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Alzheimer und Demenzen

Alzheimer und Demenzen

Titel: Alzheimer und Demenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prof. Dr. Sabine Engel
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auf eigene Stärken aufmerksam werden, die ihn im Laufe seines Lebens immer wieder befähigt haben, Probleme zu bewältigen. Durch die Bestätigung seiner Interpretationen kann er in seinen Bedürfnissen, seinem Ich-Gefühl, seinem Selbstvertrauen und seinem Selbstwertgefühl unterstützt und gestärkt werden.
    Der Verlust des Selbstbildes führt meist zu Gefühlen der Entwurzelung und des Verlorenseins und wird daher von dem Kranken als massive Lebensbedrohung erlebt. Die Vergewisserung der eigenen Identität ist dagegen ein Anker, der selbst in Zeiten des Umbruchs, der Veränderungen, der Krankheit und des Abschieds Halt und Sicherheit bietet.
    Die Erfahrungen durch die Arbeit mit demenzkranken Menschen haben gezeigt, dass es einem Kranken meist nicht möglich ist, ohne Hilfestellung anderer Menschen die fördernde Wirkung der Erinnerungsarbeit zu erfahren. Der Demenzkranke braucht interessierte Zuhörer, die seine Lebensgeschichte hören wollen, die die Botschaften hinter den Geschichten verstehen, die seine früheren Leistungen anerkennen, die ihn durch ihre Fragen und Erinnerungshilfen unterstützen, die positiven Aspekte der vergangenen Erlebnisse zu erkennen.
    Mit dem Wissen um die stärkende Kraft der einfühlsamen Kommunikation wird auch deutlich, dass es den Prinzipien der Erinnerungstherapie mit demenzkranken Menschen widerspricht, den Kranken zu korrigieren, ihn mit der Realität zu konfrontieren oder ihn auf Irrtümer hinzuweisen. Vielmehr basiert auch dieser Ansatz auf dem Grundsatz der respektierenden Bejahung.
    Der Wahrheitsgehalt ist nebensächlich
    Wenn der Demenzkranke in meiner Familie sich gerne seine Erfolgserlebnisse ins Gedächtnis ruft und sich vielleicht auch an Erfolge »erinnert«, die nach meinem Dafürhalten seiner Phantasie entspringen und gar nicht stattgefunden haben, dann ist es nicht hilfreich, wenn ich ihm mit der Sachnachricht (siehe Kapitel 1) antworte: »Nein, also das stimmt jetzt aber wirklich nicht!« Der Kranke, der angesichts seiner abbauenden Fähigkeiten seinen Selbstwert bewahren will und in mich das Vertrauen setzt, dass ich ihm dabei helfe, wird sich durch eine solche »Abfuhr« zurückgewiesen fühlen. Die Selbstoffenbarungsnachricht, die hinter seiner »Phantasieerinnerung« steht, lautet vielleicht: »Ich konnte viele Erfolge in meinem Leben verzeichnen, weil ich immer fleißig und gewissenhaft war. Und darauf kann ich heute noch stolz sein!« Doch diese Nachricht habe ich nicht verstanden. Insofern fühlt er sich sogar zu Recht unverstanden.
Führen Sie gemeinsam ein Tagebuch
    Die demenzbedingten Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses führen dazu, dass neue Erlebnisse nicht mehr in das Langzeitgedächtnis übertragen werden können: Das episodische Langzeitgedächtnis, das bereits im vorherigen Kapitel mit einem inneren Tagebuch verglichen wurde, bleibt ab einem bestimmten Krankheitsstadium leer.
    TIPP
    Gemeinsam erinnern
    Neben der erinnerungstherapeutischen Funktion kann es außerdem die Sprach- und Kommunikationsfähigkeit des Kranken fördern und stabilisieren, wenn ich ein Tagebuch mit ihm führe: Wir rufen uns abends noch einmal gemeinsam den Tag in Erinnerung, besprechen wichtige Ereignisse, klären Situationen, erinnern uns vielleicht darüber auch an frühere Erlebnisse. Außerdem kann es sehr beziehungsfördernd sein, wenn man auf diese Weise dem anderen Geschichten erzählt und sich ihm mitteilt. Und schließlich könnte es zu einem schönen Ritual werden, das der Tagesstruktur einen harmonischen Abschluss gibt!
    Das Führen eines echten Tagebuchs kann diesem Verlust an weiterer Lebensgeschichte entgegenwirken. In dieses Tagebuch können Sie wichtige Ereignisse und alltägliche Verrichtungen notieren. Man kann die Eintrittskarte, die an das schöne Konzert erinnert oder Fotos einkleben, die Torte vom letzten runden Geburtstag hineinzeichnen oder eine Situation malen. Wie das episodische Gedächtnis ist auch das Tagebuch ein sehr individuelles Gedächtnis, das nicht einen sachlichen Bericht beinhalten soll, sondern die Erlebnisse enthalten sollte, an die sich der Kranke gern erinnert.
    Für einen Kranken kann eine solche Gedächtnisstütze eine große Sicherheit darstellen: So kann er den Teil seiner Lebensgeschichte, den er nicht mehr in seinem inneren Tagebuch festhalten kann, nachlesen.
Legen Sie ein Erinnerungsalbum an
    Die Identität eines Menschen macht sich an den wichtigen Schlüsselerlebnissen seines Lebens fest. Verliert er diese

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