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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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die Gelegenheit, ebenfalls eine weitere Tasse zu ordern. Da man auf einmal am Tisch bedient wurde.
    Sie fuhren fort, kraftvolle und sinnlose Höflichkeitsfloskeln auszutauschen, dann wollte Barbarotti Bescheid wissen.
    »Entschuldige bitte, wenn ich das sage, Axel, aber du siehst ehrlich gesagt aus, als wolltest du für Kinder Theater spielen. Würdest du die Güte haben, mich auf den aktuellen Stand der Dinge zu bringen?«
    Axel Wallman sah auf die Uhr.
    »All right. Ich habe vierzig Minuten bis zum Abflug, das schaffen wir. Aber wenn du von dem, was ich dir zu erzählen habe, auch nur ein Sterbenswörtchen weitererzählst, bringe ich dich um.«
    »Klingt fair«, sagte Barbarotti. »Ich habe doch geahnt, dass etwas passiert ist. Vor ein paar Tagen war ich an deinem Haus. Wallman-Braun?«
    »Pssst! Nicht so laut!« Wallman lehnte sich schwer über den Tisch. »Flughafenterminals haben tausend Ohren. Wollen wir uns vielleicht stattdessen in diese Ecke dort begeben?«
    Er zeigte auf einen abseits stehenden Tisch, an dem gerade ein junges Paar aufbrach. Sie nahmen ihre Kaffeetassen und Marzipanteilchen und zogen um.
    »So«, sagte Wallman. »Jetzt spitz die Ohren. Ich hoffe, dir ist aufgefallen, dass ich gut bei Kasse bin?«
    »Es hat den Anschein«, erwiderte Barbarotti. »Zweifellos.«
    »Ha«, rief Wallman aus. »Und keinen Tag zu früh. Ehrlich gesagt hatte ich es satt, ein verkanntes Genie zu sein. Deshalb beschloss ich, eine neue Laufbahn einzuschlagen. Ich glaube, Saarikoskis Tod veranlasste mich umzusatteln.«
    »Saarikoski ist tot? Das tut mir leid.«
    »Ein sehr kluges Tier«, bemerkte Wallman. »Und bis in den Tod hinein voller Würde. Er schlief ohne Qual oder Furcht ein. Im Alter von fast fünfzehn Jahren, das ist viel für einen so großen Hund. Man muss bedenken, dass die meisten unserer vierfüßigen …«
    »Deine neue Laufbahn?«, rief Barbarotti ihm ins Gedächtnis.
    »Kommt noch, kommt noch«, beruhigte Wallman ihn und biss eines der Marzipanteilchen in der Mitte ab. »Nun gut, lasst uns den Mantel des Schweigens über Saarikoski breiten. Er ruhe in Frieden. Aber vergiss nicht, was ich gesagt habe. Kein Wort über diese Sache, du bist der Erste, dem ich davon erzähle.«
    »Der Erste?«, hakte Barbarotti nach.
    »Außer meinem Verleger natürlich. Aber der kann schweigen wie ein Grab.«
    »Ein Buch«, sagte Barbarotti, »du hast ein Buch geschrieben.«
    »Du musst an der Polizeihochschule der Klassenprimus gewesen sein«, brummte Wallman zufrieden und bürstete Gebäckkrümel aus seinem Bart. »Ich sage Verleger, und du sagst Buch! Brillant, Holmes, welch ein Scharfsinn! Ich bin beeindruckt.«
    »Danke«, sagte Barbarotti. »Erzähl bitte weiter. Was hast du denn nun geschrieben? Eine neue Sprachgeschichte?«
    »Keineswegs«, stellte Wallman fest und warf sich die andere Hälfte seines Marzipanteilchens mit einer umgedrehten Rückhand in den Schlund. »Ich habe die Linguistik, zumindest zeitweise, an den Nagel gehängt. Davon kann man einfach nicht leben. Was ich fabriziert habe, ist ein sogenannter Bestseller.«
    »Ein Bestseller?«
    »Exakt. Ein Verkaufsschlager. Die Rechte sind bereits in dreizehn Länder verkauft, und mein Verleger, der nebenbei bemerkt, ein äußerst vorsichtiger Stratege ist, abgesehen davon, dass er schweigen kann wie ein Grab, aber das habe ich ja schon gesagt, rechnet damit, dass sich das Werk alles in allem zwischen dreißig und vierzig Millionen Mal verkaufen wird. Ganz zu schweigen davon, was die Filmrechte einbringen werden. Was sagst du dazu, Holmes?«
    »Hör auf, mich Holmes zu nennen«, sagte Barbarotti. »Axel, ich hoffe wirklich inständig, dass du neuerdings nicht eine Schraube locker hast und aus … nun ja, aus irgendeiner Anstalt oder so abgehauen bist?«
    »In diesem Aufzug? Für wen hältst du mich, mein Lieber? Meine neue Rolle verlangt ein gewisses Maß an Extravaganz, das ist alles. Wenn ich auf der Flucht wäre, würde ich selbstverständlich dafür sorgen, in der Menge unterzutauchen.«
    Was unter allen Umständen keine leichte Aufgabe wäre, überlegte Barbarotti. »Aber was hast du denn nun geschrieben?«, fragte er ungeduldig. »Jeder will doch einen Bestseller schreiben. Ich dachte, der Markt wäre mehr oder weniger gesättigt? Zumindest, was schwedische Autoren betrifft.«
    »Hör gut zu«, erwiderte Wallman und lehnte sich so über den Tisch, dass die dünnen Stahlbeine knackten. »Ich werde dir jetzt ein einziges Mal erklären, wie die Dinge

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