Am Abend des Mordes - Roman
Mousterlin-Mann beschäftigt gewesen waren, einem Briefe schreibenden Mörder und einem Fall, dessen Wurzeln in der Bretagne lagen, und er hatte beim besten Willen keine Zeit gehabt, sich in das zu vertiefen, was seine Kollegen damals so trieben. Außerdem hatte man ihn für ein paar Tage suspendiert gehabt, was eine ganz andere Geschichte war – und darüber hinaus war es der Herbst vor dem Winter gewesen, in dem er und Marianne zusammengezogen waren.
Aber solche Gedanken waren in dieser düsteren Umgebung an einem schwarzen See nicht besonders erfreulich, wirklich nicht; er hob einen halbwegs flachen Stein von der Erde auf und versuchte stattdessen, ihn über das Wasser springen zu lassen. Der Stein durchschnitt ohne einen einzigen Hüpfer schräg die Oberfläche, und er zwang sich, wieder an den Fall Morinder zu denken.
Trottel-Månsson war natürlich Leiter des Verfahrens gewesen, und die Ermittlungen waren zunächst auf Sorgsens Schreibtisch gelandet – aber dann war Sorgsen zu sehr in diese Geschichte in der Bretagne hineingezogen und die Verantwortung Inspektor Gunvaldsson übertragen worden.
Er erinnerte sich an Gunvaldsson, obwohl er kein schärferes Bild von ihm hatte. Ein großer, kräftig gebauter und freundlicher Bursche aus Gävle. An diesem Ort hatte ihn seine Frau jedoch unter Aufsehen erregenden Formen verlassen, so dass er um seine Versetzung gebeten hatte und in Kymlinge gelandet war. Wenn Barbarotti nicht alles täuschte, war er im Mai aufgetaucht und im Dezember verschwunden. Er hatte sich nie damit beschäftigt, worin diese Aufsehen erregenden Formen bestanden hatten, und wusste ebenso wenig, wohin Gunvaldsson gegangen war – aber Eva Backman hatte ihn einmal, als sie aus irgendeinem Grund über den Kollegen gesprochen hatten, als einen ungeheuer effektiven Ermittler bezeichnet, solange die Sache wie am Schnürchen lief.
Barbarotti wusste zwar nicht, wie berechtigt diese Einschätzung war, aber nachdem er die Akten zu Morinder durchgesehen hatte, glaubte er zu verstehen, was Backman meinte.
Es war um Ellen Bjarnebo gegangen. Punkt. Wenn für das Verschwinden des introvertierten Elektrikers überhaupt ein Verbrechen verantwortlich sein sollte, gab es dafür nur eine – genau eine – Tatverdächtige: seine Lebensgefährtin, einstmals und für alle Zeiten bekannt als die Schlächterin von Klein-Burma. Die Fälle waren einander zum Verwechseln ähnlich. Bei beiden Gelegenheiten hatte besagte Schlächterin der Polizei mitgeteilt, dass der Gatte/Lebensgefährte schon seit einiger Zeit nicht mehr gesehen worden war. 1989 hatte man zwei Monate später begonnen, den Gesuchten zu finden, und sobald feststand, dass er ermordet und zerstückelt worden war, hatte sie gestanden. Achtzehn Jahre später hatte man keine Körperteile gefunden, also hatte sie auch nicht gestehen müssen.
So hatte Gunvaldsson argumentiert, und das konnte man ihm vielleicht auch nicht vorwerfen. Wenn Morinder wirklich umgebracht worden war, musste seine Lebensgefährtin natürlich als Hauptverdächtige gelten. Sie stand ihm nahe, und genau wie dieser schwergewichtige Kriminologe im Fernsehen immer betonte, waren in neun von zehn Fällen dem Opfer nahestehende Menschen die Schuldigen, wenn es um einen Mord ging.
Außerdem war es bei ihr ja sozusagen schon zur Gewohnheit geworden.
Das Problem war nur, dass die Ermittlungen in eine Sackgasse gerieten. Man fand keine Leiche, nur den Leichnam eines Mopeds. Es gab keinerlei Indizien, die auf irgendetwas hindeuteten, und Ellen Bjarnebo brach in den Vernehmungen nicht zusammen und legte dementsprechend auch kein Geständnis ab.
Barbarotti hatte sämtliche Protokolle dieser Vernehmungen gelesen, aus denen ziemlich deutlich hervorging, dass dies die Taktik, und zwar die einzige Taktik gewesen war: sie zu vernehmen und zu vernehmen und zu vernehmen, bis sie einen Fehler machte, etwas Unbedachtes sagte oder – am liebsten – zusammenbrach und zugab, dass sie es wieder getan hatte.
Was jedoch nicht passiert war. Tatsächlich hatte Ellen Bjarnebo sämtlichen Angriffen ohne spürbare Schwierigkeiten widerstanden. Nach dem, was sich aus ihren Antworten herauslesen ließ, war sie die ganze Zeit über ruhig und gefasst geblieben. Hatte immer und immer wieder erzählt, wie es sich abgespielt hatte, dass Morinder auf dem Moped weggefahren und anschließend nicht zurückgekommen war. Dass sie achtundvierzig Stunden gewartet hatte, um dann die Polizei einzuschalten.
Es war natürlich
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