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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Haus. Im Erdgeschoss gibt es eine Art Rezeption, einen Holztresen in einem Loch in der Wand und eine Sitzgruppe aus Sesseln um zwei Tische herum. Knapp unter der Decke hängt ein Fernsehapparat. Rechterhand befinden sich Doppeltüren, die wahrscheinlich zu Küche und Speisesaal führen. Diverse tote Tiere an der Wand; ganz und in Teilen, Vögel und Pelztiere. Eine Sammlung mehr oder weniger antiker Skier.
    Holzfußböden und Flickenteppiche. Ein offener Kamin. Gepflegt, das lässt sich nicht leugnen.
    Aber Mona Frisk verzichtet darauf, stehen zu bleiben und ihn sich in irgendeiner Form einschreiben zu lassen; sie nimmt die geschwungene Treppe in die obere Etage und geht vor ihm den Korridor hinab. Er verläuft durch das ganze Gebäude, rechts und links von ihm liegen die Zimmer. Nummer sieben liegt ganz hinten am Giebel, und sie öffnet die Tür und bedeutet ihm einzutreten.
    Ein Bett, ein kleiner Schreibtisch, ein Stuhl. Ein freistehender Kleiderschrank und ein Gemälde mit einem Tier, das ein Vielfraß zu sein scheint. Ein Waschbecken mit nur einem Hahn. Auch hier ein Flickenteppich. Durch das Fenster würde er eigentlich Blick auf die Berge haben, aber im Moment sieht man nur treibende Wolken.
    »Das Badezimmer ist gegenüber«, erläutert sie.
    Barbarotti nickt und stellt seine Tasche auf den Stuhl.
    »Sie sind wirklich ein Charmebolzen«, sagt er.
    Das hat er eigentlich nur denken wollen, aber aus irgendeinem Grund sind ihm die Worte entschlüpft. Vielleicht gar nicht mal so schlecht, denn es zuckt in ihrem Gesicht, und er kommt zu dem Schluss, dass sich da ein Lächeln andeutet. Sie stoppt es beizeiten und murmelt etwas Ablenkendes, während sie zum Fenster geht und ihm den Rücken zukehrt.
    »Wann kann ich mit ihr sprechen?«, fragt er. »Immerhin bin ich nicht hergekommen, um zu wandern oder mich in die Badewanne zu legen.«
    »Beim Abendessen benötige ich ihre Hilfe«, antwortet Mona Frisk. »Mit Ihnen haben wir insgesamt sechs Gäste. Sie werden Ihr Gespräch hinterher führen müssen. Essen gibt es um sieben unten im Speisesaal.«
    Barbarotti sieht auf die Uhr. Bis dahin sind es noch mehr als drei Stunden, aber es gibt vielleicht keinen Grund, die Dinge unnötig zu komplizieren. Jedenfalls kann er keinen finden. Er ist sich nicht sicher, ob er beim Armdrücken gegen Mona Frisk gewinnen würde, und ist wie immer unbewaffnet.
    »In Ordnung«, sagt er. »Wie sieht es hier mit dem Handyempfang aus?«
    »Hier in der oberen Etage hat man in der Regel ein Netz. Es kommt ein bisschen auf Ihren Anbieter an. Wenn es unbedingt sein muss, dürfen Sie das Festnetztelefon in der Rezeption benutzen.«
    »Danke«, sagt Barbarotti. »Ich rechne damit, das Flugzeug morgen Nachmittag zu nehmen. Kann ich dann auch mit Henning rechnen?«
    »Mit ihm oder seinem Bruder«, erklärt Mona Frisk. »Ist sonst noch was?«
    »Ich würde auch gerne mit Ihnen sprechen«, erdreistet sich Barbarotti.
    »Ich habe zwar keine Ahnung, wozu das gut sein soll«, entgegnet Mona Frisk, »aber wenn es unbedingt sein muss, dann morgen früh. Nach dem Frühstück.«
    »Ausgezeichnet«, sagt Barbarotti, woraufhin sie ihn verlässt, um das Abendessen vorzubereiten.
    Fünf Sekunden, nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hat, kommt der Regen. Er schlägt wie eine Salve gegen das Fenster, und Barbarotti denkt, dass er lieber Busfahrer statt Polizist hätte werden sollen.
    Oder Zahnarzt oder Kürschner oder was auch immer. Nur nicht Kriminalinspektor. Er will mit so etwas nichts zu tun haben. Will nicht auf Menschen losgehen und sie für alle möglichen zweifelhaften Handlungen zur Rede stellen, die sie begangen oder nicht begangen haben. Hat keine Lust mehr, sie oder sich selbst dieser aufdringlichen Art von Misstrauen und Feindseligkeit auszusetzen. Er hat es einfach satt.
    Vor allem will er nicht hier sein. In diesem erbärmlich kleinen Zimmer in dieser nördlich gelegenen Pension ohne Ziel oder Sinn – also er selbst, die Pension hat sicher sowohl ein Ziel als auch einen Sinn –, so steuerlos wie ein Nachen auf offener See, in seinem Schädel stapeln sich die Bilder.
    Er legt sich rücklings aufs Bett, verschränkt die Hände im Nacken und blickt zur Decke. Sie ist weiß und inhaltsleer. Er lauscht dem Regen, der gegen das Fenster treibt, und überlegt, was es wohl bedeutet, dass er auf seiner gut fünfzigjährigen Wanderung auf Erden zu diesem Punkt in Zeit und Raum gelangt ist. Warum liegt er hier? Ausgerechnet hier, ausgerechnet

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