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Alzheimer und Demenzen

Alzheimer und Demenzen

Titel: Alzheimer und Demenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prof. Dr. Sabine Engel
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jetzt unser Abendessen planen. Und deshalb möchte ich von dir wissen, was du heute Abend gerne essen würdest.«
    Auch dies mag holprig und redundant klingen, aber durch einen redundanten Stil helfe ich dem Kranken durch die vielen Wiederholungen auch beim Themenwechsel.
Aussprechen, was gemeint ist
    Die Fähigkeit, ironische Bemerkungen als Scherze zu begreifen, setzt die Einsicht voraus, dass der Sprecher etwas anderes sagt, als er meint. Demenzkranke Menschen haben beim Verstehen solcher »stilistischen Feinheiten« Probleme (→  S. 71 ). Neben ironischen Bemerkungen gibt es aber noch andere Situationen, in denen der Sprecher etwas anderes sagt als er meint, nämlich z. B. bei indirekten Sprechakten. Diese sprachlichen Äußerungen heißen indirekt, weil das, was der Sprecher eigentlich ausdrücken will, nicht wörtlich, sondern unausgesprochen mitgeteilt wird.
    WISSEN
    Was versteht man unter einem »indirekten Sprechakt«?
    Wenn ich auf der Straße einen Passanten anspreche und ihn frage: »Entschuldigen Sie bitte! Haben Sie eine Uhr?«, dann handelt es sich hierbei um einen indirekten Sprechakt. Denn ich stelle die Frage, ob er eine Uhr hat, möchte aber eigentlich die Uhrzeit von ihm wissen. Verstünde er meine Frage wörtlich, d. h. als direkten Sprechakt, würde er mir vielleicht antworten: »Ja, ich habe eine Uhr!« und an mir vorübergehen. Wollte ich meine Sprecherabsicht nicht indirekt, sondern direkt aussprechen, müsste ich sagen: »Entschuldigen Sie! Ich möchte gerne die Uhrzeit wissen. Wenn Sie eine Uhr bei sich tragen, dann sehen Sie doch bitte einmal darauf und sagen mir, wie spät es ist!«
    Um einen indirekten Sprechakt handelt es sich auch, wenn ich mit meinem demenzkranken Familienmitglied beim Essen am Tisch sitze und – weil ich mich über seine Hastigkeit und Rücksichtslosigkeit ärgere, mit der er sich gleich den Teller voll lädt, ohne darauf zu achten, ob auch für mich noch genügend übrig bleibt – zu ihm sage: »Na, Dir scheint es ja zu schmecken!« Meist verstehen Demenzkranke indirekte Sprechakte nicht. Ich muss mich also nicht wundern, wenn der Kranke mich nur anlächelt und nickt und nicht die geringsten Anzeichen zeigt, sein Verhalten zu ändern.
    wichtig
    Als Gesprächspartnerin, die die Regeln der einfühlsamen Kommunikation beherzigt, bleibe ich daher strikt bei – manchmal vielleicht redundant und holprig klingenden – dafür aber wörtlich zu verstehenden Mitteilungen.
Bildhafte Ausdrücke vermeiden
    Auch bei dem Stilmittel der bildhaften Rede teilt ein Sprecher nicht wörtlich mit, was er meint. So sind Sätze wie z. B. »lass doch mal die Seele baumeln« oder »mein Enkelkind ist mein ganzer Sonnenschein« natürlich im übertragenen Sinne gemeint, denn eine Seele kann nicht baumeln und ein Kind ist ein Kind und kein Sonnenschein. Mit diesen bildhaften Äußerungen möchte man also etwas anderes sagen. So, wie man auch mit Sprichwörtern etwas ganz anderes ausdrücken möchte, als man wörtlich sagt. Über einen Menschen, der einem anderen eins auswischen will und sich dabei selbst schadet, sagt man: »Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein«, obwohl der Betreffende mit Sicherheit keine Grube gegraben hat. Mancher Demenzkranke ist damit überfordert und versteht die übertragene Bedeutung nicht.
Das Schlüsselwort am Satzende
    Wenn das Kurzzeitgedächtnis eines Demenzkranken sehr stark beeinträchtigt ist, versteht er längere Sätze kaum noch. Auch bei kurzen Sätzen bleibt das Satzende am besten in Erinnerung. Daher versuche ich am Ende der Äußerung das wichtige Schlüsselwort mitzuteilen,das ich zur Verstärkung auch noch betonen kann. Statt der Äußerung: »Ich habe verschiedene Teesorten. Sag mir doch bitte, welche Du am liebsten magst!« sage ich wohl besser: »Ich möchte uns einen Tee kochen. Welcher ist denn dein Lieblingstee?«
Gestik und Mimik richtig einsetzen
    Bei sehr schweren Demenzerkrankungen kann das Sprachverständnis des Kranken so reduziert sein, dass ich sprachbegleitend Gestik und Mimik einsetze, um mich verständlich zu machen. Dabei muss ich jedoch darauf achten, dass Gestik und Mimik eindeutig sind und mit dem sprachlich Gesagten übereinstimmen. So steigert es die Verwirrung des Kranken ja nur noch, wenn ich ihm sage, dass ich sehr glücklich bin und dabei ein trauriges Gesicht mache. Viel schwieriger ist jedoch die eindeutige Gestik: Viele Menschen nehmen die Hände zu Hilfe, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr

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