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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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aus.«
    »Warum habt ihr noch keine Laborergebnisse?«
    Eva Backman seufzte. »Es gab irgendwie Stress mit dem Labor. Wir werden uns noch etwas gedulden müssen.«
    »Aber es besteht immer noch der Verdacht eines Verbrechens?«
    »Bis auf weiteres.«
    Sie zögerte kurz. Dann legte sie das Besteck auf den Teller und lehnte sich über den Tisch. »Warum willst du nicht mit mir reden, Gunnar? Über Marianne, meine ich.«
    Er antwortete nicht, weil er darauf keine Antwort wusste. Sie starrte ihn an.
    »Wir Menschen sind nun einmal füreinander da«, erklärte sie in einem fast pädagogisch klingenden Ton. »Ich will dich nicht drängen, aber ich finde es seltsam, dass du so verdammt verschlossen bist.«
    »Verschlossen?«
    »Ja. Ich weiß, es ist männlich, und dass du es furchtbar schwer hast und so, aber trotzdem …«
    Er stierte eine Weile auf Eva Backmans und seine eigenen Fleischbällchen hinunter.
    »Ja, aber wir haben doch geredet. Haben wir etwa nicht jeden Tag miteinander gesprochen, seit sie gestorben ist?«
    Sie nickte erneut, atmete tief durch und senkte die Schultern. »Ja, natürlich. Jede Menge Worte. Aber vielleicht …?«
    »Ja?«
    »Was ich meine, ist, dass ich auch jemanden zum Reden brauchen könnte, Gunnar. Für mich ist es auch schwer.«
    »Mhm?«
    »Marianne gehörte nicht nur dir. Du musst doch wohl zugeben, dass du … dass du bewusst vermeidest, mit mir darüber zu sprechen? Warum muss es so verdammt kompliziert sein? Sie war deine Frau, aber sie war meine Freundin. Ich vermisse sie auch. Wir könnten uns vielleicht … gegenseitig beistehen.«
    »Das kapiere ich doch. Ich bin ja kein Idiot, Eva. Gib mir nur noch ein bisschen Zeit. Ich glaube …«
    Er verstummte und dachte nach. Eva Backman stemmte die Ellbogen auf den Tisch, faltete die Hände und legte das Kinn auf die Fingerknöchel. Sagte nichts.
    »Ich glaube nicht, dass es ihr gefällt, wenn wir hier sitzen und uns wegen ihr streiten.«
    Eva Backman seufzte. Oder schnaubte. Vielleicht tauchte da aber auch ein rasch vorbeihuschendes Lächeln auf, und er dachte, da, plötzlich, in diesem winzigen Bruchteil eines Augenblicks, zeigte sich schemenhaft etwas.
    War sie das?
    Funktionierte es so? Konnte das …?
    Das war ja wohl nicht möglich, oder?
    Was sind das eigentlich für Fragen, die ich hier stelle? Dachte er anschließend. Wenn man die Fragen schon nicht versteht, wie soll man dann auch nur in die Nähe der Antworten kommen?
    »Jetzt bist du ziemlich weit weg, was?«, fragte Eva Backman.
    »Diese Fleischbällchen sind wirklich nicht besonders«, entgegnete Gunnar Barbarotti.
    »Die schmecken wie immer«, widersprach Eva Backman.
    Rönn hatte sich mit späten Abendterminen einverstanden erklärt, und als Barbarotti auf die Straße hinaustrat, sah er, dass es zwanzig nach zehn war.
    Also über eine Stunde, da sie um Punkt neun angefangen hatten. Worüber sie in der ersten halben Stunde gesprochen hatten, wusste er nicht mehr, aber dann hatte Rönn ihn gefragt, ob er gläubig sei. Genauer gesagt, ob er glaube, dass Marianne in irgendeiner Form weiterexistiere. Obwohl es bereits ihre dritte Unterhaltung war, hatten sie diese Frage bisher nicht berührt.
    Was – dachte er nun, im Nachhinein, als er durch einen stillen Nieselregen zum Norra torg spazierte, wo er geparkt hatte – als ein wenig eigenartig betrachtet werden musste. Dass es möglich war, solche allgemeinen Gespräche über den Tod zu führen. Andererseits war der Tod natürlich ein höchst allgemeines Phänomen, das ließ sich nicht leugnen, und vielleicht war es das, worauf das Therapeutische abzielte? Sich dem Klienten anzupassen – nein, eher den Klienten dem Allgemeinen anzupassen –, und da musste man am Anfang natürlich ziemlich generell bleiben. Aber trotzdem?
    Aber ja, hatte er geantwortet. Ich bin gläubig, und ich glaube, dass es Marianne noch gibt. Das Problem ist nur, dass ich noch keinen Kontakt zu ihr bekommen habe.
    Und Sie rechnen damit, den zu bekommen, wollte Rönn wissen.
    Was heißt hier damit rechnen, hatte er geantwortet. Wie sieht es denn bei Ihnen aus?
    Darauf hatte Rönn nun ja, aber ja, in der Tat geantwortet, und Barbarotti hatte sich gefragt, was zum Teufel das jetzt wieder heißen sollte. Beim Glauben ging es doch nun wirklich um alles oder nichts. Und um Diverses dazwischen; beispielsweise die Bezeichnungen der Samen für Schnee oder den Feminismus. Oder die zahlreichen Namen für das höchste Wesen, wobei allein das Kamel den hundertsten und

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