Alzheimer und Demenzen
anerkannt und nicht korrigiert, bei Konflikten versucht man, die Selbstoffenbarungsnachrichten des Kranken zu entziffern, Konflikte werden vermieden, die Gefühle des Kranken wahrgenommen und bestätigt.
Austausch über den Sinn des eigenen Lebens
Insbesondere im Alter oder bei Krankheit wird vielen Menschen die eigene Endlichkeit bewusst und sie haben das Bedürfnis, auf die Fragen nach dem Sinn des eigenen Lebens eine befriedigende Antwort zu finden. Aus der Hospizarbeit weiß man, dass Menschen, die sich mit ihrem Lebenssinn befassen, häufig darüber reden möchten. Sie brauchen Zuhörer, die sich diesem oft angstbeladenen Thema stellen, sie brauchen Menschen, die ihnen ihre Sicht auf das eigene Leben bestätigen, sie brauchen jemanden, der ihnen durch Fragen hilft, klar zu sehen.
Auch viele Demenzkranke haben das Bedürfnis, über den Sinn ihres Lebens zu sprechen, über Ängste, Werte, eigene Überzeugungen, Leistungen und Schuld. Dem Wunsch, das eigene Leben zu bilanzieren, um eine Zufriedenheit mit dem Resultat der Bilanz verspüren zu können, steht häufig die Tatsache im Weg, dass sie bereits einen Teil ihres Wissens um die eigene Lebensgeschichte vergessen haben. Daher brauchen sie Menschen, die ihnen helfen, die »Lücken« zu füllen. Mit Erzählungen über das Leben des Kranken und möglicherweise Gesprächen über religiöse oder philosophische Themen kann ich dem Kranken bei der Bearbeitung der für ihn so wichtigen Themen und bei der Bilanzierung seines Lebens helfen.
Das Gefühl, dass das eigene Leben angefüllt war mit »Sinnvollen« Erlebnissen und Handlungen, stärkt die Identität eines Menschen und verhilft ihm zu größerer Zufriedenheit. Natürlich werde ich dem Kranken derartige sinnstiftende Gespräche nicht aufdrängen, wenn er das Bedürfnis nach »tief schürfenden« Themen nicht hat. Doch versuche ich aufmerksam und achtsam zu sein, ob sich hinter irgendwelchen unverständlichen Äußerungen des Kranken möglicherweise dieses Bedürfnis verbirgt.
Mit der Krankheit auseinandersetzen
Eng verbunden mit der Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens ist oft auch die Beschäftigung mit der eigenen Krankheit. Im Rahmen der SET wird zu Gesprächen über die Krankheit geraten, wenn der Kranke dies wünscht. Bei solchen Gesprächen sollte der Schicksalscharakter der Krankheit im Mittelpunkt stehen, der jede Schuldhaftigkeit ausschließt. Wichtig ist es aber, sensibel darauf zu achten, wann dem Kranken das Redenüber die Krankheit zu viel wird. Dabei sollte der Schicksalscharakter der Krankheit im Mittelpunkt stehen, der jede Schuldhaftigkeit ausschließt.
Da die Erkrankung nicht verschuldet ist, ist sie auch nicht vermeidbar gewesen. Wenn der Kranke das Bedürfnis hat, über seine Erkrankung zu sprechen, betone ich, dass er für seine Krankheit nichts kann und dass es daher klug und sinnvoll ist, das eigene Schicksal anzunehmen und die Erkrankung für sich zu akzeptieren.
Natürlich werden Demenzkranke, die keine Einsicht in ihre Erkrankung haben, ein solches Gespräch nicht wünschen. Dann scheint es auch weder sinnvoll noch positiv, mit dem Betroffenen über seine Erkrankung sprechen zu wollen.
Angst vor der Zukunft
Dass sie vieles nicht mehr so können wie früher, nagt häufig an dem Selbstwertgefühl von Demenzkranken. Zudem macht die Vorstellung, dass die noch vorhandenen Fähigkeiten und Kompetenzen weiter abnehmen könnten, Angst vor der Zukunft: »Wer werde ich sein, was wird von mir übrig bleiben, wenn ich all das nicht mehr kann, was mich doch ausmacht?«
Der Umgang mit derartigen Selbstbedrohenden Ängsten und Selbstzweifeln ist für mich als Angehörige nicht immer leicht. Um das Identitätsgefühl des Kranken zu stärken und zu stützen, empfiehlt die SET, dem Kranken Zuversicht zu vermitteln, indem ich ihn in den Dingen und Fähigkeiten unterstütze, die ihn ausmachen. Auf diese Weise kann ich die identitätsstiftenden und -stärkenden Kompetenzen und Beschäftigungen so lange wie möglich aufrechterhalten.
Wie bei jeder Form des Umgangs sind natürlich auch hier Feingefühl und Empathie erforderlich. Denn bei aller Vermittlung von Zuversicht versuche ich trotzdem auch, die Ängste und Zweifel des Kranken wahrzunehmen und zu akzeptieren. Ich verfolge also nicht das Ziel, dem Kranken seine Gefühle als grund- und haltlos auszureden, sondern diese ernst zu nehmen und Hilfe und Unterstützung anzubieten.
Erinnerungstherapie
Alte Erinnerungen helfen dem Kranken, sein Selbst
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