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Alzheimer und Demenzen

Alzheimer und Demenzen

Titel: Alzheimer und Demenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prof. Dr. Sabine Engel
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»Alles-oder-nichts-Größe«: Entweder weiß ich um meine Erkrankung oder eben nicht.
    Die englischen Ärzte Howorth und Saper haben aufgrund ihrer Arbeit mit demenzkranken Menschen nun aufgezeigt, wie wichtig es ist, unterschiedliche Komponenten der Krankheitseinsicht demenzkranker Menschen zu unterscheiden:
Eine intellektuelle Komponente, die das Wissen um die Krankheit, ihre Auswirkungen und Folgen umfasst und
eine emotionale Komponente, die aus Gefühlsreaktionen und Stimmungszuständen besteht, die bei der erkrankten Person durch die krankheitsbedingten Veränderungen ausgelöst werden.
Die intellektuelle Komponente
    Die intellektuelle Komponente der Krankheitseinsicht besteht aus Wissensbeständen, die unterschiedlich umfangreich sind: Das geringste Wissen von seiner Demenzerkrankung hat derjenige, dem es einfach nur bewusst ist, dass sich in letzter Zeit einige seiner geistigen Leistungen, wie z. B. die Konzentrationsfähigkeit, verschlechtert haben.
    Deutlich umfangreicher ist die intellektuelle Krankheitseinsicht, wenn der Betroffene darüber hinaus weiß, dass diese Veränderungen nicht mehr »normal« für sein Alter sind, sondern Hinweise auf einen krankhaften Prozess darstellen.
    Am umfangsreichsten ist das Wissen von der eigenen Demenzerkrankung bei demjenigen, der weiß, dass er an einer Demenzerkrankung leidet und sich bewusst ist, welche Bedeutung die Auswirkungen dieser Erkrankung für ihn, sein Leben und seine Zukunft haben. Auch diese umfassende Krankheitseinsicht gibt es bei manchen Demenzkranken.
    »Ich kann manchmal einfach nicht mehr denken!«
    In jüngsten Interviewstudien haben demenzkranke Menschen von Erlebnissen berichtet, an denen sie selbst wahrgenommen haben, dass etwas mit ihnen nicht mehr stimmt. Sie schildern, dass sie merken
keine Entscheidungen mehr treffen zu können, weil ihnen die Vorstellungskraft fehlt, die sie bräuchten, um erkennen zu können, welche der zur Auswahl stehenden Alternativen sie lieber hätten,
keine Probleme mehr lösen zu können, selbst wenn es sich um ganz alltägliche »Probleme« handelt, wie z. B. das Öffnen der Schiebetür am Kleiderschrank,
ihre Alltagsaufgaben nicht mehr bewältigen zu können, die sie jahrelang routinemäßig erledigt haben, wie z. B. eine Mahlzeit vorzubereiten,
ihre persönlichen Dinge wie Schlüssel, Portemonnaie, Versichertenkärtchen oder wichtige Unterlagen ständig zu verlegen und dann viel Zeit brauchen, um sie wieder zu finden;
nicht mehr aus dem Haus gehen zu wollen, weil sie fürchten, auf Bekannte zu treffen, die sie nicht wiedererkennen, oder in Gespräche verwickelt zu werden, die sie überfordern,
Unterhaltungen anderer Menschen nicht mehr folgen zu können,
nicht mehr die richtigen Worte zu finden, wenn sie sich an einem Gespräch beteiligen wollen,
wichtige Termine oder Absprachen zu vergessen,
langsam und unkonzentriert geworden zu sein, sodass sie für alles jetzt viel mehr Zeit bräuchten als früher.
    Folgendes Zitat einer 70-jährigen Frau, die an einer Demenz vom Alzheimer-Typ im Frühstadium erkrankt ist, kann ihre Einsicht in ihre zunehmenden Konzentrationsstörungen gut illustrieren:
    »Es ist eine Katastrophe, wenn ich morgens einen Termin habe! Denn da muss ich ja pünktlich sein. Ich beeile mich wirklich! Ich lege mir schon abends die ganzen Sachen zurecht, sodass ich morgens nur noch duschen und mich anziehen muss. Und doch: Ich kann es nicht! Dann erwische ich mich wieder dabei, dass ich etwas sehe und dorthin gehe – und dann ist plötzlich schon wieder so viel Zeit vergangen und ich bin zu spät dran! Also, ich beeile mich wirklich! Aber ich kann doch nicht noch früher anfangen – ich kann einfach nicht anders!«
Die emotionale Komponente
    Auf diese Wahrnehmungen reagieren viele demenzkranke Menschen mit unterschiedlichsten Gefühlen und Affekten. Jeden Menschen schreckt wohl solche Erkenntnis! Diese stellen die emotionale Komponente der Krankheitseinsicht bei Demenz dar.
    Während manche Versagenserlebnisse Erschrecken, Ärger oder gar Wut bei den Betroffenen auslösen, reagieren viele Demenzkranke auf das Erkennen eigener Symptome auch mit Trauer und depressiver Stimmung. Zugrunde liegt diesen emotionalen Reaktionen aber meist eine gemeinsame emotionale Quelle: Angst. Diese Angst hat viele Facetten – so berichten Demenzkranke, Angst vor der Zukunft zu haben, Angst davor, die eigene Selbstständigkeit zu verlieren, Angst, den Angehörigen zur Last zu fallen. Die bedrohlichste Seite dieser

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