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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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gewarnt worden. Wir scheuen keine Mühe, aber wenn jemand auf unsere Warnung hört, lassen wir ihn in Frieden. Man wird nur einmal gewarnt, du solltest also davon ausgehen, dass die Männer, die nicht klug genug sind, sich der Warnung zu beugen, damit ihr eigenes Todesurteil unterschreiben.
    Nimm einmal an, dass Die Schwestern seit vielen Jahren existieren und sie trotzdem praktisch unbekannt sind.
    Nimm an, dass es dafür gute Gründe gibt.
    Nimm an, dass dies kein Traum ist.
    Dann ist es vorbei. Ein neuer Stich in den Arm, einige Sekunden Totenstille, danach Bewusstlosigkeit.
    Keinerlei Wahrnehmungen.

45
    A m Dienstagnachmittag vernahm Eva Backman zwei Stunden lang Ellen Hökberg. Unterstützt wurde sie von Inspektor Sorgsen, und hinterher war sie dankbar, dass dies nicht Wennergren-Olofsson übernommen hatte. Dann wäre bei dem Ganzen wahrscheinlich nichts herausgekommen.
    Am Anfang – ungefähr die ersten zwanzig Minuten – entschied sich Fräulein Hökberg dafür, alles abzustreiten. Sie war Raymond Fängström nie begegnet. Hatte ihn nicht einmal gesehen. Vor allem aber hatte sie nicht bei ihm zu Hause gegessen und unter gar keinen Umständen an dem Samstag, an dem er starb.
    Als dieses Leugnen in die dritte oder vielleicht auch vierte Runde ging, hatte Backman die Geduld verloren und sie gefragt, ob sie etwas dagegen habe, wenn man ihre Fingerabdrücke sichere. Man werde höchstens eine halbe Stunde benötigen, um zu ermitteln, ob sie ihren Fuß – und ihre Finger – in Fängströms Küche gesetzt hatte oder nicht.
    Angesichts dieses Vorschlags hatte Ellen Hökberg erstens nachgegeben und war zweitens in Tränen ausgebrochen. Sie hatten die Frau mit Papiertaschentüchern, Pfefferminztee sowie einem Heidelbeermuffin versorgt, und nach einer Weile hatte sie sich so weit erholt, dass sie bereit war, mit der Wahrheit herauszurücken.
    Wie sich zeigte, lautete diese, dass sie, genau wie ihre anonyme Freundin vermutet hatte, Raymond Fängström über das Internet kennengelernt hatte. Am Freitagabend – dem Tag vor Fängströms Tod – hatten sie telefoniert, sich ein paar Bilder dazu geschickt, wie hübsch und appetitlich sie waren, und schließlich verabredet, sich am Samstagabend bei Fängström zu treffen. Einen Happen zu essen, ein bisschen Wein zu trinken und zu schauen, wohin das alles führen würde.
    Am Anfang war alles in Ordnung gewesen, erläuterte Ellen Hökberg. Sie waren zusammen einkaufen gegangen, hatten gemeinsam eine Hackfleischsauce zubereitet, zusammen ein oder zwei Gläser Wein getrunken, und die Sache hatte sich im Großen und Ganzen vielversprechend entwickelt. Dann hatte Fängström jedoch Bauchschmerzen bekommen. Es war mitten beim Essen passiert, oder vielleicht auch zu Anfang der Mahlzeit, und er hatte sich probehalber einen Moment auf die Couch im Wohnzimmer gelegt, was allerdings zu keiner Besserung geführt hatte. Auf Fräulein Hökbergs Anraten hatte er einen halben Liter Mineralwasser getrunken, was auch nicht geholfen hatte. Stattdessen hatte sich sein Zustand weiter verschlechtert, und am Ende war er ins Badezimmer gekrochen – sie hatte versucht, ihn zu stützen, das hatte sie wirklich, aber er hatte es vorgezogen zu krabbeln – und hatte sich eingeschlossen.
    Zehn Minuten hatte sie vor der Tür zu diesem Badezimmer gestanden und gehört, wie er sich dahinter quälte. Stöhnte und jammerte. Sie hatte versucht, mit ihm zu reden, aber keine vernünftige Antwort bekommen; das Einzige, was sie bekommen hatte, waren kalte Füße, und daraufhin war sie gegangen.
    Kalte Füße, hatte Sorgsen nachgehakt.
    Gegangen, hatte Backman gefragt.
    An dieser Stelle war Fräulein Hökberg erneut in Tränen ausgebrochen. Ihr war doch nicht klar gewesen, dass es so schlimm um ihn stand. Aber er war doch so ein Schwedendemokrat, was ihr allerdings erst nach ein oder zwei Gläsern Wein bewusst geworden war, und es wäre peinlich gewesen, mit ihm in Verbindung gebracht zu werden. Wenn sie einen Arzt gerufen hätte oder so.
    Wenn er ein Liberaler oder gewöhnlicher Sozialdemokrat gewesen wäre, hätten sie ihn also nicht allein gelassen, hatte Sorgsen wissen wollen.
    Das hatte ihren Tränenfluss nur noch verstärkt, und mittels einer stillschweigenden Übereinkunft beschlossen die beiden Inspektoren, fortan etwas behutsamer vorzugehen.
    Diese behutsame Methode führte mit der Zeit zu einem recht klaren Bild. Ellen Hökberg hatte am Montagvormittag auf der Arbeit von Fängströms Tod erfahren.

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