen Satz gleich ganz. Auch wenn ich es nur gut mit dem Kranken meine, ist dieses Verhalten jedoch meist nicht empfehlenswert: Denn auf der einen Seite demonstriere ich damit häufig meine Ungeduld und setze den Kranken möglicherweise unter Druck. Und auf der anderen Seite lege ich ihm mit meinem Verhalten vielleicht Worte in den Mund, die er eigentlich gar nicht sagen wollte.
Auch hinsichtlich seiner Sprachprobleme kann ich lernen, über Fehler und Ungenauigkeiten hinwegzusehen: Schließlich reicht es aus, wenn ich inhaltlich verstanden habe, was der Kranke äußern möchte – egal wie fehlerhaft seine Äußerung sein mag.
Für ruhige Umgebung sorgen
Wenn Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme die Kommunikation mit dem Kranken erschweren, kann ich die Situation verbessern, indem ich Störreize, die Ablenkungen verursachen, abstelle. Außerdem bemühe ich mich, neben der Unterhaltung mit dem Kranken keine anderen Dinge zu tun, weil auch meine eigene Unaufmerksamkeit die Konzentration des Kranken stören kann. Je ruhiger die Umgebung ist und je konzentrierter und geduldiger ich bin, desto erfolgreicher verläuft meine Unterhaltung mit dem Kranken.
Bleiben Sie in seinem Blickfeld
Leidet der Kranke an starken Aufmerksamkeitsstörungen, versuche ich mich in seinem Blickfeld aufzuhalten, solange ich mich mit ihm unterhalte. Denn wenn er mich während eines Gesprächs nicht ansieht, dann wird sich seine Aufmerksamkeit wahrscheinlich sehr schnell von unserem Gespräch abwenden und sich auf irgendetwas anderes richten, vielleicht auf einen Gegenstand, der sich gerade in seinem Blickfeld befindet.
Den Faden wieder aufnehmen
Das Abschweifen vom eigentlichen Gesprächsthema oder der plötzliche Gedankenabriss mitten im Satz sind ebenfalls meist Zeichen von Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen. Am hilfreichsten ist es in
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