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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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»Jedenfalls dauert es mit Sicherheit nicht mehr als eine Stunde, dorthin zu fliegen. Eine Stunde zurück. Ich glaube ehrlich gesagt, dass es dir ganz guttun würde, mal eine Zeitlang wegzukommen.«
    »Ich hatte mich eigentlich darauf gefreut, dich im Zug beim Zweier-Whist abzuzocken«, sagte Barbarotti. »So wie früher.«
    »Du hast im Zweier-Whist noch nie gegen mich gewonnen«, wandte seine Tochter ein. »Du wirst langsam alt, Papa. Dein Gedächtnis lässt nach.«
    Barbarotti überlegte. »Okay«, sagte er. »Du darfst dich weiter deinen Wahnvorstellungen hingeben. Dann zocke ich dich eben stattdessen am Mittwoch in Kymlinge ab.«
    »Ich werde dir eine faire Chance geben«, versprach Sara, und damit war die Sache entschieden.
    Er begleitete sie zum Zug und winkte ihr hinterher. Als er in die Vikingagatan zurückspazierte, dachte er erneut darüber nach, ob er nach Stockholm umziehen sollte. Will sagen, in ein paar Jahren, wenn die Kinder aus dem Haus waren. Falls es ihm gelingen sollte, so lange am Leben zu bleiben. Er konnte ja schlecht alleine in einem Haus von über dreihundert Quadratmetern hocken, und es sagte ihm zu, auf diesen gut bevölkerten Straßen zu flanieren. Es fiel einem leicht, sich einzubilden, dass man hier irgendwie dazugehörte. Was meinst du, Marianne, fragte er. Wenn man schon alleine sein muss, ist es da nicht besser in Stockholm zu leben als in Kymlinge?
    Er bekam keine Antwort. Na ja, dachte er, es eilt ja nicht, die Zukunft kommt, wenn sie kommt. Als er den Norra Bantorget überquert hatte und an der Zentrale des Schwedischen Gewerkschaftsbundes vorbeigegangen war, merkte er, dass die Trauer wieder bedrohlich nahe war, beschleunigte seine Schritte und dachte, dass es darauf ankam, seine Zeit zu füllen. Nicht sitzen zu bleiben und sich versteinern zu lassen. Oder sich wehrlos unter eine Ulme zu legen.
    Ein einstündiges Gespräch mit Marianne und unserem Herrgott, beschloss er, eine einstündige Analyse der Lage. Das ist ein guter Plan.
    Danach gehe ich aus und nehme eine einfache Mahlzeit zu mir.
    Danach gehe ich ins Bett. Es gab gute Gründe, früh ins Bett zu kommen, denn das Flugzeug nach Vilhelmina ging um 9.40 Uhr vom Flughafen Arlanda, und es war ihm völlig unklar, wann er dorthin würde aufbrechen müssen.
    Der Abend verlief wie geplant. Die Leitungen zum Herrgott und zu Marianne – oder war es sogar dieselbe Leitung – waren ein wenig eingerostet, aber er beschloss, dem keine größere Bedeutung zuzumessen. Die Analyse der irdischen Lage fiel ebenfalls nicht völlig befriedigend aus, doch galt hierfür das Gleiche; er würde am morgigen Tag noch genügend Zeit haben, alles kritisch unter die Lupe zu nehmen. Dieser Gedanke, dass er das Ende der Fahnenstange erreicht hatte, erschien ihm jedenfalls nicht mehr ganz so zutreffend, aber welchen Wert die verschiedenen Informationshappen, die ihm in den letzten achtundvierzig Stunden zugetragen worden waren, eigentlich hatten – die traurige Lisbeth Mattson in Hallsberg, Billy Helgessons widerwillige Auskünfte in der Blekingegatan, die Situation in der Pension nahe Vilhelmina, Inger Berglunds Geschichte von den Verhältnissen auf Groß- und Klein-Burma, sowie Backmans Hinweis auf Bjarnebos und Morinders frühere Verbindung – tja, das alles kam ihm vor wie eine Suppe mit etwas zu vielen Zutaten. Aber sie würde hoffentlich besser abgeschmeckt sein, wenn er sich endlich mit Ellen Bjarnebo zusammensetzen und sich anhören durfte, was sie ihm zu sagen hatte.
    Suppenzutaten, dachte er. Wie komme ich nur auf so etwas?
    Aber wie auch immer: Möglicherweise würde er auch – schließlich und endlich, in Ragnhilds Gebirgspension, eine unbekannte Zahl von Kilometern südlich des Polarkreises – die Antwort auf die Frage erhalten, warum er sich überhaupt mit diesen alten Geschichten auseinandersetzte. Cold cases? War es womöglich so simpel, dass Asunander ferngesehen hatte und sich seither für das Phänomen interessierte? Alte, ungelöste, zähe Brocken. Wer’s glaubt, wird selig, dachte Barbarotti.
    Als er von dem schlichten Chinarestaurant zurückgekehrt war – zwei Häuserblocks entfernt und vom einfachsten Schlag, in dem er binnen zwanzig Minuten ein wenig inspirierendes Reisgericht verdrückt hatte –, rief er die Kinder an, um die Lage zu sondieren. Sara war gerade angekommen, und alles war bestens. Sowohl Jenny als auch Martin bestätigten dies nachdrücklich, und er hatte wirklich keinen Grund, an ihren Worten zu

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