Alzheimer und Demenzen
zu verlieren:
»Für mich ist das Schlimmste die komplette Veränderung ihrer Persönlichkeit. Ich verliere meine Mutter langsam. Sie ist nicht mehr der Mensch, der sie für mich war. Sie hat mich schon allein gelassen.«
Allein gelassen von anderen Personen
Angehörige erleben einerseits häufig, dass Freunde, Bekannte, Nachbarn oder andere Familienmitglieder sich viel seltener bei ihnen melden und zu Besuch kommen als früher. Andererseits berichten viele auch, dass die kurzen Besuche dieser außenstehenden Personen oft eine zusätzliche Belastung darstellten, da die Besucher ihnen anschließend die Rückmeldung gäben, die Demenzerkrankung des Betroffenen sei ja gar nicht so fortgeschritten und sein Verhalten viel weniger auffallend, als die Angehörige es darstellen würde. Fragt man nach den Ursachen für dieses scheinbar unsolidarische Verhalten, dann scheint weniger böse Absicht dahinter zu stecken als vielmehr Unwissenheit über die Erkrankung und Unsicherheit im Umgang mit dem Demenzkranken.
Erleben Außenstehende die Krankheitszeichen des Demenzkranken, z. B. das häufige Wiederholen derselben Frage, das Nichterkennen von Bekannten oder aufbrausendes oder distanzloses Verhalten, können sie diese Eindrücke meist nicht richtig einordnen oder wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Da diese eigene Unsicherheit als unangenehm erlebt wird, ziehen sich viele von ihnen zurück.
Dennoch nehmen manche das Ausmaß der Beeinträchtigungen des Demenzkranken meist nicht so ausgeprägt wahr wie die Angehörige. Da außenstehende Personen eben nur seltenen und kurzen Kontakt zu dem Demenzkranken haben, erleben sie ihn oft nur in »besonderen« Situationen, in denen es ihm meist noch möglich ist, alle seinen verbliebenen geistigen Kräfte und Ressourcen kurzfristig zu mobilisieren und sich von seiner besten Seite zu zeigen. In diesen Situationen präsentiert er sich mit Tätigkeiten, die er noch kann – vielleicht dem Erzählen von Geschichten aus seiner Kindheit oder Jugend – und überbrückt oder überspielt auf diese Weise seine geistigen Defizite. Personen, die unerfahren im Umgang mit demenzkranken Menschen sind, lassen sich von diesem Schutzverhalten Demenzkranker häufig blenden, ziehen ausdem Erleben seiner verbliebenen Kompetenzen die Schlussfolgerungen, dass er doch gar nicht so beeinträchtigt sein könne, wie die Angehörige ihn schildert, und dass diese daher stark übertreibe.
Dasselbe Gefühl entsteht bei Angehörigen auch durch den Kontakt mit Ärzten, die die Symptome des Kranken nicht als Krankheitszeichen erkennen und als »normale Alterserscheinungen« bezeichnen, die den Angehörigen die Untersuchungsergebnisse nicht mitteilen bzw. erklären oder die Sorgen der Angehörigen mit den Sätzen abtun: »So ist das eben im Alter!« und »Da kann man eben nichts machen!« Auch Krankenhauspersonal, das unsensibel oder gar aggressiv auf die Verhaltensauffälligkeiten des Demenzkranken reagiert, ihn für seine Defizite und sein Fehlverhalten verantwortlich macht oder die Angehörige wegen der mangelnden Kooperation des Kranken zur Rede stellt, verstärken dieses Gefühl der Angehörigen, ganz allein bei der Bewältigung der Krankheitsfolgen zu sein.
»Meine Freunde scheinen mich vergessen zu haben.«
Plötzlich bist du allein!
So berichtet eine 70-jährige Frau, die seit zwei Jahren ihren demenzkranken Ehemann versorgt und betreut, in der Angehörigenschulung von ihren Erlebnissen: »Wenn du einen demenzkranken Mann zu Hause hast, bist du plötzlich ganz allein! Wir hatten früher so viele Freunde und Bekannte, aber jetzt scheinen sie mich vergessen zu haben.
Sie kommen eben mit meinem Mann nicht zurecht, und deshalb besuchen sie uns einfach nicht mehr! Ich glaube, einige von ihnen haben auch Angst, es könnte ihnen selbst auch einmal so gehen. Denn vor so einer Krankheit ist ja niemand gefeit! Meine Schwägerin ruft manchmal an, fragt kurz, wie es meinem Mann geht, aber dann ist das Telefonat auch schon wieder beendet.
Auch der Hausarzt hört nicht zu!
Wenn ich zu unserem Hausarzt gehe und von den Symptomen meines Mannes berichten will, sagt er: »Na, wir sind doch alle mal ein bisschen vergesslich!« Erst als ich in die Angehörigengruppe kam, war das für mich wie eine Erlösung! Denn hier habe ich Menschen kennengelernt, die mich verstehen, weil es ihnen ganz ähnlich geht!«
Sich belastet fühlen
Das Zusammenleben mit einem demenzkranken Menschen bringt nicht nur belastende Momente
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