Am Abend des Mordes - Roman
zweifeln.
Sie kommen ohne mich zurecht, dachte er, nachdem er aufgelegt hatte. Schaffte es, kurzen Prozess mit dem unklaren Gefühl zu machen, das angesichts dieser simplen Feststellung in ihm aufkam, und ging duschen.
Sara hatte darauf bestanden, dass er in ihrem Bett schlafen solle, aber er entschied sich für die Couch. Hatte er zwei Nächte auf ihr geschlafen, konnte er es auch noch eine dritte tun. Er löschte das Licht und schlief kurz vor Mitternacht ein, und es waren vermutlich nur wenige Minuten vergangen, bis Marianne, die Hände in die Hüften gestemmt, vor ihm stand.
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E s war seltsam, dass sie ausgerechnet so dastand.
Als wollte sie ihn für irgendetwas zur Rechenschaft ziehen.
Oder ihn warnen. Sie sagte nichts, verzog keine Miene, aber durch ihre sanft gerunzelte Stirn hindurch konnte er ihre Gedanken lesen. Wie auch immer das funktionieren mochte.
Nimm dich in Acht, Gunnar , sagten sie. Mit dem Leben ist nicht zu spaßen.
Was?, fragte er. Warum soll ich mich in Acht nehmen? Wie meinst du das, mit dem Leben ist nicht …?
Achte darauf, dass du dich konzentrierst , fuhr sie fort, ohne ihm Gelegenheit zu geben, seine Gedanken zu Ende zu formulieren. Es geht einfach nicht, immer alles darauf zu schieben, dass du in Trauer bist, du musst einen klaren Kopf behalten! Du glaubst vielleicht, dass diese Geschichte nur ein Weg ist, Zeit totzuschlagen, aber das stimmt nicht. Du bist in Gefahr, Gunnar, hörst du, was ich sage?
»Na ja … ja … doch, ich denke schon«, murmelte Barbarotti. Obwohl er allem Anschein nach schlief, merkte er, dass er die Worte tatsächlich aussprach; seine Lippen bewegten sich, so dass er vermutlich kurz unter der Oberfläche des Wachseins trieb. Kannst du nicht ein bisschen näher kommen, Marianne, damit ich dich berühren kann, versuchte er, sie zu locken.
Diesem Wunsch kam sie nicht nach. Sie blieb in einer Art Türrahmen stehen; hinter ihr war helllichter Tag und ganz offensichtlich Sommer, und er hatte den Eindruck, als könnte es das Haus in Hogrän auf Gotland sein, und im Grunde nahm er sie nur als eine dunkle Silhouette wahr; diese gerunzelte Stirn ließ sich nicht mehr erkennen, aber dass sie sich Sorgen um ihn machte, blieb dennoch unverkennbar.
Gunnar, ich will nur, dass du vorsichtig bist , sagte sie und sprach nun wirklich direkt zu ihm. Fast wie eine Mutter zu einem trotzigen und ungehorsamen Kind. Ich will nicht, dass dir etwas passiert.
Er dachte daran, wie schade es doch war, dass sie sich ihm endlich zeigte, um ihn zu ermahnen … und dass er sie auch nicht richtig sehen konnte, denn die Silhouette wuchs, wurde dunkler und größer, bis sie schließlich die ganze Türöffnung einnahm. Aber vielleicht kam sie ihm auch, trotz allem, entgegen, und das Licht verschwand deshalb; er streckte beide Hände aus, um sie nicht zu verpassen, aber bevor sie ihn erreicht hatte und ihm klar wurde, wie das alles zusammenhing, wurde er mit solcher Kraft aus seinem Traum geschleudert, dass er fast von der Couch gefallen wäre.
Er setzte sich auf. Fühlte das Herz in seiner Brust pochen wie ein Schmiedehammer. Was immer das war? Oder hieß es eigentlich Eisenschmiedehammer? Und wieso dachte er darüber nach? Er ging in Saras Küche, trank ein Glas Wasser und kehrte zur Couch zurück. Lag lange da, die Hände auf der Brust gefaltet, und versuchte sich den Traum und ihre Anwesenheit zu vergegenwärtigen. Es kehrte allerdings nichts zurück, absolut nichts, obwohl es ihm keinerlei Schwierigkeiten bereitete, sich an das zu erinnern, was sie gesagt hatte.
Nimm dich in Acht.
Du musst einen klaren Kopf behalten.
Ich will nicht, dass dir etwas zustößt.
Es war seltsam. Und am seltsamsten war vielleicht nicht, dass sie so aufgetaucht war, sondern dass sie mit ihm über die Arbeit gesprochen hatte.
Über diese alten Fälle und Ellen Bjarnebo?
Oder etwa nicht? Musste er ihre Worte nicht so deuten? War es nicht das, worauf sie angespielt hatte? Was hatte das nur zu bedeuten?
Als er fünfeinhalb Stunden später aufwachte, hatte er immer noch die gleichen Fragen im Kopf.
»Wen hat sie ermordet?«
»Hä?«, sagte Eva Backman. »Wie viel Uhr ist es?«
»Halb sieben«, klärte Barbarotti sie auf. »Aber ich muss jetzt gleich zum Flughafen und habe mir überlegt, dass es vielleicht nicht verkehrt wäre zu wissen, wer es war … ich meine, den Mona Frisk erschlagen hat?«
»So so, das hast du dir also überlegt?«, hielt Backman fest und gähnte, dass man es bis Stockholm
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