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Alzheimer und Demenzen

Alzheimer und Demenzen

Titel: Alzheimer und Demenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prof. Dr. Sabine Engel
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selbst und seinem eigenen Lebensweg zu verlieren, dient ihm eine Umwelt, die keinen Veränderungen unterworfen ist, als Stütze seines Selbst. Vertraute Räumlichkeiten und bekannte und lieb gewonnene Gegenstände am gewohnten Platz geben das Gefühl, sich an einem sicheren Ort der eigenen Lebensgeschichte zu befinden. Andererseits rufen sie Erinnerungen hervor und sind somit häufig Andenken an wichtige Lebenssituationen. In diesem Sinne ist eine konstante Umwelt Träger von identitätsstabilisierenden Elementen.
    In einer fremden Umgebung, in der kein Bild, kein Teppich und kein Dekorationsgegenstand an die eigene Geschichte erinnern, verliert ein demenzkranker Mensch, der unter Langzeitgedächtnisstörungen leidet, sich selbst. Dieses Gefühl der eigenen Desorientierung führt häufig zu starken psychischen Reaktionen wie Angst, Unruhe, Aggression und Misstrauen.
Eine konstante Bezugsperson vermittelt Sicherheit
    Was auf die nicht belebte Umwelt zutrifft, gilt natürlich auch für die Menschen im Umfeld: Bekannte oder vertraute Bezugspersonen tragen ebenfalls zu dem Gefühl der Sicherheitund Geborgenheit bei. Da eine konstante Bezugsperson immer in einer ähnlichen Art und Weise auf den Kranken reagiert, stabilisiert sie darüber hinaus auch sein Selbst: Über ihre konstanten Reaktionen erfährt der Kranke immer wieder neu: »So reagiert man auf mich, so bin ich also«. Wenn die Bezugsperson z. B. immer wieder über kleine Scherze des Kranken lacht oder schmunzelt, erfährt er durch diese gleichbleibende Reaktion: »Ich bin ein humorvoller Mensch«.
Strukturieren Sie seinen Tagesablauf
    Über einen klar strukturierten Tagesablauf gewinnt der Kranke Alltagssicherheit: Das Wissen, was zu welcher Tageszeit an welchem Wochentag wie zu tun ist, entlastet von oftmals als quälend empfundenen Überlegungen und Grübeleien: »Was soll ich jetzt tun?«, »Was kann ich noch?«, »Für was werde ich noch gebraucht?« Dieser Tagesplan sollte klare Beschäftigungs- und Entspannungsphasen beinhalten. Natürlich bemühe ich mich, die Betätigungen an die Vorlieben des Kranken anzupassen, denn sie sollen ihm ja das Gefühl geben, etwas Sinnvolles zu tun und eine wichtige Aufgabe zu haben.
    Wieder erfordert es hier großes Feingefühl herauszufinden, welche Aufgaben den Kranken weder über- noch unterfordern und welche ihm Freude bereiten. Auch ist es häufig ein großer Balanceakt, dem Kranken das größtmögliche Maß an Selbstständigkeit zu lassen, ihm aber Unterstützung und Hilfe zukommen zu lassen, wo er sie wirklich braucht. In der Literatur spricht man hier von dem guten Maß an fürsorglicher Autorität.
    Diese Konstanz im Tagesablauf dient dem Kranken ebenfalls als Identitätsstütze, zeigt sie ihm doch über seine immer wiederkehrenden Beschäftigungen, wer er ist und wie er ist, z. B.: »Ich bin gesundheitsbewusst, weil ich nachmittags immer eine Stunde spazieren gehe«, »Ich bin hilfsbereit, weil ich meiner Frau im Haushalt helfe«, »Ich bin naturverbunden, weil ich täglich Gartenarbeit erledige« usw.
Ausdrucksmöglichkeiten: Kunst- und Musiktherapie
    Eine andere Möglichkeit, den Kontakt des Kranken zu seinem Selbst aufrechtzuerhalten – in diesem Fall aber zu dem eher emotionalen Bereich des Selbst –, können im Rahmen der SET auch kunst- und musiktherapeutische Ansätze sein. Konkret bedeutet dies, den Kranken anzuhalten, über das Malen von Bildern, Modellieren mit Ton, Basteln, Liedersingen oder -hören oder Spielen von Musikinstrumenten seine Gefühle auszudrücken. Nicht selten wird es für Kranke im Verlauf der Erkrankung nämlich immer schwieriger, Gefühle und Stimmungen verbal mitzuteilen. Über expressive Formen der Kunst ist es dann oftmals noch eher möglich, eigene Emotionen und Bedürfnisse zu äußern. Dies hat nicht nur die Funktion, sich anderen mitzuteilen, sondern hilft auch, sich über sich selbst und den eigenen Gefühlszustand im Klaren zu werden.
    Vielleicht ist es mir zu Hause nicht möglich, mit dem Kranken zu malen oder ihn zum Malenanzuregen, aber möglicherweise kenne ich Lieder, die er gerne gesungen hat und sie jetzt noch gerne hört. Vielleicht kann er darüber auch noch zum Mitsingen oder Mitsummen bewegt werden. Manche Kranke, die von sich aus gar nicht mehr sprechen, stimmen plötzlich mit ein, wenn man ein Lied singt – und kennen noch einige Strophen!
    wichtig
    Auch im Rahmen der SET wird ein einfühlender Kommunikationsstil gepflegt. Die Realität des Kranken wird

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