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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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hören konnte. »Und dann rufst du mich morgens um halb sieben an, weil ich es für dich herausfinden soll?«
    »Äh … ja«, sagte Barbarotti. »Natürlich nur, wenn du Zeit hast. Du kannst mich ja im Laufe des Tages zurückrufen.«
    »Nicht nötig«, erwiderte Eva Backman. »Ich kenne die Antwort schon. Mona Frisk hat ihren Mann ermordet. Er hieß Eugen Markström, aber sie hat ihn nicht erschlagen. Sie hat ihn mit einem Elchstutzen erschossen.«
    »Verstehe«, sagte Barbarotti. »Raue Sitten.«
    »Kann man wohl sagen«, meinte Eva Backman. »Zwei Schüsse, einen ins Herz, einen in den Kopf. Dann brauche ich dich also nicht mehr anzurufen?«
    »Nein. Ich melde mich.«
    »Kann ich noch eine halbe Stunde weiterschlafen, wie es ursprünglich meine Absicht gewesen ist?«
    »Aber selbstverständlich«, sagte Barbarotti. »Vielen Dank. Bis bald.«
    Nach dem Frühstück und einer kurzen Analyse der Lage kam er zu dem Schluss, dass ein Taxi zum Flughafen die bequemste Lösung zu sein schien, und erreichte Terminal 4 um Viertel vor neun, eine knappe Stunde, bevor das Flugzeug nach Vilhelmina abheben sollte.
    Das heißt, laut Flugplan. In Wahrheit stand die betreffende Maschine noch mit einem technischen Defekt auf einem ganz anderen Flugplatz in Värmland, und als neue Abflugzeit wurde 11.30 Uhr angekündigt.
    Das ist ja wirklich großartig, dachte Inspektor Barbarotti und kaufte sich eine Tasse Kaffee, eine Zimtschnecke und drei Tageszeitungen. Wie kommt es nur, dass die Leute so ungern fliegen.
    Eine Stunde später hatte er alle Nachrichten drei Mal gelesen, mit zwei seiner Kinder telefoniert, eine zweite Tasse Kaffee getrunken und langweilte sich so, dass er ernsthaft erwog, das Terminal zu verlassen, ein Taxi zurück in die königliche Hauptstadt zu nehmen und sich in den erstbesten Zug nach Kymlinge zu setzen. Diesen ganzen Auftrag in den Zug nach nirgendwo zu packen, mit anderen Worten und apropos Verkehrsmittel, und die beiden Mörderinnen in Lappland in Frieden zu lassen.
    Warum nicht, dachte er. Warum nicht alles mit einem dicken Strich durchstreichen und Asunander erklären, dass sich keine neuen Erkenntnisse ermitteln ließen und er für richtige Arbeitsaufgaben bereitstand. Einfach so.
    Aber dann hatte Axel Wallman seinen Auftritt.
    Er kam wie ein Unwetter an einem Morgen im April, wie es bei Strindberg so schön hieß, und war mit einem senfgelben Cordanzug bekleidet. Außerdem trug er einen Strohhut, hatte einen Spazierstock und eine grün getönte Brille, und wenn er nicht stehen geblieben wäre, um an Barbarottis Tisch seine Begeisterung herauszuprusten, hätte Barbarotti ihn nie und nimmer erkannt.
    »Gunnar, mein Junge!«
    Die Stimme war unverwechselbar. Genau wie die Körperfülle; als Barbarotti seinen alten Kommilitonen das letzte Mal gesehen hatte, wog er etwa einhundertzwanzig Kilo, und er schien seither nicht abgenommen zu haben.
    Haare und Bart waren allerdings gestutzt worden. Als Wallman nun in anderthalb Meter Entfernung vor ihm stand und die Arme zu einer innigen Umarmung öffnete, fand Barbarotti, dass er aussah wie eine Kreuzung aus Luciano Pavarotti und Orson Welles.
    »Axel, alter Freund«, sagte Barbarotti, stand auf und stellte sich trotz der offensichtlichen Gefahr von Rippenverletzungen mannhaft der Umarmung.
    »Iiken ii teda mi zu päiv ili pagenu emähändikaz i`´ces kerdale tob«, deklarierte Wallman, zog den freien Stuhl am Tisch heraus und sank auf ihn herab wie ein Grizzlybär auf ein Golfstühlchen. »Das war Wepsisch und bedeutet ›Niemand weiß, was ein neuer Tag und eine entlaufene Wölfin in ihrem Schoß tragen‹. Frei übersetzt natürlich, aber wir sind ja schließlich freie Menschen, nicht?«
    »Ich denke schon«, erklärte Barbarotti. »Du hast dich verändert. Was ist passiert?«
    »Alles und nichts«, antwortete Wallman. »Was tust du hier, mein Freund? Auf ein abgestürztes Flugzeug warten?«
    »Ob es abgestürzt ist, weiß ich nicht«, sagte Barbarotti. »Aber es hat zumindest Verspätung.«
    »Mir geht es genauso«, stellte Wallman fest und winkte dem Mädchen hinter der Theke zu. »Mich zieht es geschäftlich in die südlicheren Provinzen, aber jetzt sitzt man hier gestrandet wie eine ausgehungerte Robbe.«
    »Ich glaube, man muss an der Theke bestellen«, meinte Barbarotti.
    »Mit Sicherheit nicht«, entgegnete Wallman. »Schau, da kommt sie ja schon. Beharrlichkeit führt zum Ziel.«
    Er bestellte einen Kaffee mit drei Marzipanteilchen, und Barbarotti nutzte

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